19.10.2023

Denkmalpflege Forschung Projekte

Über die Restaurierungsarbeiten am Chorgestühl der Klosterkirche Banz

Diplomrestauratorin An- ja Fuchs bei der Vorbe- reitung der Verleimung eines losen Zinnbandes am Pilaster des Mönch- schorgestühls. Foto: Martin Miersch / RESTAURO
Diplomrestauratorin An- ja Fuchs bei der Vorbe- reitung der Verleimung eines losen Zinnbandes am Pilaster des Mönch- schorgestühls. Foto: Martin Miersch / RESTAURO

Seit Juli 2022 ist ein Restauratorenteam mit der Konservierung und Restaurierung des Mönchschorgestühls in der Klosterkirche der ehemaligen Benediktinerabtei Banz beauftragt. Im Oktober 2022 präsentierte Dr. Katharina von Miller vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege die bisherigen Ergebnisse. Einblicke in den Restaurierungsprozess gewährte Diplom-Restauratorin Anja Fuchs, die sich intensiv mit dem 1734 geschaffenen Chorgestühls, ein Hauptwerk des berühmten Kunstschreiners Johann Georg Neßtfell, auseinandergesetzt hat. RESTAURO war vor Ort

Weithin sichtbar thront im oberen Maintal bei Staffelstein die ehemalige Benediktinerabtei Banz mit ihrer charakteristischen doppeltür- migen Abteikirche von Johann Dientzenhofer über der fränkischen Landschaft. Auf der anderen Talseite antwortet die von Balthasar Neumann geschaffene Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen. Die Banzer Abteikirche birgt einen Schatz, der nur wenigen Kunstinteressierten bekannt ist: Das Mönchschorgestühl der ehemaligen Benediktiner geschaffen durch den Kunst- und Hofschreiner Johann Georg Neßtfell. Der Hofschreiner des Grafen Rudolf Franz Erwein Graf Schönborn hatte in Wiesentheid seine Werkstatt und wurde speziell für diesen Auftrag der Benediktinermönche von Graf Schönborn freigestellt. Die beiden sich gegenüberstehenden, symmetrischen Gestühlsanlagen bestehen aus je zwei Stallenreihen mit aufgesetzten Dorsalwänden.


Kunst- und Hofschreiner Johann Georg Neßtfell schuf im Kloster Banz Marketeriebilder

Alle Stirnflächen der Pilaster sind mit Bandeinlagen und aufwändig gravierten Zinnbändern dekoriert, ebenso die Brüstungsfelder. Auf den Schulterrigen stehen Pfeiler, welche die Dorsalwände architektonisch gliedern und in jeweils zehn hochrechteckige Felder unterteilen. Zwischen den leicht schräg gestellten Pilastern tragen 20 mit Nussbaum furnierte Dorsalpaneele hervorragende Marketerieszenen aus unterschiedlichsten Materialien wie Elfenbein, Perlmutt, Horn, Messing, Zinn, Kupfer und Schildpatt. Neßtfell schuf hier Marketeriebilder, deren Räume durch Tiefenwirkung perspektivischen Bühnenbildern gleichen. Thematisch zeigen sie im Mittelpunkt Szenen aus dem Leben des Heiligen Benedikt. Jede Dorsaltafel ist bühnenartig mit gegliederten Architekturkulissen aufgebaut. Nach oben schließen die Bühnenkulissen mit einem hochgerafften Vorhang aus rot hinterlegtem Horn ab. Doch frühere unsachgemäße Restaurierungen und Bearbeitungen und bis dato ungehinderte UV-Einstrahlung haben dieser prächtigen und außergewöhnlichen Holzausstattung erheblich geschadet.

Diplomrestauratorin Ca- rolin Roth bei der Res- taurierung der Vergol- dungen am Mönch- schorgestühl. Foto: Martin MIersch / RESTAURO
Diplom-Restauratorin Carolin Roth bei der Res- taurierung der Vergoldungen am Mönchschorgestühl. Foto: Martin MIersch / RESTAURO
Restaurator Stephan Ru- dolph bei der Bearbeitung der gravierten Zin bänder an einer Brüstungsfüllung des Mönchschorgestühls. Foto: Martin Miersch / RESTAURO
Das Mönchschorgestühl in Kloster Banz. Foto: Martin Brandl
Darstellungen der verschiedenen Materialien von Johann Georg Neßtfell. Foto: Eberhard Lanz / BLfD

Selten sind Marketeriearbeiten so meisterhaft umgesetzt und so kunstvoll wie die des Banzer Chorgestühls

Seit Juli 2022 ist nun ein Restauratorenteam mit der Konservierung und Restaurierung des Mönchschorgestühls beauftragt. Im Oktober 2022 wurden die bisherigen Ergebnisse der Restaurierungsarbeiten in Anwesenheit von Dr. Ritter Hans Heinrich von Srbik, Vorsitzender des Vorstandes der Messerschmitt Stiftung München, welche die Restaurierungskosten in Gänze übernimmt, und Dr. Katharina von Miller vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege vorgestellt. Auch Einblicke in den Restaurierungsprozess wurden gewährt. Selten sind Marketeriearbeiten so meisterhaft umgesetzt und so kunstvoll wie die des Banzer Chorgestühls. Das Restauratorenteam umfasst Diplom- Restaurator:innen sowohl für gefasste Bereiche und Vergoldungen als auch für holzsichtige Oberflächen und den Fachbereich Me- talleinlagen und Beschlagwerk.


Diplom-Restauratorin Anja Fuchs leitet das Restaurator:innen-Team

Das Restaurator:innen-Team wird von Diplom-Restauratorin Anja Fuchs geleitet. Sie hat sich intensiv mit der Entstehung, dem Herstellungsprozess und den handwerklichen Finessen des 1734 geschaffenen Chorgestühls auseinandergesetzt und in diesem Zusammenhang 2004 ihre Diplomarbeit an der TU München über das Banzer Chorgestühl geschrieben. Es ist ein Hauptwerk des berühmten Kunstschreiners und Mechanikus Johann Georg Neßtfell. 1717 trat dieser als Hofebenist in die Dienste der Grafen von Schönborn, für die er zunächst zahlreiche Aufträge im Wiesentheider Schloß ausführte. Weiter stattete er mehrere Klosterbibliotheken aus, so in Münsterschwarzach, sowie St. Stephan in Würzburg. Unter Abt Gregor Stumm wurde das Chorgestühl im Mönchsschor von Kloster Banz errichtet. In Sankt Mauritius in Wiesentheid stammt die gesamte holzsichtige Ausstattung sowie der kunst- voll geschaffene Tabernakel des Hochaltares mit vergleichbaren Marketerien von ihm.


Zur Verleimung verwendete Neßtfell mit Zinnober gefärbten Hautleim, um den Effekt von rotem Samt zu erzielen

Neßtfell war ein wahres Multitalent. Seine Begeisterung für die Astronomie führte ihn zum Bau einer „Planetenmaschine“, die die „Planetenbewegungen nach dem kopernikanischen System“ verdeutlicht und heute im Bayerischen Nationalmuseum in München zu bewundern ist. Neßtfell schuf in Banz zahlreiche Szenen zum Leben des Heiligen Benedikt. Während er die Mönchsgewänder aus graviertem und ebonisiertem Birnbaumfurnier fertigte, bestehen die Vorhänge über den dargestellten Szenen und Räumen aus Horn. Ineinander gefügte kleine Hornplatten wurden im Blindholz mit Zinnstiften verankert. Zur Verleimung verwendete er mit Zinnober gefärbten Hautleim, um den Effekt von rotem Samt zu erzielen. Interessant zu beobachten ist, wie die barocken Kunsthandwerker versuchten, die Arbeitsprozesse zu standardisieren und dadurch effektiver zu gestalten: So wiederholt sich etwa die Form der Be- nediktinergewänder, da diese mit einer Schablone gesägt wurden.

Erfahren Sie mehr über diese Restaurierungsarbeiten in der RESTAURO 4/2023. Die Spezial-Ausgabe widmet sich im Titelthema der präventiven Konservierung: Wie die Holzrestauratorin Helene Tello quasi nebenberuflich ihre Doktorarbeit zum Thema „Schädlingsbekämpfung in Museen. Wirkstoffe und Methoden am Beispiel des Ethnologischen Museums Berlin 1887–1936“ schrieb, lesen Sie darin.

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