28.10.2022

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KEBAB-Sonderschau: Welcher Restaurierungsaufwand steckt hinter Exponaten?

Skulptur- und Gemälderestauratorin Maria Winner bei der Konservierung einer Skulptur. Foto: Eva-Maria Bongardt DMA / Ausstellung KEBAB / Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg
Skulptur- und Gemälderestauratorin Maria Winner bei der Konservierung einer Skulptur. Foto: Eva-Maria Bongardt DMA / Ausstellung KEBAB / Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg

Das Diözesanmuseum St. Afra in Augsburg lädt seine Besucher:innen derzeit zu einem Blick „hinter die Kulissen“ ein: In der Sonderausstellung „KEBAB“ (Kulturgut erhalten, bewahren, ausstellen und begreifen) werden bis 4. Dezember 2022 sonst nie gezeigte Schätze aus dem Magazin gezeigt

Obwohl bedeutende Kunstwerke, schlummern alle 20 Exponate – ob aus Holz, Metall, Papier, Glas Stein oder Elfenbein – normalerweise im Depot. Denn ihr Erhaltungszustand ist, unabhängig von den Materialien, desolat. Museen haben jedoch die Verpflichtung, ihre Werke zu erhalten. In der RESTAURO-Ausgabe 6/2022 hat Dr. Ute Strimmer die Vorarbeiten der Kuratorin Dr. Eva-Maria Bongardt zur aktuellen Sonderschau „KEBAB“ ausführlich behandelt. Diese Abkürzung steht für „Kulturgut erhalten, bewahren ausstellen, begreifen“. Auftakt und Herzstück der Schau ist der Heilige Wolfgang, eine spätgotische, höchst qualitätvolle schwäbische Holzskulptur um 1500, an der der Zahn der Zeit, vor allem was die polychrome Fassung anbelangt, massiv genagt hat. Erster Schritt: Voruntersuchung für das Restaurierungskonzept, Dokumentation in Wort und Bild mit Detail- und Makroaufnahmen. Restaurieren heißt nicht, das Objekt wie neu machen zu wollen, sondern: reinigen, auszubessern, lose Partikel festigen, mit einem Wort, den Erhalt stabilisieren.

Die Sonderschau „KEBAB“ zeigt, wie Restaurator:innen arbeiten

 

Das Handwerkszeug ähnelt jenem in einem Kosmetiksalon: Wattestäbchen und Spachteln, Reagenzgläser mit diversen Lösungen, mit denen man nicht nur Öffnungen wie Augenwinkel, Nase und Ohren, sondern auch Gewandfalten usw. reinigen kann. Wie endlos lange und geduldig die Restauratorin zur Ausbesserung einer winzigen Fehlstelle der Fassung an einer Gewandfalte des Heiligen hintupft, ist auf drei Bildschirmen zu verfolgen. Ob die „Heilige Katharina von Alexandrien“ von Daniel Mauch um 1500 oder die aus einem Holzstamm um 1220 geschnitzte „Thronende Maria mit Kind“: sie sind von Anobien befallen! Sie legen ihre Eier im Holz ab, und hinterlassen Ausfluglöcher in den Skulpturen.

 

Autorin Dr. Gloria Ehret mit Kuratorin Dr. Eva-Maria Bongardt im Depot. Foto: RESTAURO
Autorin Dr. Gloria Ehret mit Kuratorin Dr. Eva-Maria Bongardt im Depot. Foto: RESTAURO / Ausstellung KEBAB / Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg
Teile dieses Gemäldes wurden im Rahmen von Konservierungsmaßnahmen mit Japanpapier bedeckt. Foto: Julian Schmidt / pba / Autorin Dr. Gloria Ehret mit Kuratorin Dr. Eva-Maria Bongardt im Depot. Foto: RESTAURO / Skulptur- und Gemälderestauratorin Maria Winner bei der Konservierung einer Skulptur. Foto: Eva-Maria Bongardt DMA / Ausstellung KEBAB / Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg
Teile dieses Gemäldes wurden im Rahmen von Konservierungsmaßnahmen mit Japanpapier bedeckt. Foto: Julian Schmidt / pba / Autorin Dr. Gloria Ehret mit Kuratorin Dr. Eva-Maria Bongardt im Depot. Foto: RESTAURO / Skulptur- und Gemälderestauratorin Maria Winner bei der Konservierung einer Skulptur. Foto: Eva-Maria Bongardt DMA / Ausstellung KEBAB / Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg
Manche der Exponate haben im Laufe der Jahrhunderte schwere Schäden erlitten. Foto: Julian Schmidt / pba
Manche der Exponate haben im Laufe der Jahrhunderte schwere Schäden erlitten. Foto: Julian Schmidt / pba / Ausstellung KEBAB / Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg
Kuratorin Dr. Eva-Maria Bongardt erläutert die Vorgehensweise bei Restaurierungsarbeiten anhand des Hl. Wolfgangs. Foto: Julian Schmidt / pba
Kuratorin Dr. Eva-Maria Bongardt erläutert die Vorgehensweise bei Restaurierungsarbeiten anhand des Hl. Wolfgangs. Foto: Julian Schmidt / pba
Manche der Exponate haben im Laufe der Jahrhunderte schwere Schäden erlitten. Foto: Julian Schmidt / pba
An einem Multi-Touch-Tisch kann spielerisch mehr über die Herausforderungen musealer Konservierung und Restaurierung gelernt werden. Foto: Julian Schmidt / pba / Ausstellung KEBAB / Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg
Diese barocke Hose wurde 1979 aus einem Klerikergrab im Augsburger Dom geborgen. Foto: Julian Schmidt / pba / Ausstellung KEBAB / Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg
Diese barocke Hose wurde 1979 aus einem Klerikergrab im Augsburger Dom geborgen. Foto: Julian Schmidt / pba / Ausstellung KEBAB / Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg

Bei den Gemälden sind in beidseitig einsichtigen Vitrinen die Schäden und ihre Konservierung der Vor- und Rückseiten zu sehen. An einer aufwendig gestalteten Klosterarbeit aus dem 18. Jahrhundert wird die Verbräunung des Papiers und die Gefahr der Silberfischlein erläutert. Ideale Bedingungen wären 18 Grad Celsius und ca. 50 % Luftfeuchtigkeit. Der monumentale kolorierte Präsentationsentwurf eines Altarflügels auf Papier sollte nicht mehr aus 30 Lux ausgesetzt sein. Staunend kann man Theresa von Waldburg bei der Restaurierung einer reich bestickten Bischofskasel auf einem Film zuschauen. Anschaulich zeigt und erklärt sie, wie sie die Schäden des kostbaren Textils mit winzig kleinen, neuen Stoffstückchen und passend eingefärbten Fäden, die sie durch alle Stofflagen nach exakten Zuschnitten führt, in Millimeterarbeit ausbessert. Spielerisch veranlagte Besucher können dem Heiligen Wolfgang an einem großen Multi-Touch-Tisch mithilfe eines 3D-Scans von allen Seiten und bis in die Details der restauratorischen Arbeit zu Leibe rücken. Zudem lädt die Sonderschau zu regelmäßigen Live-Restaurierungen und Restauratoren-Führungen ein: der Dialog mit den Spezialisten ist durchaus erwünscht. Wer diese Ausstellung besucht, wird Objekte der alten Kunst in Zukunft sicher mit anderen Augen – gleichsam mit einem geschärften „Röntgen“-Blick – betrachten.

Diözesanmuseum St. Afra, Augsburg, bis 4. Dezember 2022.

Restaurator:innen im Fokus! Mehr über die Sonderausstellung „KEBAB“ (Kulturgut erhalten, bewahren, ausstellen und begreifen) im Diözesanmuseum St. Afra erfahren Sie im Video: 

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