19.04.2024

Ausstellungen

Abtauchen in digitale Welten: Cao Fei – Meta-mentory

Cao Fei, Oz 01, 2022, Fotografie / Photograph, Digitaldruck auf Diasec / Inkjet on diasec, 200 x 145 cm © Cao Fei 2024, Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space
Cao Fei, Oz 01, 2022, Fotografie, Digitaldruck auf Diasec, 200 x 145 cm © Cao Fei 2024, Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space

Das Lenbachhaus lädt mit der Ausstellung „Cao Fei – Meta-mentory“ die Besucherinnen und Besucher in digitale Welten ein. Der Kunstbau des Lenbachhauses ist in gedämmtes Licht getaucht, überall flimmern Bildschirme und man bekommt das Gefühl in einer Videospielhalle zu sein. Wie in der digitalen Welt verliert man sich auch in der Ausstellung schnell, was auch an dem Filmmaterial liegt, das über acht Stunden umfasst. Es ist also wahrlich keine Ausstellung, die man innerhalb eines Besuchs durchdringt. Wie in der digitalen Welt bietet sich ein Ausloggen an, um wieder in die reale Welt einzutauchen, um dann bei einem weiteren Besuch erneut in die Bildwelten von Cao Fei einzutauchen.

Ausstellungsansicht / Installation View, Cao Fei. Meta-mentary, Lenbachhaus, 2024. Foto / Photo: Ernst Jank, Lenbachhaus, © Cao Fei, 2024. Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space
Ausstellungsansicht / Installation View, Cao Fei. Meta-mentary, Lenbachhaus, 2024. Foto / Photo: Ernst Jank, Lenbachhaus, © Cao Fei, 2024. Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space

Oz und China Tracy in digitalen Welten

Cao Fei wurde 1978 in Guangzhou als Tochter einer Künstlerin und eines Künstlers geboren. Sie gilt als eine wichtige Vertreterin der post-digitalen Kunst, schafft spektakuläre Bildwelten und beschäftigt sich mit den wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen unserer Zeit, die vor allem durch technologische Veränderungen vorangetrieben werden. Aufgewachsen ist sie im Pearl River Delta einer Gegend Chinas, die zu den bevölkerungsreichsten und urbanisiertesten der Welt gehört. Rasantes Wirtschaftswachstum prägt diese Region, die dadurch eine beachtliche städtebauliche Entwicklung erlebt. In ihrer Jugend wurde sie von Popokultur, Computerspielen, Unterhaltungselektronik und den neusten Technologien geprägt. Cao Fei schloss 2001 ihr Kunststudium an der staatlichen Kunstakademie in Guangzhou ab. Seit 2006 lebt und arbeitet sie in Beijing.
In ihrer künstlerischen Arbeit widmet sie sich den Themen Digitalisierung und Globalisierung, aber auch die Veränderungen von und in urbanen und vorstädtischen Strukturen beschäftigen sie in ihren Werken. Ihre Fragestellungen beschäftigen sich damit, wie wir Menschen leben und wie wir auf Entwicklungen reagieren und ob wir uns an sie anpassen oder auch ob wir sie aktiv in unser Leben aufnehmen.
Cao Fei arbeitet mit den Medien Film und Fotografie, aber auch Multimedia-Installationen sind häufig in ihrem Œuvre zu finden. Im Fokus stehen dabei wirtschaftliche und gesellschaftliche Umbrüche sowohl in ihrer persönlichen Lebenswelt aber auch in der, die sie mit uns teilt. Die von ihr geschaffenen Avatare Oz und China Tracy dienen der Künstlerin dazu, sich in virtuellen Welten und Räumen aufzuhalten. Sie hat eine individuelle Bildsprache und charakteristische künstlerische Räume entwickelt, um ihre Wahrnehmungen und Aneignungen digitaler Realitäten aus diesen Welten zu dokumentieren.

Cao Fei, Oz 02, 2022, Fotografie / Photograph, Digitaldruck auf Diasec / Inkjet on diasec, 200 x 145 cm © Cao Fei 2024, Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space
Cao Fei, Oz 02, 2022, Fotografie / Photograph, Digitaldruck auf Diasec / Inkjet on diasec, 200 x 145 cm © Cao Fei 2024, Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space

Auf eine Partie Badminton

Die Ausstellung im Kunstbau des Lenbachhauses ist in fünf Themenbereiche gegliedert, die dazu dienen die Besuchenden durch das Forschungs- und Gedankenuniversum der Künstlerin zu leiten. Die Projekte sind durch wiederkehrende Themen oder auch Figuren miteinander verbunden. Die Besuchende durchschreiten einen Parcours, der geprägt ist von Filminstallationen. Gleichzeitig wird man auch Teil der Installationen, wenn man zum Beispiel auf Campingstühlen, die sich unter einem Pavillon befinden Platz nimmt. Dort sitzend kann man die von Cao Fei während der Covid-19-Pandemie in Film festgehaltenen gemachten Erfahrungen betrachten. Die Installation ist als „A Holiday“ betitelte und zeigt einen Film, den die Künstlerin 2022 in den Parks Beijings drehte. Die Menschen mussten aufgrund der weltweiten Pandemie mit vielen Einschränkungen leben, so waren Restaurantbesuche, Zusammenkünfte und auch das Reisen untersagt. Sie begaben sich daher in Parkanlagen, zum Austausch mit anderen oder auch um Sport zu treiben. Die Naherholungsgebiete boten vermeintlich die Möglichkeit, den Ausgangssperren und den Kontaktverboten zu entkommen, doch Picknicks, die die Menschen dort veranstalteten, wurden von Aufsichtspersonen schnell aufgelöst. Schilder wiesen zudem auf die Corona-Restriktionen hin.
Freizeitbeschäftigungen sind ein Thema, das in der Kunst Cao Feis immer wieder zu finden ist, denn sie bilden einen bedeutsamen Teil des Lebens in China. Das soziale Miteinander und die gemeinsame körperliche Betätigung, oftmals offiziell organisiert, bilden dabei den Mittelpunkt. Sie dienen der Zerstreuung, um von der mangelnden Möglichkeit an der politischen Teilhabe abzulenken. Zudem bildet Sport und körperliche Bewegung einen wichtigen Gegenpol zu den zumeist sitzenden Positionen, die wir einnehmen, wenn wir in der digitalen Welt unterwegs sind. Ein Badmintonfeld bietet dann konsequenterweise mit bereitliegenden Schlägern und Federbällen die Möglichkeit für die Besucherinnen und Besucher eine Partie zu spielen.
Eines der Schlüsselwerke von Cao Fei ist der Komplex „RMB City“. Mit ihrem ersten Avatar China Tracy trat die Künstlerin 2006 in die virtuelle Welt „Second Life“ ein und erschuf dort die fiktive Stadt „RMB City“. In der virtuellen Welt (Metaversum) „Second Life“ interagieren, spielen, handeln und kommunizieren Menschen mittels ihrer Avatare miteinander. Die Besucherinnen und Besucher der Ausstellung haben die Möglichkeit, mehrere Videoprojekte, die die Künstlerin angefertigt hat, zu sehen.

Ausstellungsansicht / Installation View, Cao Fei. Meta-mentary, Lenbachhaus, 2024. Foto / Photo: Simone Gänsheimer, Lenbachhaus, © Cao Fei, 2024. Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space
Ausstellungsansicht / Installation View, Cao Fei. Meta-mentary, Lenbachhaus, 2024. Foto / Photo: Simone Gänsheimer, Lenbachhaus, © Cao Fei, 2024. Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space
Ausstellungsansicht / Installation View, Cao Fei. Meta-mentary, Lenbachhaus, 2024. Foto / Photo: Ernst Jank, Lenbachhaus, © Cao Fei, 2024. Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space
Ausstellungsansicht / Installation View, Cao Fei. Meta-mentary, Lenbachhaus, 2024. Foto / Photo: Ernst Jank, Lenbachhaus, © Cao Fei, 2024. Courtesy Sprüth Magers and Vitamin Creative Space

Virtuelle Welten und reale Gefühle

Mit ihren Multimedia-Projekten dokumentiert Cao Fei, wie wir mit der Schönheit aber auch den Gefahren einer technisierten, globalisierten und hypervernetzten Welt zurechtkommen. Sie verweist uns darauf, welche physischen und psychischen Auswirkungen das auf uns nimmt. Zudem führt sie uns vor Augen wie die digitalen Technologien zu einem rapiden gesellschaftlichen Wandel beitragen und wie sich dadurch menschliche Erfahrungen verändern, so die Ausstellungsmachenden. Die Werke der Künstlerin bewegen sich dabei zwischen Melancholie und Humor, zwischen Utopie und Dystopie sowie zwischen Schönheit und Horror, wie aus dem Begleitheft zu der Schau hervorgeht.
Dem Lenbachhaus ist damit eine Ausstellung gelungen, die zum Nachdenken, Verweilen und Hinterfragen anregt. Genau das möchte die Künstlerin auch erreichen, sie selbst betrachtet mit durchaus kritischen die digitalen Themen und auch unser Agieren in dieser digitalen Welt. So lässt sich im Begleitheft zur Ausstellung folgendes Zitat von ihr finden: „Ich beschäftige mich mit der digitalen, virtuellen Welt, aber ich sorge mich auch um die realen Gefühle der Menschen.“
Die Ausstellung im Lenbachhaus läuft vom 13. April bis zum 8. September 2024 statt und wurde von Eva Huttenlauch kuratiert.

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