08.08.2016

Projekte

Museale Forschung: Bewahrung von Kunststoff

 

Innerhalb der Förderinitiative „Forschung in Museen“ hat das Kuratorium der Volkswagenstiftung neun kooperative Forschungsvorhaben von Museen und Hochschulen bewilligt. Von den insgesamt 3,9 Millionen Euro fließen 480.000 Euro in ein interdisziplinäres Projekt des Deutschen Hygiene-Museums in Dresden (DHDM).

Gläserne Frau, 1995. Foto: Werner Lieberknecht
Blick in den Raum der Ausstellung „Der gläserne Mensch“. Foto: David Brandt
Die Ausstellung konzentriert sich auf die Vermittlung anatomischen Wissens. Foto: Sandra Neuhaus
Die erste im Museum produzierte „Gläserne Frau“ stiftete der Textilfabrikant S.H. Champ aus Jackson/Michigan. 1988 gelangte sie als Schenkung an das Deutsche Historische Museum. Foto: Deutsches Hygiene-Museum
Torsi eines Mädchens, 1930: Die Modelle wurden während der Wiederholung der Zweiten Internationalen Hygiene-Ausstellung 1931 ausgestellt. Foto: Herbert Boswank
Anatomisches Modell von L. T. J. Auzoux, 1865: Anatomische Wachsmodelle waren empfindlich. Deshalb experimentierte der angehende Arzt Louis Thomas Jérôme Auzoux (1797-1880) mit dem leicht formbaren Papier-Maché, damals für dekorative Zwecke in Gebrauch. Foto: David Brandt

Konservierungskonzept für Kunststoffobjekte

Ein Forschungskolleg wird sich am Deutschen Hygiene-Museum ab Dezember mit der langfristigen Bewahrung von Objekten aus Kunststoff beschäftigen. Gegenstand der Forschung sind die “Gläsernen Figuren”, die am DHDM entwickelt, produziert und erstmals 1930 in Ausstellungen präsentiert wurden. Die Gläsernen Figuren offenbaren Skelett, innere Organe, Blutgefäße und Nervenbahnen. Ein transparenter Kunststoff umhüllt ihr Inneres und gewährt einen dreidimensionalen Einblick in die Körper.

Nachdem man die Figuren jahrzehntelang dafür nutzte, medizinisches und anatomisches Wissen zu vermitteln und die Physis des Menschen zum Mittelpunkt einer Ausstellung zu machen, häuften sich über die Jahre hinweg die Schäden an den Materialien und Alterungsspuren wurden ersichtlich. Julia Radtke, wissenschaftliche Mitarbeiterin der Sammlung im DHMD, merkt an: „Es handelt sich um sehr spezielle Objekte mit unterschiedlichen Materialkombinationen. Hierfür suchen wir nach aktiven sowie präventiven Konservierungsmethoden.“ Um die Tiefenschichten des Körpers sinnfällig wiederzugeben, gebrauchte man beispielsweise die sogenannten Korrosionspräparate von Nieren, Bronchien oder Leber, die durch Ausgießen der Blutgefäße mit Wachsen, Harzen oder Metallverbindungen entstehen. Präparator Franz Tschackert formte in einer Dresdner Marmeladenfabrik 1930 den ersten gläsernen Menschen aus dem Kunststoff Cellon, zusammengebaut über dem heißen Dampf eines großen Kessels, in dem normalerweise Marmelade braute.

Bisher gibt es für die Figuren noch keinerlei Konservierungs- oder Restaurierungskonzept, auch die Analyse der Herstellungs-, Ausstellungs- und Rezeptionsgeschichte ist noch nicht erfolgt. Diese Lücke soll nun das Promotionskolleg am DHMD schließen. Unter anderem soll ein wissenschaftlich begründetes, tragfähiges Konservierungs- und Restaurierungskonzept für die Gläsernen Figuren entstehen, das sich auch auf andere museale Sammlungen übertragen lässt. So hofft Julia Radtke, gegen Ende des Jahres erste Zwischenergebnisse präsentieren zu können.

 

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