04.11.2022

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NÖ Landesarchiv: Niederösterreichischer Archivtag am 4. November 2022

Slg Kupelwieser 07-02: Akt der NÖ Regierung Präsidium, Zl. 1290/P ex 1848, fol. 20-25: Vertrag vom 29. April 1848. Foto: © NÖ Landesarchiv
Slg Kupelwieser 07-02: Akt der NÖ Regierung Präsidium, Zl. 1290/P ex 1848, fol. 20-25: Vertrag vom 29. April 1848. Foto: © NÖ Landesarchiv

Jeden November veranstaltet das NÖ Landesarchiv den Niederösterreichischen Archivtag als wichtiges Forum der archivfachlichen Weiterbildung und des Austausches. Er findet heute, am 4. November 2022, statt unter dem Claim  „Von der Registratur ins Archiv“

Das Niederösterreichische (NÖ) Landesarchiv als „Gedächtnis des Landes“ ist das größte öffentliche Archiv in Niederösterreich und bewahrt Originale und Unikate zur Geschichte des Landes aus 900 Jahren auf. Jeden November veranstaltet das NÖ Landesarchiv den Niederösterreichischen Archivtag als wichtiges Forum der archivfachlichen Weiterbildung und des Austausches. Die diesjährige 12. Ausgabe findet heute, Freitag, 4. November, im Panoramasaal der Hypo NÖ statt und widmet sich dem Thema „Von der Registratur ins Archiv – die Übernahme von Verwaltungsschriftgut in Theorie und Praxis“.

Die Medaille für Verdienste um das Archivwesen in Niederösterreich geht 2022 an Ulrike Scholda vom Stadtarchiv Baden

 

Dabei spricht Johannes Kaska vom Archiv der Stadt Linz über „Das Archiv in der Verwaltung: Die Akten- und Skartierungsordnung der Stadt Linz“, Peter Csendes vom Archiv der Marktgemeinde Wiener Neudorf über „Archiv und Registratur – das Beispiel Wiener Neudorf“ und Karl Heinz vom Gemeindearchiv Leopoldsdorf im Marchfeld über „Von der grünen Wiese zum Gemeindearchiv in Leopoldsdorf im Marchfeld“. Ulrike Scholda und Ulrike Fritsch vom Stadtarchiv Baden referieren über „Aufgaben und Herausforderungen im Stadtarchiv Baden – Praxisbeispiele für die Übernahme von Verwaltungsschriftgut“, Katharina Gölß und Karl Kollermann vom Diözesanarchiv St. Pölten über „Die Übernahme von analogem und digitalem Schriftgut in der Diözese St. Pölten“. Zudem überreicht Landesrat Ludwig Schleritzko an Ulrike Scholda vom Stadtarchiv Baden die Medaille für Verdienste um das Archivwesen in Niederösterreich.

Über die neugeschaffene Sammlung „Leopold Kupelwieser“ im NÖ Landesarchiv

 

Zu Leopold Kupelwieser (1796–1862), dem Schöpfer der Fresken im Marmorsaal des Gebäudes der Niederösterreichischen Statthalterei (Wien 1, Herrengasse 11), konnten vom NÖ Landesarchiv schon seit den 1960er Jahren im Dorotheum und im Antiquariatshandel immer wieder ganz unterschiedliche Dokumente erworben werden. Unter den ersten Erwerbungen befanden sich eigenhändige Programmentwürfe des Künstlers für die Deckengestaltung des „Ratssaales“ (Marmorsaal) im neuen Verwaltungsgebäude für die Niederösterreichische Regierung bzw. Statthalterei, das von 1845 bis 1848 neu errichtet worden war. Diese schriftlichen Konzepte Kupelwiesers für die Ausschmückung des Saales mit historischen Szenen aus der Geschichte Österreichs, die in Abstimmung mit Hofkammerpräsident Karl Friedrich von Kübeck entstanden, sind in Fachkreisen bekannt und wurden wissenschaftlich bearbeitet (Feuchtmüller, Petrin, Eyb-Green). Auch der Auftrag Kübecks zum Vertragsabschluss, eine Kostenaufstellung und die technischen und organisatorischen Anforderungen von Seiten Kupelwiesers sowie ein Ersuchen um eine A Conto-Zahlung konnten aus den Präsidialakten der NÖ Regierung herangezogen werden. Auffallend ist jedoch, dass in der neueren Fachliteratur nirgends der Vertrag mit dem Künstler über die Ausmalung des Ratssaales (Marmorsaales) aufscheint. Die Erwähnung durch Erich Forstreiter im Jahr 1930 – ohne Quellenangabe – scheint keine weiteren Nachforschungen ausgelöst zu haben.

Lücke in den Quellen geschlossen

 

Eine neuerliche Suche in den Präsidialindices und den nur recht lückenhaft erhaltenen Präsidialakten des Jahres 1848 verlief jüngsthin aber erfolgreich: Etwas „versteckt“ indiziert, konnte der vollständige Akt mit dem Originalvertrag vom 29. April 1848 aufgefunden werden. Der von Kupelwieser, dem Vorstand der Baukommission Johann Wenzel Regner von Bleyleben und zwei Zeugen unterzeichnete Vertrag regelte die Gesamtkosten von 13.000 fl CM sowie Vorschüsse und monatliche Zahlungen an den Maler, die Frist für die Fertigstellung (Ende Juli 1849) sowie zahlreiche technische Details (Vorbereitung der Decke, Material, Gerüste etc.). Eingeheftet und ebenfalls von allen Genannten unterfertigt wurde das inhaltliche Bildprogramm. Mit der Auffindung des Vertrages gelingt es, eine Lücke in den Quellen zur Entstehung der Fresken im Ratssaal/Marmorsaal der Statthalterei zu schließen, deren Fertigstellung sich schließlich doch bis 1850 verzögerte. Unter ausnahmsweiser (!) Durchbrechung des Provenienzprinzips wurden die entscheidenden Kupelwieser-Betreffe aus den Präsidialakten der NÖ Regierung zur konservatorischen und materiellen Sicherung nun in die neu geschaffene „Sammlung Leopold Kupelwieser“ umgereiht. Die jederzeit erweiterbare Sammlung umfasst auch alle bisher erworbenen Kupelwieser-Unterlagen (ehem. Varia 008).

Erwähnte Literatur:

  • Erich Forstreiter, Die Landesregierungsgebäude in der Herrengasse. In: Das Bundesland Niederösterreich 1920 – 1930 (Wien 1930), 58-77, bes. 75.
  • Rupert Feuchtmüller, Leopold Kupelwieser und die Kunst der österreichischen Spätromantik (Wien 1970)
  • Silvia Petrin, „Aus dem unerschöpflichen Born der österreichischen Geschichte …“: Zur Entstehung der Fresken im Marmorsaal des Gebäudes der Niederösterreichischen Landesregierung in Wien. In: Jahrbuch für Landeskunde von Niederösterreich. NF 62 (1996) 529-554.
  • Sigrid Eyb-Green, Das zusammengedrängte Gedenken: Leopold Kupelwieser Freskenzyklus in der Niederösterreichischen Statthalterei (Weitra 2016); URL: https://austria-forum.org/web-books/zusammengedraengtesgedenken00de2016isds/000043 (17.01.2022).
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