23.11.2022

Branchen-News Kulturerbe Museum

Goldschatz von Manching gestohlen

Der Verlust ist unermesslich. Gestern wurde im Kelten Römer Museum in Manching der keltische Goldschatz von Manching gestohlen. Foto: © Wikimedia commons / Chrisi1964
Foto: © Wikimedia commons / Chrisi1964

Gestern brachen Unbekannte in das Kelten Römer Museum in oberbayerischen Manching (Landkreis Pfaffenhofen) ein und entwendeten bedeutenden keltischen Goldschatz von Manching, der 1999 in der Nähe von Ingolstadt gefunden wurde. Das Bayerische Landeskriminalamt informierte heute Nachmittag  über den aktuellen Ermittlungsstand auf einer Pressekonferenz im Kelten Römer Museum

Er ist von großer historischer Bedeutung und gilt als der größte Goldfund des 20. Jahrhunderts: Der keltische Goldschatz von Manching. Die insgesamt rund vier Kilogramm schweren Münzen waren gestern in den frühen Morgenstunden aus dem Kelten Römer Museum in Manching bei Ingolstadt, einem Zweigmuseum der Archäologischen Staatssammlung München, gemeinsam mit drei weiteren, deutlich größerem Münzen aus einer zweiten Vitrinen gestohlen worden. Vor 23 Jahren hatte sie ein Grabungsteam in Manching entdeckt. Der Goldschatz lag im Erdgeschoss des Museums im Boden unter einer Sicherheitsglasscheibe eingelassen. Diese wurde zerschlagen. Dienstagmorgen stellte das Museumsteam das Fehlen der 483 Goldmünzen  fest. Danach wurde die Polizei alarmiert, die ersten Einsatzkräfte waren gestern gegen 9.45 Uhr vor Ort. Das Bayerische Landeskriminalamt informierte heute Nachmittag  über den aktuellen Ermittlungsstand auf einer Pressekonferenz im Kelten Römer Museum in Manching. Eine 20-köpfige Sonderkommission mit dem Namen Oppidum wurde gebildet. Was die Aufzeichnungen der Überwachungskameras zeigten, erläuterte Guido Limmer, Vizepräsident des Landeskriminalamts: Um 1.26 Uhr sei eine Fluchtür aufgehebelt worden, anschließend hätten die Diebe die Münzen entwendet und das Museum nach nur neun Minuten um 1.35 Uhr bereits wieder verlassen. 

Zusammenhang mit Internetausfall in Manching?

 

Die Alarmanlage des Kelten Römer Museums war ausgeschaltet. Laut den Ermittlern gibt es wohl einen Zusammenhang mit dem Einbruch in einen Technikraum der Deutschen Telekom in Manching: Dort wurden Glasfaserkabel Dienstag früh gegen 1.15 Uhr zerschnitten. Telefon und Internet wurden bei über 10.000 Privat- und Firmenkunden rund um Manching lahmgelegt und damit auch die Alarmanlage des Museums. Zwischen der Telekom-Betriebsstelle und dem Museum liegt nur rund ein Kilometer. Nicolas Kaczynski von der Staatsanwaltschaft Ingolstadt geht von einem Zusammenhang der beiden Taten (Telekom-Sabotage und Münzraub) aus und ermittelt schweren Bandendiebstahls und Sachbeschädigung. Das Bayerische Landeskriminalamt bittet um Mithilfe: Zeugen, denen in den Nachtstunden in der Nähe des Kelten Römer Museum in verdächtige Personen aufgefallen sind. Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen oder das Bayerische Landeskriminalamt unter der Telefonnummer 089/1212-0.

Der keltische Goldschatz könnte eingeschmolzen werden

 

Der Verlust für die Wissenschaft ist unermesslich. Der Goldschatz sei ein „einmaliges Dokument“, erklärt Prof. Dr. Rupert Gebhard, Prähistorischer Archäologe und Leitender Direktor der Archäologischen Staatssammlung München. Die Forschung zum Handelsnetz der Kelten sei noch nicht abgeschlossen gewesen. Der Wert der mehr als 2000 Jahre alten Münzen wird auf mehrere Millionen Euro geschätzt. Der reine Goldwert dürfte allerdings deutlich geringer sein, der Kurs liegt aktuell bei gut 54.000 Euro pro Kilogramm. Nach Einschätzung der Polizei können die Täter die 483 Goldmünzen nur schwer verkaufen. Daher sei zu befürchten, dass sie diese einschmelzen und veräußern, so ein Sprecher des Landeskriminalamts am Mittwochmorgen. Rupert Gebhard schätzt den Handelswert der in Manching gestohlenen Goldmünzen auf rund 1,6 Millionen Euro. Der Diebstahl erinnert an den Juwelen-Raub aus dem Grünen Gewölbe in Dresden 2019 oder den Goldraub aus dem Berliner Bode-Museum 2017. Der Goldwert betrug 3,75 Millionen Euro, bis heute wurde die Münze nicht gefunden. Aktuell prüfen die Ermittler die Zusammenhänge zu diesen beiden spektakulären Fällen und stehen in Kontakt mit Strafverfolgungsbehörden in Berlin und Dresden. Es gebe Parallelen, erklärte LKA-Vizepräsident Guido Limmer. Ob allerdings tatsächlich Verbindungen bestehen, sei noch völlig unklar.

Frage nach Sicherheitsstandards

 

Über die Sicherheitstandards in Manching und in den bayerischen Museen insgesamt wird jetzt wohl wieder diskutiert werden. Schon bei der Einrichtung des Museums sei das Bayerische Landeskriminalamt beratend hinzugezogen worden.Nach dem Diebstahl im Grünen Gewölbe in Dresden habe man dann erneut die Sicherheitsmaßnahmen überprüft. „Das Thema brennt uns schon lange auf den Nägeln“, unterstrich Sammlungsleiter Rupert Gebhard. „Das tägliche Aufwachen des Direktors ist die Sorge um die Sammlung.“

 

Goldschatz von Manching gestohlen: Das Bayerische Landeskriminalamt bittet die Bevölkerung um Mithilfe. Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen oder das Bayerische Landeskriminalamt unter der Telefonnummer 089 / 1212-0.
Goldschatz von Manching gestohlen: Das Bayerische Landeskriminalamt bittet die Bevölkerung um Mithilfe. Hinweise nimmt jede Polizeidienststelle entgegen oder das Bayerische Landeskriminalamt unter der Telefonnummer 089 / 1212-0.
2006 wurde das von Fischer Architekten entworfene Kelten-Römer-Museum in Manching eröffnet. Im vergangenen Juni feierte das Museum sein 15-jähriges Bestehen. Foto: Markt Manching
2006 wurde das von Fischer Architekten entworfene Kelten-Römer-Museum in Manching eröffnet. Im vergangenen Juni feierte das Museum sein 15-jähriges Bestehen. Foto: Markt Manching

Goldschatz von Manching

 

Im Sommer 1999 gelang im Gelände des Manchinger Oppidums ein herausragender Fund: Eher zufällig hatte Archäologe Dr. Matthias Leicht am 26. August 1999 eine Goldmünze entdeckt. Nach und nach holte das Grabungsteam einen Schatz von 450 Goldmünzen ans Tageslicht – der größte keltische Goldfund des 20. Jahrhunderts! Ein außergewöhnlicher Beleg für die besondere Bedeutung Manchings als Zentrum des keltischen Handels, der ostkeltischen Welt. Das Auftauchen dieses Schatzes stellt eine Vielzahl noch ungelöster Fragen: Wenn ihn seine Besitzer absichtlich versteckten, lässt dies an Kriege oder andere Katastrophen denken – was fiel damals vor? Wem gehörte er – ein solches Vermögen konnte ja nur der Besitz einer sehr hoch gestellten Persönlichkeit oder gar eines ganzen Stammes sein. Eine besondere Überraschung gelang zudem den Münzsachverständigen: Es handelt sich nämlich nicht um die bekannte keltischen „Regenbogenschüsselchen“. Alle Münzen stammen vielmehr aus böhmischer Herkunft. Wie gelangten aber die Münzen dorthin? Auf welche Beziehungen zwischen Bayern und Böhmen verweisen sie? Welche Rolle spielte der große Goldklumpen, den man bei den Münzen fand? Und worin waren der Schatz aufbewahrt?

Die keltische Metropole Manching

 

Auf dem Gebiet des modernen Manching entstand ab dem späten 4. Jahrhundert v. Chr. eine der bedeutendsten Keltenstädte Mitteleuropas. Ihre größte Ausdehnung erreichte sie um 140/130 v. Chr., als man eine monumentale Wallanlage aus Steinen, Holz und Erde errichtete, die eine Länge von 7,2 km erreichte und eine Fläche von 380 Hektar. umfasste. Die Keltenstadt bei dem heutigen Markt Manching gelegen, wurde seit 1955 durch das Deutsche Archäologische Institut systematisch und großflächig erforscht. Manching war damit das am längsten kontinuierlich betriebene Grabungsprojekt des Deutschen Archäologischen Instituts im Inland. Das Interesse an der Siedlung entspricht dem Rang dieses einzigartigen Denkmals, denn das Oppidum von Manching gehört neben Alesia und Bibracte an die Spitze der späten Keltenstädte Zentraleuropas. Das Kelten- und Römermuseum gliedert sich baulich und thematisch in zwei große Bereiche. Im ersten Teil der Ausstellung widmet sich den vielfältigen Funde aus der riesigen Keltenstadt Manching entsprechend ihrer gesamteuropäischen Bedeutung. Im Mittelpunkt der zweiten Abteilung stehen die beeindruckenden Reste zweier 15 m langen römischer Schiffe aus dem Kastell von Oberstimm. Um diese Großobjekte herum dargestellt wird die römische Besatzungszeit Südbayerns mit einem besonderen Schwerpunkt „Verkehrsgeographie.“

Das Video zeigt Museumsleiter Tobias Esch M. A. vor knapp zwei Wochen bei einem Rundgang durch das Kelten Römer Museum. Bei Minute 6:45 ist die Vitrine mit dem keltischen Goldschatz von Manching zu sehen.

 

Scroll to Top