24.09.2015

Kunststück

Gobelin-Hängung Wien

Abb. 2 Tapisserie nach einem Entwurf von François Boucher und Maurice Jacques in der Wiener Hofburg

Abb. 2 Tapisserie nach einem Entwurf von François Boucher und Maurice Jacques in der Wiener Hofburg


Abb. 2 Tapisserie nach einem Entwurf von  François Boucher und Maurice Jacques in der Wiener Hofburg, 2014, Foto:  KHM-Museumsverband
Abb. 1 Tapisserie nach einem Entwurf von François Boucher und Maurice Jacques in der Wiener Hofburg, 2014, Foto: KHM-Museumsverband

Tapisserien des Kunsthistorischen Museums Wien: Installation im musealen und im historischen Kontext

Der einzigartige, ca. 750 Objekte umfassende Wiener Tapisserienbestand, kann im Hinblick auf seine Qualität und künstlerische Bedeutung als einer der prächtigsten weltweit bezeichnet werden. Er wurde zum großen Teil von den Mitgliedern des Hauses Habsburg-Lothringen zusammengetragen, die wie vor ihnen bereits die Herzöge von Burgund zu den wichtigsten Förderern und Liebhabern des textilen Wanddekors gehörten.

Nach der Einrichtung eines neuen Tapisseriendepots in jüngster Vergangenheit wurden in Wien, auch hinsichtlich der Präsentation der fragilen Objekte, Veränderungen vorgenommen. Anlass zur intensiven Auseinandersetzung mit diesem Thema bot zum einen die Sanierung der im März 2013 wiedereröffneten Kunstkammer, in deren Schauräumen Tapisserien in regelmäßigem Wechsel gezeigt werden, zum anderen die vom Kunsthistorischen Museum initiierte Verbesserung der Präsentation von Tapisserien in den von der Schloss Schönbrunn Gesellschaft verwalteten Kaiserappartements der Wiener Hofburg. Im Kunsthistorischen Museum wurden für beide Situation Lösungen entwickelt, die im Folgenden in aller Kürze präsentiert werden.

Abb. 2 Tapisserie nach einem Entwurf von François Boucher und Maurice Jacques in der Wiener Hofburg
Abb. 2 Montagewand mit 6° Neigung und ausgeklapptem Distanzhalter, Foto: KHM-Museumsverband

Zum Wiener Bestand gehört eine Tapisserienserie, die unter dem Titel Boucher-Serie bekannt geworden ist. Die Vorlagen der zentralen Medaillons dieser insgesamt vier Wandbehänge stammen vom französischen Maler François Boucher (1703–1770), die Alentours von Maurice Jacques (1712–1784). Sie wurden zwischen 1772 und 1776 in der Pariser Gobelin-Manufaktur – im Atelier des Jacques Neilson – hergestellt und 1777 von König Ludwig XVI. (1754–1793) an Kaiser Joseph II. (1741–1790) geschenkt, als dieser in Paris weilte. Bereits seit Ende des 18. Jahrhunderts wurden die Tapisserien zur Ausstattung von Räumlichkeiten in der Hofburg verwendet.

Von den vier Tapisserien wird heutzutage jeweils eine in regelmäßigem Wechsel an diesem angestammten Ort präsentiert. In Zusammenarbeit mit dem Büro Wehdorn Architekten, explizit Herrn Univ. Prof. Dipl.-Ing. Dr. Manfred Wehdorn, wurde nach den Vorgaben des Kunsthistorischen Museums eine Rückwand zur Präsentation des Objektes entwickelt.

Von vornherein stand fest, dass die Tapisserie auf einer Schräge, vollflächig unterstützt präsentiert werden sollte. Um den historischen Räumen gerecht zu werden, wurden ästhetisch ansprechende Materialien gesucht, die zugleich den konservatorischen Anforderungen entsprachen. Unter Berücksichtigung dieser Vorgaben wurde aus flachen Stahlträgern eine Rahmenkonstruktion angefertigt, die mit einer 8 mm starken Aluminiumplatte abgedeckt wurde (Abb.1). Die Auflageplatte ist geringfügig größer als die größte der vier Tapisserien und weist eine Pulverbeschichtung auf. Die Farbe der Beschichtung ist den noch aus Maria Theresianischer Zeit stammenden Wandvertäfelungen des Raumes angepasst, so dass sich die Platte optisch zurücknimmt.

Im oberen Bereich ist die Trägerkonstruktion mit Scharnieren so befestigt, dass sie für die Montage der Tapisserie in eine senkrechte Position gebracht werden kann und erst anschließend in eine Neigung von 6 Grad gebracht wird. Zur Fixierung des Winkels befinden sich im unteren Bereich ausklappbare Distanzhalter, die keine Montage an der Wand benötigen, so dass in diesem Bereich nicht in die historische Substanz des Raumes eingegriffen werden musste (Abb. 2). Die Schrägstellung der gesamten Trägerkonstruktion entlastet zum einen die Tapisserie, zum anderen ermöglicht sie eine Hinterlüftung, so dass die Ausbildung eines Mikroklimas mit Kondensat- und Schimmelbildung vermieden wird.

Entlang der oberen waagerechten Kante der Montageplatte verläuft auf der vorderen Seite ein Klettband (Hakenband), an dem die jeweilige Tapisserie befestigt wird. Zudem ist die Oberfläche der Platte vollständig mit einem Polyestervlies abgedeckt. Auf Grund der hohen Reibungskoeffizienz dieses Materials, dient es dem Halt der Tapisserie und entlastet sie in Kombination mit der Schräge von einem Teil ihres Eigengewichts.

Abb. 4 Rahmenkonstruktion für Tapisseriewände mit Trägerplatte aus Wabenkarton (während des Aufbaus), Kunsthistorisches Museum, Kunstkammer, Januar 2013, Foto: KHM-Museumsverband

Im Zuge der Neuaufstellung der Kunstkammer des Kunsthistorischen Museums wurden Rückwände bzw. Tragekonstruktionen für die Präsentation der Tapisserien nach einem ähnlichen Prinzip hergestellt. In diesem Fall war im Gegensatz zu den Kaiserappartements der passgenaue Zuschnitt der Rückwände gewünscht.

Es wurde daher die mittels Scharnieren an der Wand fixierte Rahmenkonstruktion mit säurefreien Wabenkartonplatten vollflächig abgedeckt (Abb. 3 und 4). Wie in den Kaiserappartements dient der Fixierung der Tapisserien ein entlang der oberen waagerechten Kante angebrachtes Klettband (Hakenband); zudem ist auch der Wabenkarton vollflächig mit einem Polyestervlies abgedeckt.

Da der Karton seitlich und im unteren Bereich über den Rahmen hinausragt, kann er in der Form der Tapisserie passgenau zugeschnitten werden. Die tragende Konstruktion ist daher bei einer frontalen Sicht auf die Tapisserie nicht wahrnehmbar.

 

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