24.02.2023

Kulturerbe Welterbe

Statement der deutschen UNESCO-Präsidentin Maria Böhmer zur einjährigen Invasion Russlands in der Ukraine

Anlässlich der einjährigen Invasion Russlands in der Ukraine appelliert Prof. Dr. Maria Böhmer, die Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission: „Nicht nachlassen im Einsatz für Bildung, Kultur und freie Presse“. Foto: Wikimedia Commons / Hansgeorg Schöner
Anlässlich der einjährigen Invasion Russlands in der Ukraine appelliert Prof. Dr. Maria Böhmer, die Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission: „Nicht nachlassen im Einsatz für Bildung, Kultur und freie Presse“. Foto: Wikimedia Commons / Hansgeorg Schöner

Heute jährt sich der Überfall Russlands auf die Ukraine. Seit Beginn des Krieges sind dem Angriff Tausende Menschen zum Opfer gefallen, Millionen sind auf der Flucht. Laut der UNESCO wurden bis heute mehr als 3.000 Schulen, Kindergärten und Universitäten durch die Kämpfe beschädigt, über 400 davon völlig zerstört. Zudem zählt die Weltkulturorganisation Schäden an bislang 241 Orten des kulturellen Lebens, darunter an Kirchen und Synagogen, Museen und Bibliotheken. Prof. Dr. Maria Böhmer, die Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission, appelliert: „Nicht nachlassen im Einsatz für Bildung, Kultur und freie Presse“

„Der russische Angriffskrieg hat millionenfaches Leid über die Ukraine gebracht“, sagt Prof. Dr. Maria Böhmer, die Präsidentin der Deutschen UNESCO-Kommission. „Seit einem Jahr erleben wir, wie die Zivilbevölkerung immer wieder zum Ziel militärischer Gewalt wird. Auch die Angriffe auf Schulen, Theater und Museen sind erschreckend. Russland führt einen brutalen Krieg gegen die Identität und das Selbstverständnis der ukrainischen Gesellschaft. Wir dürfen nicht nachlassen und müssen uns weiterhin für den Schutz der Kultur, die Aufrechterhaltung der Bildung und die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten einsetzen.“

Gründungsgedanken der UNESCO: Einsatz für Bildung und Kultur des Friedens

 

Der Überfall hat die größte Fluchtbewegung in Europa seit Ende des Zweiten Weltkriegs ausgelöst. Über eine Million Menschen aus der Ukraine haben bislang zumindest zeitweise Schutz in Deutschland gesucht, etwa ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren. Laut Angaben der Kultusministerkonferenz wurden bisher mehr als 200.000 von ihnen an deutschen Schulen aufgenommen. „Kriege sind immer auch Bildungskrisen. Das Engagement an den Schulen in Deutschland ist groß, aber die Integration der Schülerinnen und Schüler aus der Ukraine verlangt dem Lehrpersonal viel ab. Die Politik muss handeln und für eine angemessene Ausstattung unseres Bildungssystems sorgen“, erklärt Maria Böhmer. „Auch bei der Deutschen UNESCO-Kommission wollen wir einen Beitrag leisten. Mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes planen wir Aufenthalte für ukrainische Jugendliche an deutschen UNESCO-Projektschulen. Die 15 jeweils dreiwöchigen Begegnungsprojekte sollen zu Erholung und Austausch in Zeiten des Krieges beitragen und europäische Verbundenheit ganz konkret leben. Nicht zuletzt rufen sie den Gründungsgedanken der UNESCO in Erinnerung, den Einsatz für eine Bildung und eine Kultur des Friedens.“ Am 24. Februar 2022 hatten die UNESCO und die Deutsche UNESCO-Kommission den Angriff der Russischen Föderation auf die Ukraine und bekundeten ihre Solidarität verurteilt. Am 26. Februar 2022 folgte eine Erklärung mehrerer UNESCO-Nationalkommisisonen, der sich bis heute 40 Nationalkommissionen angeschlossen haben.

Aufnahme in die Welterbeliste: Altstadt von Odessa als gefährdet eingestuft

 

Das UNESCO-Welterbekomitee hat Ende Januar 2023 bei einer außerordentlichen Sitzung drei neue Stätten zum Welterbe erklärt und zugleich als gefährdet eingestuft. Im Rahmen eines Notfallmechanismus wurden die Altstadt von Odessa in der Ukraine, die Internationale Messe im libanesischen Tripoli und die Wahrzeichen des antiken Königreichs Saba im Jemen in die Liste des gefährdeten Menschheitserbes aufgenommen. Durch den Eintrag können technische und finanzielle Hilfen in Anspruch genommen werden, um den Schutz und Erhalt der bedrohten Stätten zu gewährleisten. Das Komitee einigte sich darauf, sein nächstes reguläres Treffen vom 10. bis 25. September 2023 in Saudi-Arabiens Hauptstadt Riad abzuhalten. Die Sitzung, auf der unter anderem über weitere Nominierungen für die Welterbeliste entschieden wird, sollte ursprünglich im Juni 2022 in Russland stattfinden. Das Treffen war infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine auf unbestimmte Zeit verschoben worden.

Blick auf das Russov House in Odessa (September 2020). Foto: Wikimedia Commons / Romankravchuk
Blick auf das Russov House in Odessa (September 2020). Foto: Wikimedia Commons / Romankravchuk

Das Historische Zentrum von Odessa

 

Odessa wurde 1794 gegründet und entwickelte sich binnen kurzer Zeit zu einer florierenden Handelsmetropole, die viele Menschen an die Schwarzmeerküste zog. Die rasante Entwicklung, der damit verbundene Wohlstand und das multikulturelle Erbe prägen die Architektur und das Stadtbild Odessas bis heute. Das historische Zentrum zeichnet sich durch seinen quadratischen Grundriss, großzügige, von Bäumen gesäumte Straßen und eine eklektische Vielfalt architektonischer Stile aus. Zwar finden sich die städtebaulichen und architektonischen Qualitäten, die Odessa auszeichnen, auch in anderen Städten Mittel- und Osteuropas, sind in ihrer Vielfalt aber nirgendwo derart gut bewahrt.

Offizielle Bewerbung im Oktober 2022

 

Der ukrainische Präsident Selenskyj machte am 11. Oktober 2022 in einer Videobotschaft vor dem UNESCO-Exekutivrat die Bewerbung des historischen Zentrums von Odessa für die Aufnahme in die Welterbeliste der UNESCO offiziell. Unter Leitung von Botschafter Vadym Omelchenko, Ständiger Delegierter der Ukraine bei der UNESCO, und Hennadiy Trukhanov, Bürgermeister von Odessa, übergab eine Delegation aus der Ukraine offiziell das Bewerbungsdossier an die UNESCO.

Die UNESCO hat Informationen zum Krieg in der Ukraine und dessen Auswirkungen auf UNESCO-Orte und das Immaterielle Kulturerbe zusammengestellt. Erfahren Sie hier mehr.

Netzwerk Kulturgutschutz Ukraine

 

In der Ukraine sind zahlreiche Kulturgüter gefährdet, darunter sieben UNESCO-Welterbestätten. Das Netzwerk Kulturgutschutz wurde im März 2022 gegründet und unterstützt die Ukraine beim Schutz ihrer Kulturgüter. Seit Gründung ist die Deutsche UNESCO-Kommission Mitglied im Netzwerk Kulturgutschutz Ukraine, das die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien gemeinsam mit dem Auswärtigen Amt ins Leben gerufen hat.

Zentrale Schaltstelle und Ansprechpartner des Netzwerkes Kulturgutschutz Ukraine soll ICOM Deutschland sein, das bereits eine zentrale Webpage eingerichtet hat. Daneben sind wichtige und mit ICOM Deutschland eng kooperierende Akteure des Netzwerks das Deutsche Nationalkomitee von ICOMOS für den Bereich der Welterbestätten und des baulichen Erbes, die Deutsche Nationalbibliothek für die Bibliotheken sowie das Bundesarchiv für den Archivbereich. Weitere Mitwirkende sind das Deutsche Archäologische Institut, die Stiftung Preußischer Kulturbesitz, die Kulturstiftung der Länder und die Deutsche UNESCO-Kommission. Neben dem Netzwerk Kulturgutschutz nimmt die Deutsche UNESCO-Kommission seit März regelmäßig an der Sectoral Working Group „Education and Science“ des ukrainischen Bildungsministeriums teil. Lesen Sie hier mehr. 

Tipp: Mit einem Förderprogramm unterstützt die Ernst von Siemens Kunststiftung die Arbeit aus der Ukraine und aus Russland geflüchteter Wissenschaftler:innen in deutschen Museen. RESTAURO sprach dazu mit Generalsekretär Dr. Martin Hoernes über schnelle Hilfe und die Furcht vor Plünderungen. Das Interview lesen Sie hier. 24 Kurator:innen und Museumsmitarbeiter:innen haben bislang eine Beschäftigung an deutschen Museen gefunden. 

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