21.08.2023

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Online-Serie: Zukunft Baukultur – Statement Christoph Rauhut

Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator und Direktor, Landesdenkmalamt Berlin. Foto: Landesdenkmalamt Berlin / Anne Herdin
Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator und Direktor, Landesdenkmalamt Berlin. Foto: Landesdenkmalamt Berlin / Anne Herdin

Welchen Beitrag können die Denkmalpflege und die Restaurierungswissenschaften angesichts der sich verschärfenden Klimalage, der Ressourcenknappheit und der Energiekrise leisten? Dazu haben wir Expert:innen aus unterschiedlichen Disziplinen um Antworten gebeten. Lesen Sie hier das Statement von Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator und Direktor, Landesdenkmalamt Berlin

Multiple Krisen zwingen aktuell zum Umdenken. Da sind Pandemie, Überschwemmungen, Waldbrände, Krieg. Wie wollen wir in Zukunft leben und bauen? Viele neue Herausforderungen kommen auf uns zu, die komplexe Betrachtungen und Lösungen erfordern. Und gerade hier ist das Wissen und Können des vielfältigen und interdisziplinären Berufsfeldes der Denkmalpflege gefragt. Welchen Beitrag können die Denkmalpflege und die Restaurierungswissenschaften angesichts der sich verschärfenden Klimalage, der Ressourcenknappheit und der Energiekrise leisten? Dazu haben wir Expert:innen aus unterschiedlichen Disziplinen befragt. Die Antworten lesen Sie künftig in unserer neuen Online-Serie Zukunft Baukultur. Jede Woche veröffentlichen wir auf www.restauro.de einen Beitrag der Expert:innen, hier das Statement von Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator und Direktor, Landesdenkmalamt Berlin


Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und graue Energie sind seit Jahrhunderten erprobte Eigenschaften von Baudenkmalen

Die Klimakrise erfordert ein konsequentes, gesamtgesellschaftliches Umdenken. Neben dem Umbau hin zu regenerativer Energieerzeugung, erfordert eine umfassende Energiewende Maßnahmen für mehr Klimaresilienz sowie Energie- und Materialeinsparungen, die etwa durch ressourcenschonendes und bestandsorientiertes Bauen erreicht werden. Kurzum – die Energiewende ist ohne Bauwende nicht erreichbar.

Ein Leitmotiv muss meines Erachtens sein, dass die Zukunft im Bestand liegt. Die Denkmalpflege als bestandsorientierte und werteerhaltende Disziplin erhält hierbei eine zusätzliche Bedeutung: Nachhaltigkeit, Kreislaufwirtschaft und graue Energie sind seit Jahrhunderten erprobte Eigenschaften von Baudenkmalen. Sie sind in ihrer Materialität zumeist langlebig, resilient und anpassbar und somit Vorbilder für Ressourceneffizienz und nachhaltiges Neu- und Weiterbauen. Hierfür verfeinern Hersteller, Denkmalpflege und Restaurierungshandwerk gemeinsam seit Jahrzehnten die Methoden des ressourcenbewahrenden Erhaltens und Ergänzens am Bestand. Ihre Erfahrung und ihr Wissen sind das Potenzial für die Bauwende.


Denkmalpflege und die unterschiedlichen Restaurierungshandwerke und -wissenschaften: entscheidendes Potenzial für die klimagerechte und ökologische Bestandsentwicklung

Zudem musste bereits der vorindustrielle historische Bestand mit aufwändigem und teurem Transport von Baumaterialien umgehen. Also bediente man sich mitunter regionaler Materialien und Verarbeitungsformen. Heute stellt gerade diese Regionalität vieler Baudenkmäler – in materieller und baukultureller Hinsicht – eine Chance für Energie- und Bauwende dar. Das vielfältige, regional differenzierte Restaurierungshandwerk, das mit örtlichen Bautraditionen vertraut ist, kann hier ein Innovator für die Rückbesinnung auf regionale Materialien und Techniken sein. Diese können unter Umständen eine günstigere Klimabilanz als globale Wertschöpfungsketten aufweisen.

Betrachten wir speziell den Aspekt Sanierungen, so macht etwa eine gute energetische Sanierung ein Denkmal fit für die Zukunft. Es ist aber notwendig, diese fachlich zu begleiten und jedes Gebäude im Einzelfall zu betrachten, um seine ökologischen Potenziale realistisch auszuloten. Hier leisten Restaurierung und Denkmalpflege einen entscheidenden Beitrag sowohl zur ökologischen Ertüchtigung als auch zur Bewahrung identitätsstiftender Architektur.

Aus diesen Gründen bin ich davon überzeugt, dass Denkmalpflege und die unterschiedlichen Restaurierungshandwerke und -wissenschaften gemeinsam ein entscheidendes Potenzial für die klimagerechte und ökologische Bestandsentwicklung, aber auch für ressourcenbewusstes und nachhaltiges Bauen bieten.

Dr. Christoph Rauhut, Landeskonservator und Direktor, Landesdenkmalamt Berlin


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Sie sind in der Denkmalpflege in den Restaurierungswissenschaften oder im Architekturbereich tätig – und möchten gerne Ihre Expertise teilen? Schreiben Sie uns! Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung.

Kontakt:
Dr. Ute Strimmer, Editor in Chief RESTAURO, u.strimmer@georg-media.de

 

Tipp: Unsere RESTAURO-Ausgabe 3/2023 setzt sich speziell mit der Erhaltung des baukulturellen Erbes auseinander. Sichern Sie sich hier ein Probeabo (2 Ausgaben mit 25 % Preisvorteil + ePaper zu Preis von 30 Euro).

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