Gründerin und Geschäftsführerin der Bacon Studios (Berlin / München): Katharina Haider, Diplom-Restauratorin, M. Sc. Polymer Science. Foto: RESTAURO
Gründerin und Geschäftsführerin der Bacon Studios (Berlin / München): Katharina Haider, Diplom-Restauratorin, M. Sc. Polymer Science. Foto: RESTAURO

Vor über zehn Jahren gründete Katharina Haider ihr Unternehmen Bacon Studios in Berlin, das auf die Behandlung und den Erhalt moderner Materialien spezialisiert ist. RESTAURO traf die gefragte Diplom-Restauratorin mit einer Doppelqualifikation in Polymer Sience in ihrer Münchner Dependance

Sie ist eine international anerkannte Expertin für die Behandlung und den Erhalt von modernen Materialien und hat mit ihrem zusätzlichen Master in Polymer Science eine einzigartige Ausbildung: Diplom-Restauratorin Katharina Haider. Spezialisiert ist sie auf zeitgenössische Gemälde und Skulpturen. 2012, vor zehn Jahren gründete sie ihr Unternehmen Bacon Studios – die Abkürzung steht für Berlin Art Conservation Studios –, ein zweiter Standort kam vor drei Jahren in ihrer Heimatstadt München hinzu. In beiden Städten liegen ihre modern ausgestatteten Studios zentral. Die Reihe ist der internationalen Referenzen ist lang und reicht vom Anne Imhof Studio (Berlin) über die Pace Gallery, New York, und die Münchner Sammlung Brandhorst bis zur Tate in London. Gemälde und Skulpturen von prominenten Künstler:-innen wie John Baldessari, Harry Bertioa, Tacita Dean, Keith Haring, Verner Panton, Neo Rauch, Martin Kippenberger, Niki de Saint Phalle, Cindy Sherman, Frank Stella, Jean Tinguely, Luc Tuymans oder Andy Warhol gingen schon durch die Hände von Katharina Haider. Zahlreiche Privatsammler zählen zu ihren Kunden. Außerdem weist die
Restauratorin langjährige Erfahrung in der Planung und Umsetzung von Großprojekten wie Außenskulpturen, Kunst am Bau oder Sammlungsumlagerung auf.

Blick in die Bacon Studios (Standort München). Fotos: RESTAURO
Foto: RESTAURO
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Zum Vorpraktikum in die Neue Nationalgalerie in Berlin

Materialien haben sie schon als Kind fasziniert, erzä­­hlt Katharina Haider. „Gemalt und gebastelt habe ich schon immer. Bei uns gab es Ölfarben, Aquarellfarben, Buntstifte, Vergoldermaterial.“ In der Oberstufe jobbte die Münchnerin jeden Freitagnachmittag beim Künstlerbedarf Schachinger und setzte dort gleich wieder ihren Verdienst um. „Schon damals kannte ich die ganze Palette der Kremer Pigmente.“ Ursprünglich wollte Katharina Haider aber Produktdesignerin werden. Nach der Aufnahmeprüfung stellte sie jedoch fest, dass ihr dieses Studium zu wenig materialtechnisch war. „Es war meine Mutter, die mich schließlich auf die Restaurierungswissenschaften brachte.“ Für das Vorpraktikum ging sie schließlich an die Neue Nationalgalerie in Berlin. „Damit war im Grunde mein weiterer Weg vorgezeichnet“, erzählt Katharina Haider und ergänzt. „Was Künstler heute in ihren Ateliers bauen, ist im Grunde Produktdesign. Sie benutzen Rapid Prototyping, designen ihre Skulpturen, machen Lackproben, gehen zu verschiedenen Herstellern und lassen sich ein Objekt fräsen oder schweißen. Heute bin ich für Künstler:- innen beratend tätig, und so schließt sich der Kreis.“


„Die Tate schätzte die exzellente präventive Konservierungsausbildung der TU München“

Nach zwei Jahren Berlin kam Katharina Haider zurück nach München und studierte dort an der TU München. „Im Studium habe ich mich immer für die Moderne interessiert. Das Curriculum umfasste damals auch Time based Media. Mit einem Stipendium ging ich nach Bern und habe dort an der HKB bei dem Videospezialisten Johannes Gfeller ein Modul belegt. Häufig war ich auf Konferenzen zu Time based Media und hatte mir damit schon gutes Vorwissen erarbeitet.“ So ist es nicht verwunderlich, dass Katharina Haider nur eine Woche nach ihrem Diplom an der Tate in London anfing. „Die Tate schätzte die exzellente präventive Konservierungsausbildung der TU München“, erzählt die Restauratorin. „Tina Weidner, die ihren Abschluss ebenfalls in München gemacht hatte, war damals außerdem schon an der Tate als Restauratorin für Medienkunst tätig. Es fügte sich alles.“


Master in Polymer Science

Mit dem Konkurs der Lehmann Brothers 2008 lief aber dann die zweite befristete Stelle von Katharina Haider in London aus. „An der Tate haben wir uns viel mit Disks und Daten und deren Informationserhalt beschäftigt. Doch mich interessierte noch mehr das Material an sich.“ Daher setzte Katharina Haider einen Master in Polymer Science an der Freien Universität, Humboldt Universität, Technischen Universität in Berlin und an der Universität Potsdam darauf. „Dieses Studium richtet sich allerdings an Physiker-, Chemiker- und Ingenieur:innen. Dort gibt es nur Polymer-Spezialist:innen. Eine Restauratorin hatte sich bislang hier noch nicht beworben, erinnert sich Katharina Haider. „Mit meinem Grundstudium an der TU München hatte ich aber einen soliden Grundstock an Physik und Mathematik, Informatik und Mikroskopie und Mikrobiologie. Ich kam an den Lehrstuhl von Prof. Dr. Peter Hildebrandt für Physikalische Chemie und Biochemie. Dort waren die Spezialist:innen für Schwingungsspektroskopie, also Infrarot- und Raman, wichtige Analysemethoden für die Restaurierung.“

Einblicke in den Arbeitsplatz. Fotos: RESTAURO
Fotos: RESTAURO

Eigene Forschungsgruppe

Dort bildete Katharina Haider ihre eigene Forschungsgruppe und schrieb auf einer bezahlten Stelle ihre Masterarbeit, die vom Aufwand her einer Doktorarbeit gleicht und bislang auszugsweise in den Bänden der international renommierten Konferenz „Future Talks“ (Neue Sammlung, München) publiziert ist. Anhand von Proben konnte sie nachweisen, dass die natürliche Alterung von Gummi genau den gleichen chemischen Zwischenschritten unterliegt wie die künstliche durch Licht induzierte. Eine Frage, die häufig bei Restaurierungssymposien auftritt, weiß Katharina Haider. Berufliche Weiterbildung und lebenslanges Lernen hat für die Restauratorin hohe Priorität. „Ich bilde mich laufend fort, was technische Innovationen angeht. Ecoplastic ist zum Beispiel ein großes Thema.“


Katharina Haider unterrichtet an Universitäten über die Restaurierung von Kunststoffen sowie Art Handling, Transport und die Lagerung von Kunst

In Workshops und durch die Entwicklung eigener Konservierungsmethoden erweitert sie fortlaufend ihre Expertise – zum Beispiel in der Restaurierung von Kunstwerken aus Silikon, Acrylglas, Latex, und Kunstharz oder in der Behandlung von monochromen, hochpräzisen industriellen Finishes. So wurde Katharina Haider etwa für die Teilnahme am begehrten Workshop „Surface Treatment Strategies for Outdoor Painted Sculptures“ (2018) am Getty Conservation Institute (GCI) in Los Angeles nur unter 18 Kolleg:innen weltweit ausgewählt. Die Restauratorin unterrichtet selbst an Universitäten über die Restaurierung von Kunststoffen sowie Art Handling, Transport und die Lagerung von Kunst. Beim Node Center for Curatorial Studies, Berlin, gab sie vor kurzem einen Online-Kurs zu Art Handling.

Farbmuster. Fotos: RESTAURO

Vorbild: Thea van Oosten

Zu ihren großen Vorbildern zählt Katharina Haider unter anderem Thea van Oosten. Die leitende Konservierungswissenschaftlerin bei der niederländischen Behörde für das Kulturerbe (Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed, RCE) hat seit 1989 Forschungsprogramme für Kunststoffe aufgesetzt, sich auf die Konservierung von modernen und zeitgenössischen Kunst- und Designobjekten des Kulturerbes spezialisiert und an diversen Veröffentlichungen und Büchern mitgewirkt („PUR Facts, Conservation of Polyurethane foam in Art and Design“). Zur Zusammenarbeit kam es schon während des Studiums: Katharina Haider machte bei Thea van Oosten in Amsterdam die Vorarbeiten für ihre Diplomarbeit.


Selbständigkeit schafft Freiräume für Forschung

Die Selbständigkeit macht einen gelungenen Mix aus Forschung sowie Praxis möglich und schafft Freiräume. Trotz Arbeit in der freien Wirtschaft wird Katharina Haider als Wissenschaftlerin wahrgenommen. Mit einem Stipendium der Ernst von Siemens-Stiftung erforscht sie aktuell Charlotte Moormans „Bomb Cellos“. Als engagierte Feministin performte Moorman auf teils selbst gebauten Instrumenten moderne elektronische Musikstücke von befreundeten Komponistinnen, etwa Carolee Schneeman und Yoko Ono. „Charlotte Moorman hat ab 1965 verschiedene Versionen ihrer ,Bomb Cellos‘ entwickelt und darauf in Performances gespielt. Das Projekt will Werk und Wirken von Charlotte Moorman sichtbar, hörbar und fächerübergreifend nutzbar machen“, freut sich Katharina Haider. Wer noch mehr über ihre Arbeit erfahren möchte: In Berlin und München ist engagierte Restauratorin auf Vereinbarung anzutreffen. 

Diplomarbeit Katharina Haider

In ihrer Diplomarbeit (betreut von PD Dr. Heike Stege / Prof. Erwin Emmerling, 2008) beschäftigte sich Katharina Haider mit den Konservierungs- und Restaurierungsmöglichkeiten für Polyethylentragetaschen anhand der Tüten, die Andreas Slominski für seine Werkgruppe der „Fahrräder“ (1991 bis vor 2005) verwendet hatte. Katharina Haider schlug Möglichkeiten für deren präventive Konservierung und Restaurierung vor und diskutierte die Reproduktion kritisch. Neben einem werkstoffkundlichen Teil zu Polyethylentragetaschen umfasst die Arbeit FT-IR-spektrometrische Untersuchungen von Polyethylenfolien, die Prüfung der Zugfestigkeit gealterter Tüten, Versuche zur Klebbarkeit von PE-Folien und eine Uberprüfung des Verbunds in der Ebene der Klebungen. Zum Download hier.

           

Information

Bacon Studios Berlin (Lieferadresse)

Kaiserin-Augusta-Allee 16, Turm 6

10553 Berlin

Bacon Studios München

Schraudolphstraße 10

80799 München

mail@bacon-studios.com

mobil +49 160 150 350 4

Öffnungszeiten nach Vereinbarung

Geschäftsführerin: 

Katharina Haider, Diplom-Restauratorin,
M. Sc. Polymer Science

Team: 

Juliette Verweijen, Restauratorin

Katharina Geffken, Restauratorin

Nadja Krautschick, Restauratorin

                                 

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