Hubertus Butin ist Kunsthistoriker, Kunsttheoretiker, Publizist und Kurator. In den 1990er-Jahren arbeitete er im Atelier Gerhard Richters in Köln und gab 2014 dessen Werkverzeichnis der Editionen heraus. Heute ist er unter anderem als Gutachter für die Werke Gerhard Richters tätig und Experte für diesbezügliche Fälschungen. RESTAURO sprach mit ihm über seine Erfahrungen
RESTAURO: Herr Butin, wie kam es zu Ihrer Spezialisierung?
Es gibt keinen anderen Künstler, über den ich so viel publiziert habe wie über Gerhard Richter. Wenn man dann auch noch Autor eines seiner Werkverzeichnisse ist, er- scheint es naheliegend, dass man als Ex- perte im Auftrag von Privatsammlungen, Kunsthandlungen, Auktionshäusern sowie Museen und Ermittlungsbehörden Experti- sen verfasst. Denn Autoren und Autorinnen von Werkverzeichnissen verfügen normaler- weise nicht nur über ein theoretisches Fachwissen, sondern auch über ein ausge- prägtes Objektwissen.
RESTAURO: Können Sie einen besonders spektakulären Fall nennen, bei dem Sie zur Klärung beigetragen haben? Wie sind Sie vorgegangen?
Hubertus Butin. Ein Betrüger hatte sich eine raffinierte Provenienzgeschichte ausgedacht, indem er auf die Rückseite eines monochrom grauen Ölgemäldes, das nicht im Werkverzeichnis zu finden ist, folgende Widmung schrieb: »Für Armin (K 20)«. Dadurch dachten die Berliner Händler, durch deren Hände das Bild im Jahr 2005 ging, es handele sich um ein persönliches Geschenk Gerhard Richters an Professor Armin Zweite, den ehemaligen Direktor der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf. Doch auf meine Anfrage hin meinte Armin Zweite, er wüsste gar nichts von diesem zweifelhaften Geschenk. Tatsächlich handelte es sich bei dem Bild um eine komplette Fälschung. Heute befindet sich das Gemälde mit seiner angeblich so respektablen Vergangenheit bei einem Sammler in Vancouver, der es 2006 für einen hohen Betrag als vermeintliches Original erworben hatte. Sowohl eine einfache Provenienzrecherche als auch eine stilistische Untersuchung des Gemäldes bestätigten den Betrug.