Beinahe jeder hat sich schon einmal das Ruinenfeld Pompejis angeschaut und einen Eindruck von der Aufteilung der antiken Stadt gewonnen. Weitere Einblicke in das alltägliche Leben und in die Ausstattung der Häuser bleiben jedoch verwehrt. Denn gefundenes Inventar wie Fresken, Marmorreliefs oder Statuen wurde aus konservatorischen Gründen in Museen wie das Archäologische Nationalmuseum Neapel gebracht. Diese Lücke füllt die Hamburger Ausstellung „Pompeji. Götter, Mythen, Menschen“. Sie zeigt Wandmalereien und Kunstwerke in ihrem ursprünglichen Kontext – in einem architektonischen Rahmen, der einem der größten Stadtpaläste Pompejis angeglichen ist.
Wandmalerei in den Vesuvstädten
Die Kuratoren des Bucerius Kunstforums und des Archäologischen Museums Neapel widmen sich dem Thema „Pompeji“ auf zweierlei Weise: Den Ausgangspunkt der Ausstellung bildet ein Überblick über Wandmalerei aus zwei Jahrhunderten mit thematisch geordneten Beispielen aus Pompeji und dem benachbarten Herculaneum. Dieser Teil der Schau zeigt die Entwicklung der Wandmalerei in den Vesuvstädten von ihren Anfängen bis zum Untergang der Stadt beim Ausbruch des Vesuvs im Jahr 79 n. Chr.
Kunst in ihrem ursprünglichen Kontext
Im Mittelpunkt der Ausstellung steht die Rekonstruktion und Ausstattung eines der größten und prächtigsten Stadtpaläste Pompejis, die Casa del Citarista. Eine 1:1 Rekonstruktion war nicht möglich, denn der Palast hatte ursprünglich eine Grundfläche von 2700 Quadratmetern und das Bucerius Kunstforum nur eine Fläche von 800 Quadratmetern zur Verfügung. Die Rekonstruktion zeigt verschiedene Funktionsbereiche des Hauses und präsentiert mit über 80 Leihgaben aus dem Archäologischen Museum Neapel – darunter großformatige Wandmalerei, Bronze- und Marmorfiguren, ein großes Mosaik sowie Kultgeräte, Reste von Möbeln und Schmuckgegenstände – erstmals die gesamte erhaltene Ausstattung eines Palastes weitmöglichst in ihrem ursprünglichen räumlichen Kontext. Eine dort gefundene, fast lebensgroße Bronzestatue des Apoll mit der Kithara aus dem späten ersten Jahrhundert v. Chr. gab dem Hauskomplex seinen Namen „Casa del Citarista“ und ist ebenfalls in der Ausstellung zu sehen. Den Palast bewohnten die Popidier, eine der reichsten Familien Pompejis, die das Gebäude seit der Errichtung um 300 v. Chr. über Generationen erweiterte. Für die Schau wurden einige Fresken, ein Mosaik und eine Statuette mit Mitteln der ZEIT-Stiftung Ebelin und Gerd Bucerius restauriert.
Diese sehr empfehlenswerte Ausstellung zeigt die große Bedeutung der Kunst im Alltag von Pompeji. Der Besucher bekommt durch die Rekonstruktion des Palastes mit seiner Ausstattung einen reellen Eindruck des Lebens in der Vesuvstadt. Eine digitale Rekonstruktion der Casa del Citarista hilft dabei.