24.10.2023

Branchen-News Denkmalpflege Forschung Projekte

München – schon immer ein heiß begehrter Siedlungsraum

Drohnenüberblicksbild, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD
Drohnenüberblicksbild, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD

Die Stadt München ist beliebt – und wächst und wächst. Dass das kein Phänomen der Neuzeit ist, zeigen überraschende archäologische Funde auf einem tausend Jahre lang unberührten Feld im Stadtteil Feldmoching, wie das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege vergangene Woche mitteilte

Pfostenlöcher auf einem Feld in Feldmoching enthüllen, wie dicht Teile Münchens bereits in Eisenzeit und Spätantike besiedelt waren. 2.800 Befunde, sechs Brunnen, neun Gräber – und mehr als 100 Hausgrundrisse: Die große Anzahl kreisrunder brauner Verfärbungen im Kies macht deutlich, wie beliebt der Nordrand der heutigen bayerischen Landeshauptstadt einst gewesen sein muss. Bei einer archäologischen Untersuchung im Rahmen der Bebauung für ein neues Wohngebiet wurden dort überdurchschnittlich viele Hausgrundrisse ehemaliger Siedlungen entdeckt. Diese Pfostenlöcher, als Kreise im Kies nun sichtbar, sind die letzten Überreste einzelner Grubenhäuser. Sie belegen eindrücklich, dass im heutigen Stadtteil Feldmoching schon in der Eisenzeit an die 500 Menschen lebten – eine enorme Zahl für diese Zeit.


Generalkonservator Mathias Pfeil: „München ist und war groß“

„München ist und war groß. Schon vor 2.000 Jahren strömten die Menschen hier her, um sich in der damaligen Metropolregion niederzulassen. Bislang haben wir nur annehmen können, dass es überall im heutigen Münchner Stadtgebiet Großsiedlungen gab. Die gründliche Untersuchung auf dem Lerchenauer Feld konnte das allerdings nun bestätigen und damit eine Forschungslücke schließen“, erläutert Generalkonservator Prof. Dipl.-Ing. Architekt Mathias Pfeil vom Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege (BLfD). Die Häuser waren unterschiedlich groß, es lassen sich verschiedene Grundrisse erkennen. Spuren von historischem Lehmbewurf, der als Füllmaterial noch immer beim Hausbau verwendet wird, lassen den Schluss zu, dass ihre Bewohner in Fachwerkhäusern aus Holz wohnten. Und zwar lange Zeit. Die Archäologen legten nämlich zwei Grabgruppen aus später Eisenzeit (450 bis 15 vor Christus) und römischer Kaiserzeit (3./4. Jahrhundert nach Ch ristus) frei. Diese Körpergräber beweisen, dass das Gebiet Jahrhunderte lang fruchtbar gewesen sein muss und dort auch Ackerbau betrieben wurde. An den Füßen eines Bestatteten aus spätrömischer Zeit wurden Teile von Tafelgeschirr mitsamt einem Teller, eine fast intakte Henkelkanne sowie ein Trinkbecher aus Speckstein gefunden.

Spätantikes Lavezgefäß, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD
Spätantikes Lavezgefäß, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD
Spätantike Kanne und Teller, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD
Spätantike Sichelklinge, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD
Spätantike Sichelklinge, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD
Spätantike Sichelklinge. Foto: BLfD
Spätantike Sichelklinge. Foto: BLfD

Ei ungewöhnliches Fundstück: die Klinge einer Sichel

Ein ungewöhnliches Fundstück ist die Klinge einer Sichel. Solch ein Arbeitsgerät finden Archäologen selten in Gräbern. Die Bestattungen gehören zu einer römischen Streusiedlung aus dem 3. und 4. Jahrhundert. „Römer und Kelten siedelten hier am Moosrand auf dem Lerchenauer Feld. Die bisher untersuchten zwölf Hektar stecken voller Siedlungshistorie. Nicht nur ein seltener, wertvoller Fund für die Archäologen, sondern wegweisend für künftigen Städtebau. Die Zusammenarbeit zwischen der Landeshauptstadt München und dem Bauträger bei den archäologischen Ausgrabungen läuft beispielhaft. Diesen Drive wollen wir in die Fortführung der Entwicklung mitnehmen,“ sagt die Münchener Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU). Warum dann am Ende des Römischen Reichs plötzlich alle Menschen das Feld verließen und dort bis heute keiner mehr eine große Siedlung errichtete, könnte mit Klimaveränderungen in der Region zusammenhängen. Die Feldmochinger Grabung liefert daher unterschiedlichen Forschungsdisziplinen neue wichtige Daten.

Spätantike Schnalle, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD
Spätantike Schnalle, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD
Latenèzeitliche Keramikbeigabe, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD
Latenèzeitliche Keramikbeigabe, Grabungsfläche Lerchenauer Feld. Foto: BLfD

Bis Mitte 2024 wird das Lerchenauer Feld archäologisch untersucht

„Die Ausgrabungen zeigen, dass das Lerchenauer Feld in unterschiedlichen Epochen immer wieder besiedelt wurde. Wir freuen uns, dass diese spannenden Spuren nun aufgedeckt und ausgewertet werden können, bevor erneut Menschen hierherziehen“, sagt Thomas Weingartner, Niederlassungsleiter München bei der Bayerische Hausbau Development. Bis Mitte 2024 wird das Lerchenauer Feld noch archäologisch untersucht. Anschließend plant die Wohn Park Lerchenauer Feld GmbH & Co. KG (WPL) gemeinsam mit der Landeshauptstadt München auf dem 23 Hektar großen Gelände südlich des Feldmochinger Ortskerns ein Quartier mit Wohnungen, viel Grün und attraktiver Infrastruktur zu errichten. Seit Oktober 2022 finden die Vorarbeiten inklusive der archäologischen Untersuchung auf dem Areal statt.

Scroll to Top