14.07.2015

Museum

Ergebnisse der UNESCO-Tagung

Foto: Restauro

Katja Römer im Interview mit der RESTAURO, Foto: Restauro

Kultur ist, was wir sind. Das UNESCO-Welterbekomitee tagte gerade in Bonn. Katja Römer, Pressesprecherin der Deutschen UNESCO Kommission e. V. resümiert im Interview die Ergebnisse.

 

Das UNESCO-Welterbekomitee hat gestern mit der Bonner Deklaration unter anderem die schrecklichen Angriffe und Verbrechen gegen das kulturelle Erbe verurteilt. Wie bewertet die Deutsche UNESCO-Kommission die gestern vorgestellte Bonn Deklaration? Welche praktische Auswirkung sehen Sie?

Katja Römer: Die Verabschiedung der Bonner Erklärung wendet sich gegen Zerstörung und Plünderung von Kulturgüter, die als Kriegsinstrument gebrandmarkt und strafrechtlich verfolgt werden müssen. Mit der Erklärung erging auch ein Aufruf an den UN-Sicherheitsrat einher, nach Möglichkeiten zu suchen, den Kulturgüterschutz in Friedensmissionen aufzunehmen. Aus unserer Sicht ist dies ein besonders wichtiger Punkt. Am Beispiel Malis haben wir gesehen, dass Friedensmissionen erfolgreich in dieser Richtung arbeiten können.

Bereits eine Resolution des UN-Sicherheitsrates (Nr. 2199) verbietet den Handel mit irakischen und syrischen Kulturgütern, der eine wichtige Finanzierungsquelle für terroristische Taten darstellt. Diese Resolution hat erste Erfolge gezeigt: Polizeistationen in zahlreichen Ländern, unter ihnen Finnland, Libanon, Jordanien, Großbritannien und USA konnten bereits Güter aus Syrien und dem Irak feststellen.

 

Die ebenfalls gestern vorgestellte Initiative „Unite4Heritage“ richtet sich auch ausdrücklich an die Zivilgesellschaft. Welche Erwartungen knüpfen Sie daran?

Römer: Im Rahmen der Kampagne haben sich gestern UNESCO-Generaldirektorin Bokova und Staatsministerin Böhmer in einer persönlichen Erklärung geäußert. Vor dem Hintergrund der Zerstörungen, die insbesondere seit den Angriffen in Mali beobachtet werden müssen, sollen damit Aufmerksamkeit und Öffentlichkeit für bedrohte Kulturgüter weltweit hergestellt werden. An der jetzigen Kampagne, die speziell den Nahen Osten im Fokus hat, sollen sich alle beteiligen und ein Zeichen setzen, dass Ihnen das Welterbe wichtig ist, dass es ihre Identität bestimmt und Grundlage für unser gesellschaftliches Miteinander ist. Denn Kultur ist, was wir sind.

Darüber hinaus wurde die globale Koalition „Unite4Heritage“ gegründet, die konkrete Maßnahmen nach sich zieht. Unter dem Dach der UNESCO sollen durch Kooperation zivilgesellschaftlicher und staatlicher Organisationen sowie vielen anderen, wie zum Beispiel Interpol, der Weltzollorganisation, bewaffneten Truppen, Medienvertretern, Museen und dem Kunsthandel der illegale Handel mit Raubgut verfolgt und unterbunden werden.

 

Den immensen Aufgaben im weltweiten Kulturgüterschutz stehen beschränkte finanzielle Mittel zur Verfügung. Wie können in dieser schwierigen Situation langfristig alle anstehenden Aufgaben der UNESCO erfüllt werden?

Römer: Das Welterbekomitee hat sich in Bonn sehr intensiv mit der in der Tat kritischen Finanzsituation beschäftigt. Sie haben entschieden, dass die Priorität bei der Mittelausgabe auf dem Erhalt der Welterbestätten liegen muss. Diese Entscheidung war ein wichtiger Schritt.Im Regelfall sorgen Staaten, die einen Welterbestatus für eine Stätte beantragen, auch für deren Schutz und übernehmen die resultierenden finanziellen Belastungen. Länder, die nicht so finanzstark sind, können zum Beispiel für Rekonstruktionsmaßnahmen oder die Ausbildung von Experten Hilfe des Welterbenothilfefonds der UNESCO in Anspruch nehmen. Doch die Knappheit finanzieller Mittel zwingt auch zur Suche nach kreativen Lösungen: Kooperationen mit privaten Partnern werden bereits erfolgreich praktiziert. Nicht nur die Bereitstellung finanzieller Mittel, sondern auch der Einsatz von Unternehmsexpertise zum Erhalt von Welterbestätten ist ein wichtiger Beitrag der Privatwirtschaft. In Deutschland haben wir mit dem Reinigungsspezialisten Kärcher ein Modellprojekt aufgesetzt, das zeigt, wir ertragreich Public-Private-Partnerships für das Welterbe sein können.

 

Die Erbeliste umfasst mittlerweile über 1.000 Stätten des Kultur- und Naturerbes der Welt. Vor dem Hintergrund der vielen Krisenherde auf der Welt – ist die praktizierte Welterbestrategie noch zeitgemäß?

Römer: Die Welterbekonvention von 1972 ist das erfolgreichste Instrument für die internationale Kulturpolitik und den Schutz des Welterbes. Die vielen Nominierungen in jedem Jahr und das Renommee der bestehenden Welterbestätten beweisen, dass kein anderes Instrument auf dieser Welt auch nur annähernd so erfolgreich ist. Die Idee des Welterbes entspricht einem modernen, auf Dialog, Kooperation und Verständigung ausgerichteten Kulturverständnis.

 

Was sind jetzt die dringendsten Aufgaben?

Römer: Die zunehmende Zerstörung und Plünderung von bedeutenden kulturellen Stätten durch Extremisten ist erschreckend. Und das Welterbekomitee hat sich dem im Rahmen der Bonner Sitzung entschieden entgegengestellt. Doch trotz dieser schwierigen Debatten dürfen wir nicht vergessen, dass die Welterbekonvention und ein Großteil der 1.031 in die Welterbeliste eingetragenen Stätten erfolgreich einen globalen Dialog ermöglichen und das friedliche Zusammenleben von Religionen und Ethnien fördern. Das ist der wahre Wert des Welterbes, und den gilt es zu schützen.

Im Vorfeld der Tagung gab es einen gewissen Aufruhr durch die Empfehlung des ICOMOS, den Naumburger Dom und die mittelalterliche Herrschaftslandschaft von Saale und Unstrut nicht in die Welterbeliste aufzunehmen. Wie geht das UNESCO-Welterbekomitee am Sonntag mit dieser Präjudiz um.

Römer: Die Veröffentlichung der Berichte ist ein Zeichen der größtmöglichen Transparenz, welche die Entscheidungsprozesse des Welterbekomitees begleitet. Die Empfehlungen sind sehr ernst zu nehmen, die beratenden Gremien haben sich intensiv mit den Dossiers und den Stätten vor Ort beschäftigt. Die Stätten haben die Möglichkeit, auf die Bewertung zu reagieren, auf vermeintliche Fehleinschätzungen hinzuweisen usw. Unabhängig von den Empfehlungen ist das Welterbekomitee natürlich autonom in seiner Entscheidung. In den letzten Jahren ist es durchaus vorgekommen, dass das Komitee sich gegen die Empfehlung ausgesprochen hat. Insofern bleibt uns nur, die Entscheidung am kommenden Sonntag abzuwarten.

 

Eine letzte Frage zur Roten Liste, in denen der Status gefährdeter Welterbestätten verzeichnet wird. Hat das System Ihrer Meinung nach Erfolg?

Römer: Ja, die rote Liste ist ein Instrument, um auf Bedrohungen an Stätten aufmerksam zu machen und die Völkergemeinschaft zur Hilfe zu rufen. Lassen Sie mich ein gutes Beispiel der diesjährigen Konferenz anbringen. Der Los Katíos National Park in Kolumbien hat es geschafft, durch gezielte Schutzmaßnahmen aus der Roten Liste ausgetragen zu werden und wieder auf die reguläre Welterbeliste zu gelangen. Die Rote Liste ist also nicht die letzte Instanz vor dem Rauswurf, sondern im Gegenteil ein Warnsignal verbunden mit dem Aufruf, für einen besseren Schutz des Welterbes zu sorgen, Missmanagement und Verfall zu stoppen.

 

Das Interview führte Heike Schlasse.

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