17.04.2023

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Die Restauratorin als Kuratorin: Gespräch mit Laura Resenberg

Diplom-Restauratorin Laura Resenberg (links), leitende Restauratorin der Tiroler Landesmuseen, mit ihrem Team beim Aufbau der Ausstellung „Im Detail“ im Ferdinandeum, Innsbruck: Transport der Skulptur „Herz“ von Thomas Feuerstein. Foto: © Tiroler Landesmuseen / © Maria Kirchner
Diplom-Restauratorin Laura Resenberg (links), leitende Restauratorin der Tiroler Landesmuseen, mit ihrem Team beim Aufbau der Ausstellung „Im Detail“ im Ferdinandeum, Innsbruck: Transport der Skulptur „Herz“ von Thomas Feuerstein. Foto: © Tiroler Landesmuseen / © Maria Kirchner

Diplom-Restauratorin Laura Resenberg, leitende Restauratorin der Tiroler Landesmuseen, hat eine großangelegte Ausstellung über die Arbeitswelt von Restaurator:innen im Museum initiiert und kuratiert. Die Schau „Im Detail“ im Ferdinandeum zeigt die vielfältigen Tätigkeiten rund um die Erforschung, Erhaltung und Präsentation von Kunstwerken (bis 30. Juli 2023). Das Projekt entstand in enger Zusammenarbeit mit dem Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst Wien. RESTAURO sprach während der Vorarbeiten zur Ausstellung mit Laura Resenberg

Mit der Schau „Im Detail“ ermöglicht das Innsbrucker Ferdinandeum derzeit einen Blick hinter die Kulissen (bis 30. Juli 2023): Fallbeispiele erläutern die vielfältigen Tätigkeiten rund um die Erforschung, Erhaltung und Präsentation von Kunstwerken. Diplom-Restauratorin Laura Resenberg, leitende Restauratorin der Tiroler Landesmuseen, hat die Ausstellung über die Arbeitswelt von Restaurator:innen im Museum initiiert – und kuratiert. „2017 hat hier in Hall in Tirol das Sammlungs- und Forschungszentrum der Tiroler Landesmuseen eröffnet, wo unsere Depots und Restaurierungsateliers sowie die Sammlungen und Mitarbeiter:innen der  Naturwissenschaften und Archäologie  sitzen“, erklärt Laura Resenberg. „Wir sind internationaler Anziehungspunkt für Museumsfachleute, die in der Planungsphase oder Bauphase von derartigen Depots stehen, weil wir hier auf höchstem technischen Level ausgestattet sind. Fast wöchentlich haben wir Führungen und ich freue mich über die große Begeisterung und das Interesse über unser Tun. Motiviert von diesen Vorerfahrungen, kam mir dann die Idee, dass es beim Publikum sicher gut ankommen wird, wenn wir in einer Ausstellung als Restaurator:innen von unserem Beruf und von unserer Arbeit sprechen.“

Laura Resenberg initiierte und kuratierte die Ausstellung ,Im Detail’

 

Gleichzeitig möchte die Restaurierungswissenschaftlerin mit Klischees aufräumen. „Viele Leute meinen tatsächlich, Restaurator:innen sitzen an Gemälden und machen Bilder wieder schön. Die Ausstellung ,Im Detail’ soll den Besucher:innen unser wahres Tun näher bringen. Es freut mich, dass wir gerade für diese Schau in unserem Haupthaus, im Ferdinandeum, die Wechselausstellungsfläche bekommen haben, und das zur Weihnachtszeit. Von der Laufzeit ist die Schau eine der längsten Ausstellungen bisher im Ferdinandeum. Dieser Aspekt stellt uns konservatorisch auch vor so manche Herausforderung. Denn, wie erläutere ich Schäden an Papierobjekten, wenn sie konservatorisch bedingt nach drei Monaten durch Objektkopien ersetzt werden müssen?  Auch die Ausstellungsfläche, die wir bespielen, ist mit rund 800 Quadratmetern sehr groß.“


Für das Berufsfeld der Restaurator:innen ist die Schau in Innsbruck daher ein wichtiges Statement.
„So eine große Ausstellung über Restaurierung hat es in Österreich noch nie gegeben“, freut sich Laura Resenberg. „Das Besondere ist, dass wir als Restaurator:innen die Ausstellung kuratieren. Mittlerweile gibt es zwar einige Ausstellungen über Restaurierungsprojekte, aber diese werden oft von Kunsthistoriker:innen veranstaltet. Es ist ein Novum in der Museumslandschaft, dass eine Restauratorin, als Ideengeberin und Kuratorin, umsetzt. Daher wird die Schau sicherlich international Beachtung finden. Wir haben deswegen entschieden, die gesamte Ausstellung zu übersetzen. Die komplette Beschilderung ist zweisprachig in Deutsch und in Englisch. Mir liegt viel daran, dass wir im ganzen europäischen Raum wahrgenommen werden.“

Die Schau entstand in Kooperation mit dem Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst in Wien

 

Die Schau entstand in Kooperation mit dem Institut für Konservierung und Restaurierung der Universität für angewandte Kunst in Wien unter der Leitung Prof. Dr. Gabriela Krist. „Seit vielen Jahrzehnten arbeiten wir eng mit der Angewandten zusammen“, erzählt Laura Resenberg. „Anlässlich der Hochwasserkatastrophe 1985 im Innsbrucker Zeughaus bot der damalige Rektor der Angewandten, Prof. Oswald Oberhuber, den Tiroler Landesmuseen restauratorische Hilfe für die beschädigten Bestände an. Viele der Absolventinnen arbeiten bei uns im Team, und wir vergeben immer wieder Diplomarbeiten, Seminararbeiten, Projektarbeiten aus unserem Bestand an die Angewandte. Und weil in den letzten knapp zehn Jahren, seitdem ich hier im Haus bin, dort zahlreiche Objekte von uns umfangreich erforscht, konserviert und restauriert wurden, gibt es einen reichen Fundus an Analysen, Untersuchungen und Restaurierungen. Doch nach den Maßnahmen werden die Objekte häufig nicht gezeigt wie zum Beispiel das große Fastentuch von Rietz. Seit der Restaurierung bewahren wir es zusammengerollt im Depot auf. Meine Moti-
vation war nun, diese Objekte zu zeigen. Sie weisen jetzt einen perfekten Zustand auf und sind mit genügend wissenschaftlichem Material unterfüttert, das man hervorragend für die Vermittlungsarbeit nutzen kann.“

Forschung zum gotischen Altar von Schloss Tirol

 

Denn die öffentliche Vermittlung ihres Berufsstandes lag Laura Resenberg schon immer am Herzen. 2016 fiel der Startschuss für ein von den Tiroler Landesmuseen initiiertes, ganz besonderes Projekt. „In einem eigenen Projektraum im Ferdinandeum haben wir damals die Forschung zum gotischen Altar von Schloss Tirol gläsern gemacht und dort interaktiv – auch medial – in einer Schaurestaurierung gearbeitet. Wir haben das Publikum an den Forschungs- und Restaurierungsarbeiten teilhaben lassen und darüber laufend in einem Blog (https://altar-interaktiv.tiroler-landesmuseen.at/) berichtet. Heute – im Gegensatz zu vor 50 Jahren – können wir viel mehr Befunde machen, weil uns die Technik viel mehr erlaubt. Aus diesem Grund ist mir wichtig, dass wir zeigen, was wir für die Forschung leisten können.“

„Durch Detailarbeit entsteht eine tiefe Liebe zu den Objekten“

 

Dass gerade Restaurierungsarbeiten und Fragen zur Herstellung von Kunstwerken, die die Restaurator-:innen durch ihre kunsttechnologischen Untersuchungen beantworten können, das Publikum besonders interessiert, weiss Laura Resenberg. „Durch diese Detailarbeit entsteht eine tiefe Liebe zu den Objekten. Mein Team ist immer mit Herzblut und Leidenschaft dabei. Beim persönlichen Kontakt springt daher der Funke immer über.“ Aus diesem Grund arbeiten zwei Studierende von der Angewandten, eine Gemälde- und eine Textilrestauratorin, auch direkt in der Schau in Innsbruck, beantworten Fragen und stehen so in engem Kontakt mit den Besucher:innen. „Das Objekt selbst erzählt ja nicht, was ihm widerfahren ist. Dazu brauchen wir die Vermittlungsebene. Und ich finde es am idealsten, wenn die Personen, die das tatsächlich ausüben, auch die Vermittlung übernehmen.“ Ziel der Ausstellung ist auf jeden Fall, zu zeigen, wie breit das Betätigungsfeld der Restaurierung als wissenschaftlicher Beruf ist. Im Erdgeschoss werden die Besucher:innen zunächst in die Grundlagen der Restaurierungswissenschaften eingeführt. Was ist eigentlich präventive Konservierung, Restaurierung und Bestandserhaltung? Warum ist das so wichtig? Und was macht den Großteil der Arbeit von Restaurator:innen im Museum aus? Denn neben der Forschungs- und Konservierungsarbeit an der eigenen Sammlung überprüfen Restaurator:innen den Zustand der Leihgaben für Ausstellungen, definieren die Vorgaben für Verpackung und Transport, sorgen für Rahmung, sichere Hängung und ästhetische Präsentation der Exponate. Auch Schadensmechanismen wie Licht, Transport, Klima, Schädlinge oder Katastrophen werden daher in der Ausstellung vorgestellt. In einem kleinen Pavillon präsentiert die Angewandte den Aufbau und die Anforderungen ihres Restaurierungsstudiums sowie die verschiedenen Fachbereiche in kleinen Videos. Im Obergeschoss ist eine bunte Mischung an Fallbeispielen zu sehen, die die verschiedene konservatorische Fragestellungen besonders anschaulich darstellen: vom Rennrad über den Skianzug von Franz Klammer (bei den Olympischen Spielen 1976 in Innsbruck gewann der österreichische Skirennläufer Gold in der Abfahrt am Patscherkofel) bis zu niederländischen Stillleben, Textilien, Trachtengürtel, verschiedene Steinobjekte, Papier und Pergament und zeitgenössische Kunst. Mit dieser Ausstellung steht ein Besuch in Innsbruck auf jeden Fall auf der Agenda für 2023!               

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