22.06.2023

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Sensationsfund: 3000 Jahre altes Bronzeschwert in Nördlingen entdeckt

Schwert Griff: Foto: Archäologie-Büro Dr. Woidich/Sergiu Tifui
Schwert Griff: Foto: Archäologie-Büro Dr. Woidich/Sergiu Tifui

Bei Ausgrabungen im bayerischen Nördlingen wurde ein außergewöhnlich gut erhaltenes Achtkantschwert entdeckt. Das seltene Bronzeschwert ist über 3000 Jahre alt


Über 3000 Jahre altes Bronzeschwert

Archäologen machten im Juni 2023 bei Grabungen im Donau-Ries im bayerischen Nördlingen einen außergewöhnlichen Fund: Während sie ein bronzezeitliches Grab freilegten, stießen sie auf reiche Bronzebeigaben, darunter ein außergewöhnlich gut erhaltenes Schwert.


Das Achtkantschwert: ein sehr seltener Schwerttypus

Die über 3000 Jahre alte Hieb- und Stichwaffe repräsentiert einen sehr seltenen Schwerttypus. Es handelt sich um ein sogenanntes Achtkantschwert – benannt nach der im Querschnitt achtkantigen Griffstange -, das zur Obergruppe der Vollgriffschwerter gehört, deren Griffe vollständig aus Bronze bestehen. Datiert wird es vorläufig in die mittlere Bronzezeit. Man darf gespannt sein auf die weiteren Untersuchungen des Grabes, in dem kurz nacheinander drei Personen bestattet worden waren: ein Mann, eine Frau und ein Jugendlicher. Noch ist nicht klar, ob die Personen in einem verwandtschaftlichen Zusammenhang gestanden haben.

Sensationsfund: Bronzezeitliches Schwert aus Nördlingen. Foto: Archäologie-Büro Dr. Woidich/Sergiu Tifui
Sensationsfund: Bronzezeitliches Schwert aus Nördlingen. Foto: Archäologie-Büro Dr. Woidich/Sergiu Tifui
Schwert am Fundort. Foto: Archäologie-Büro Dr. Woidich/Sergiu Tifui
Schwert am Fundort. Foto: Archäologie-Büro Dr. Woidich/Sergiu Tifui
Foto: Archäologie-Büro Dr. Woidich/Sergiu Tifui

Besonderer Status seines Besitzers

Die reichen Beigaben deuten jedoch darauf hin, dass es sich bei ihnen um höhergestellte Persönlichkeiten gehandelt haben muss. Allein schon das Achtkantschwert spiegelt den besonderen Status seines Besitzers wider. Griffstange, Heftschultern und Knaufplatte sind über eine Einlage und mittels Punzen reich verziert. Fehlende Hiebspuren lassen vermuten, dass das wahrscheinlich im süddeutschen Raum hergestellte Schwert kaum im Einsatz war. Vielleicht wurde es schon bald nach seiner Fertigstellung zur Grabbeigabe.


Schwertfunde dieser Epoche sind selten

Schwertfunde dieser Epoche sind selten und stammen entweder aus im 19. Jahrhundert gezielt geöffneten Grabhügeln oder sind als einzelne, mutmaßliche Opferfunde aufgetaucht. Der Griff wurde bei bronzezeitlichen Schwerter entweder – wie hier – ganz aus Bronze hergestellt (Vollgriffschwert) oder aus Holz, Knochen und Horn, durch den meist die bronzene Griffangel ging (Griffangelschwert). Die Schwerter der Bronzezeit (2200–800 vor Christus) erweisen sich mehr zum Stich als zum Hieb geeignet und wurden, wie der auffallend kurze Griff vermuten lässt, wahrscheinlich wie Dolche gefasst. Die Klingen sind zweischneidig und spitz; dem Griff fehlt die Parierstange. Die Schwertscheiden bestanden aus Holz mit einem Überzug aus Leder und trugen unten ein Ortband aus Bronze.


Süddeutschland und Dänemark in enger Verbindung?

Die Herstellung von Achtkantschwertern ist aufwändig, da der Griff über die Klinge gegossen wird (sogenannter Überfangguss). Während es zwei echte Nieten gibt, wird ein anderes Nietenpaar nur angedeutet. Trotz des Herstellungsaufwandes und fehlender Hiebspuren ist davon auszugehen, dass es sich um eine echte Waffe handelte. Wie das Landesmuseum Stuttgart erklärt, belegen Bronzeschwerter mit achtkantigem Griff, dass Süddeutschland und Dänemark im 15. und 14. Jahrhundert vor Christus in enger Verbindung standen.


Herstellung in Bayern?

Ob das Schwert in Bayern hergestellt wurde, ob die Personen in dem Grab miteinander verwandt waren und was es noch mit dem Schwert auf sich hat, wollen die Archäologen und Archäologinnen in den kommenden Monaten herausfinden. Bisher wurden nur sehr wenige Schwerter dieses Typs gefunden – und noch weniger in einem noch intakten Fundzusammenhang. Der relativ weit vorne in der Klinge liegende Schwerpunkt deutet darauf hin, dass dieses Achtkantschwert nicht zum Stechen, sondern primär als Hiebwaffe gedacht war.


Generalkonservator Mathias Pfeil: „Ein Fund wie dieser ist sehr selten“

Frühere Funde solcher Waffen legen zwei getrennte Verbreitungsschwerpunkte der bronzezeitlichen Achtkantschwerter nahe. So wurden Waffen des sogenannten Hausmoning-Subtyps vor allem in Bayern gefunden, ein zweiter Subtyp war dagegen vor allem Norddeutschland und Dänemark verbreitet. Er unterscheidet sich vom süddeutschen Typ in den Gusstechniken und der Verzierung. Ob es sich bei den norddeutschen Achtkantschwertern um Nachbauten süddeutscher Formen handelt oder ob ausgewanderte Schmiede ihr Wissen in den Norden brachten, ist unklar. Zu welchem Typ das Schwert von Nördlingen gehört, müssen nähere Analysen erst noch zeigen: „Noch muss das Schwert und die Bestattung untersucht werden, damit unsere Archäologinnen und Archäologen diesen Fund genauer einordnen können“, erklärt Generalkonservator Mathias Pfeil, Leiter des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege. „Aber schon jetzt lässt sich sagen: Der Erhaltungszustand ist außergewöhnlich! Ein Fund wie dieser ist sehr selten.“

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