20.01.2023

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Der Klimawandel und die Restaurierungswissenschaften

Interieur von Schloss Moritzburg mit den barocken Ledertapeten als Raumausstattung. Foto: Thomas Löther/IDK
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Interieur von Schloss Moritzburg mit den barocken Ledertapeten als Raumausstattung. Foto: Thomas Löther/IDK

Klimawandel bedroht Kulturgüter

Der globale Klimawandel macht inzwischen an historischen Liegenschaften und deren Innenausstattung bemerkbar. Zunehmende Trockenheit und lange Hitzephasen zerstören nicht nur das Gebälk, sondern auch Leinwandgemälde, Papierarbeiten, Holzmöbel oder Wandmalereien. Die Folge sind Brüche und Risse. Ein Forschungsprojekt an der Universität Bamberg unter der Leitung von Dr. Paul Bellendorf untersucht das „Schadensrisiko für Kulturgut aufgrund zu geringer relativer Luftfeuchte in Innenräumen von national wertvollen Kulturgütern“

Dr. Paul Bellendorf, Professor für Restaurierungswissenschaft an der Universität Bamberg, leitet das Forschungsprojekt „Schadensrisiko für Kulturgut aufgrund zu geringer relativer Luftfeuchte in Innenräumen von national wertvollen Kulturgütern“ gemeinsam mit der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Dr. Kristina Holl. Sie untersuchen das potentielle Risiko an Einzelobjekten und befragen deutschlandweit Denkmalverwalter*innen und Schlossbesitzer*innen, um Strategien zur präventiven Schadensbekämpfung zu entwickeln. Denn: Luftfeuchtigkeiten unter 40 Prozent werden immer öfter in Jahrhunderte alten Gebäuden gemessen. Ein Fragebogen soll jetzt im Vorfeld einer Studie dabei helfen, die klimatisch bedingten Veränderungen und ihre Auswirkungen auszuwerten. Außerdem sind die Restaurierungswissenschaftler*innen bereits dabei, drei Fallbeispiele in Sachsen und Sachsen-Anhalt zu untersuchen, etwa Schloss Moritzburg. Hier findet man den größten Bestand barocker Ledertapeten, unter anderem mit Motiven der Jagdgöttin Diana. Elf der ursprünglich 60 Räume sind noch mit der originalen Wandausstattung erhalten. „Die Bemalungen sind in den letzten Jahren aufwendig saniert worden und zeigen bereits Schäden in Form von Schrumpfungsrissen, die auf extreme Hitzeperioden zurückzuführen sind“, sagt Bellendorf.

Dr. Paul Bellendorf, Professor für Restaurierungswissenschaft an der Universität Bamberg, und Dr. Kristina Holl erklären im Video ihr Forschungsprojekt zum Thema Klimawandel und Kulturgut:

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Die klimatischen Bedingungen vor Ort und das Klima auf der Oberfläche der Objekte wird mit speziellen Messgeräten aufgezeichnet. Die Daten machen es möglich, die Schadensrisiken in Schloss Moritzburg festzustellen und mit den Daten der weiteren zwei Standorte in Bezug zu setzen. „Was wir machen, ist eine reine Beobachtung. Wie verändern sich die Oberflächen, wie bewegt sich das Holz, die Malschicht im Kontext mit dem Raumklima im Jahreszeiten-Rhythmus?“, resümiert Bellendorf.  In Planung sind ähnliche Untersuchungen auf Schloss Augustusburg, dessen Schlosskirche einen Cranach-Altar und eine Cranach-Kanzel von 1572 beherbergt. Das von Lucas Cranach dem Jüngeren gemalte Sakralbild zeigt das einzig erhaltene Bildnis von Kurfürst August und seiner Familie.

Seit den 1990er-Jahren wurden die Risse an dem berühmten Kunstschatz immer länger. Die nur noch 1,15 Zentimeter dicken Lindenholztafeln mussten deshalb verstärkt werden, eine Klimakammer wurde an die Rückseite der Tafel gebaut. Das Bild sollte so weniger den klimatischen Schwankungen ausgesetzt sein. Unschöne Retuschen ließ man verschwinden. Nach dieser siebenjährigen Restaurierung liefert heute eine an den Altar angeschlossene Klimabox Daten über die kleinste Veränderung des Sakralbilds. Im Gespräch als Lösung gegen die drohenden Schäden sind neue Funktionsgläser, die für weniger thermischen Eintrag sorgen könnten, etwa Infrarot-Schutzglas. 

 

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