„Unsere Arbeit begann zunächst einmal mit der Grundinstandsetzung”
Das Neue Schloss in Stuttgart zählt zu den größten denkmalgeschützten Gebäuden in Baden-Württemberg und kann auf eine lange Geschichte bis zurück ins 18. Jahrhundert blicken. Ab 1746 in mehreren Phasen erbaut, erfolgte 1807 die Fertigstellung des Schlosses. Durch Luftangriffe im Jahr 1944 wurde das Schloss nahezu völlig zerstört und brannte bis auf wenige, stehengebliebene Außen- und Innenwände ab. Um das unter Denkmalschutz stehende Gebäude vor weiterem Zerfall zu bewahren, wurde 1949 mit der Sicherung der Ruine begonnen. Der eigentliche Wiederaufbau erfolgte zwischen 1958 und 1964. Seither beherbergen die Flügel und der Mitteltrakt des Schlosses Räumlichkeiten der öffentlichen Verwaltung. Ein bauzeitliches Dokument aus der Wiederaufbauzeit des Neuen Schlosses sind über 800 verbaute Verbundfenster, die nun nach über 60 Jahren sanierungsbedürftig waren. Aus diesem Grund schrieb das Land Baden-Württemberg im Jahr 2019 die Sanierung von Holzfensterelementen sowie Verglasungsarbeiten im Planie- und Rosengartenflügel aus. Die Lose umfassten über 800 Holzfenster sowie eine Fensterfläche von mehr als 2.000 Quadratmetern. Es galt, die energetischen Anforderungen an ein als Verwaltung genutztes Gebäude und den Denkmalschutz in Einklang zu bringen.
Den Auftrag erhielt die Holzmanufaktur Rottweil in Baden-Württemberg. Seit mehr als 35 Jahren ist das Unternehmen in der Denkmalpflege tätig und auf das Erhalten von historischen Ausstattungen, besonders auf Fenster, spezialisiert. Solche Großprojekte reizen Hermann Klos, Geschäftsführer der Holzmanufaktur Rottweil: „Es macht mir sehr viel Spaß, solche Herausforderungen anzunehmen. Zu Beginn war es beschlossene Sache, dass diese 800 Fenster erneuert werden. Ich habe auf Grundlage von Anregungen und Konzepten einen Weg gefunden alle Beteiligten dafür zu begeistern, dass man die Fenster nicht herauswirft, sondern, dass man sie so verbessert, dass sie allen gewünschten Anforderungen entsprechen.“
Wie Bestand erhalten?
Die Grundlage der Entscheidung für die Bestandserhaltung bildeten zwei Musterfenster der Holzmanufaktur Rottweil. Während einer Bemusterungsphase von zwei Jahren realisierte das Unternehmen die Wünsche des Umweltschutzes, des Landeskriminalamts und der Denkmalpflege – ohne dabei tiefere Eingriffe in den Bestand ausführen zu müssen. „Unsere Arbeit begann zunächst einmal mit der Grundinstandsetzung. Hier wird der Bestand überarbeitet: Nicht intakte Teile werden erneuert und die Funktion der Fenster wird überprüft, sodass sie wieder ihrer ursprünglichen Form entsprechen“, erklärt Hermann Klos. „Im nächsten Schritt gab es dann viele verschiedene Ansprüche zu erfüllen: Das Umweltministerium forderte zum Beispiel, dass die Fenster in Zukunft einen definierten Ug-Wert von 0,9 W/(m²K) vorweisen können, dass der Schallschutz und die Sicherheit gewährleistet ist und ganz wichtig, dass ein Sonnenschutz integriert wird. Denn in öffentlichen Gebäuden in Baden-Württemberg dürfen keine Klimaanlagen mehr verwendet werden, also wird eine andere Art des Sonnenschutzes benötigt.“
Lesen Sie weiter in der Ausgabe der RESTAURO 4/2021 (Schwerpunkt Denkmalpflege).
Denkmalberatung übernimmt auch Professor Barbara Schock-Werner. Der ehemaligen Dombaumeisterin des Kölner Doms soll die Koordination der Arbeiten an Notre-Dame – die Pariser Kathedrale ging am 15. April 2019 in Flammen auf – übertragen werden. Lesen Sie hier: Unterstützung für Notre-Dame.