01.06.2016

Projekte

Stadtmauer Bamberg

„Quartier an der Stadtmauer"
„Quartier an der Stadtmauer”

Herr Kirchner, wenn Sie als neuer Sparkassendirektor sagen, dass „[…] es auch um Stadtreparatur geht“, was bewirkt die Sparkasse Bamberg für den Denkmalschutz?

 

Bambergs Altstadt – ein Weltkulturerbe – wird im ehemaligen jüdischen Quartier umgestaltet. Der Grundstückseigentümer ist die Sparkasse Bamberg. In einem Interview mit dem neuen Direktor, Stephan Kirchner, hat RESTAURO gezielt die restaurierungsbedürftigen Denkmale des Bauvorhabens in Bamberg hinterfragt.

 

 

Stephan Kirchner: Wir befinden uns mit unserem Projekt mitten im Weltkulturerbe. Und seit rund 18 Jahren hat man versucht, das Projekt zu entwickeln. Aus den Häusern sind die Bewohner ausgezogen und mit der Zeit sind die Wohnbauten sukzessive verfallen. Zudem ist kein schlüssiges Konzept gefunden worden. Seit Mitte des Jahres 2016 gab es einen Vorstandswechsel und daraufhin führen wir das Projekt in Eigenregie zu Ende. Mit der sontowski & partner group haben wir uns jemanden gesucht, der sowohl das Verständnis für denkmalgeschützte Objekte hat, als auch darüber Bescheid weiß, diese in situ zu erhalten.

Soll dann der Mix aus Wohnen, Dienstleistungen, Textilangebot und Hotelbranche in die Hinterlassenschaften des kulturell jüdischen Erbes integriert werden?

Unser Anspruch ist es: Wir erhalten alles, was denkmalwürdig ist und ergänzen in den Lücken. Die Lücken füllen wir mit neuen Gebäuden, die sich aber entsprechend anpassen. In einer Weltkulturerbestadt gelten natürlich auch andere Ansprüche.

 

Wie schätzen Sie den Erhaltungszustand der barocken Stuckdecke ein?

Vor ein paar Jahren wurde schon geprüft, ob es eine Möglichkeit gibt, diese Stuckdecke durch Spezialisten abzunehmen. Das konnte aber nicht bestätigt werden. Die Stuckdecke wirkt relativ porös. Hier hat sontowski & partner Spezialisten hingeschickt, die derzeit prüfen, ob eine Erhaltung dieser Stuckdecke möglich ist.

 

 

Und wie sieht das im Fall der Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert aus?

Die Teile der Stadtmauer aus dem 13. Jahrhundert sind nur noch schemenhaft aufgrund von Verschüttung zu erkennen. Sie wurde abgebaut und durch eine Stadtmauer aus dem 15. Jahrhundert ersetzt. Auf Nachbargrundstücken ist sie teilweise zu sehen und läuft durch das Quartier.

Was geschieht mit der Mikwe?

Hier sind die Untersuchungen noch nicht weit genug. Was wir wissen, ist, dass die Mikwe aus dem Mittelalter ist. Die Besonderheit liegt darin, dass in vielen deutschen Städten die Juden im 14. oder 15. Jahrhundert bereits aus den Innenstädten vertrieben waren und damit ein Rückbau der Mikwe stattgefunden hat.

Demnächst finden neue Grabungen statt, weil wir noch nicht wissen, ob die Mikwe noch im Komplettzustand erhalten war. Eine Mauer des vierseitigen Tauchbades ist vorhanden und das Reinigungsbecken ist zum Teil freigelegt. Auf der Pressekonferenz in München [Anm. d. Red. Februar 2016] sind zwei Überlegungen zur Sprache gekommen: Entweder wird die Mikwe optisch zugänglich gemacht oder sie wird erhalten, aber verschlossen.

Jetzt muss erst geprüft werden, ob dies statisch und technisch möglich ist, weil das Gebäude oberhalb der Mikwe denkmalgeschützt ist. Unsere jetzigen Planungen laufen darauf hinaus, dass wir einen Zugang im Bereich des Erdgeschosses herstellen und eine Glasplatte den Eingang schützt. So wäre die Mikwe optisch zugänglich.

 

 

Sind Überlegungen zu einem neuen jüdischen Museum geplant?

Es ist denkbar, wenn die Mikwe optisch erhalten werden kann, dass der Raum für die kulturelle Vermittlung genutzt wird. In Absprache mit Frau Dr. Regina Hanemann [Anm. d. Red. Direktorin der Museen der Stadt Bamberg], könnte überlegt werden, ob der circa 20 bis 30 Quadratmeter große Raum mit Vitrinen ausgestattet werden kann. Des Weiteren zeigt das Historische Museum Bamberg momentan die Ausstellung „Jüdisches in Bamberg“. Außerdem könnte über eine Kombination zwischen Ausstellung und den Funden im Quartier nachgedacht und zusätzlich Stadtführungen angeboten werden.

Gibt es noch weitere historische Fundobjekte, von denen die Öffentlichkeit bisher noch nichts weiß?

Demnächst untersuchen wir ein Gebäude, welches wir mit „Hand abbrechen werden“, um der Archäologie die Möglichkeit zu geben, hier zu forschen. Die alte Stadtmauer stellt in diesem Gebäude eine tragende Wand dar, die von Fliesen geziert wird. Diese Wand gehörte zu einem einstigem Delikatessen- oder Fischgeschäft aus den 1940er oder 1950er Jahren. Leider ist diese Wand beschädigt. Auch dieses Objekt wird in unser Projekt voll integriert. Ein weiteres denkmalgeschütztes Gebäude „Promenade 7“ [Anm. d. Red. Verbindungsstraße zwischen Franz-Ludwig-Straße und Lange Straße] wird in dem Zuge übrigens auch hergerichtet, damit der Stadtteil eine echte Aufwertung erfährt.

Glauben Sie, Herr Kirchner, wenn im September 2016 die Grundsteinlegung erfolgt, dass bis Winter 2017 das Projekt abgeschlossen sein wird?

Wir haben einen sehr straffen Zeitplan. Schlussendlich soll das Quartier an der Stadtmauer in Bamberg bis Winter 2017 fertiggestellt sein. Ob wir dann im Sanierungsbereich schon alles fertig haben, dass kann ich nicht zu hundert Prozent sagen. Ehrlich gesagt, wollen wir uns lieber Zeit lassen, weil es ja um denkmalgeschützte Häuser geht.

Das Interview führte Madita Näckel.

Einen Bericht zur Neugestaltung des ehemaligen jüdischen Quartiers in Bamberg lesen Sie in der RESTAURO 4/2016, welche Anfang Juni 2016 hier erhältlich ist. 

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