Bauplan statt Partitur, Zollstock statt Taktstock – die Restaurierung der Staatsoper Unter den Linden kam über weite Strecken selbst einer Aufführung gleich. Davon erzählt eine im März 2022 erschienene Ausgabe der „Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin“. Acht Jahre dauerten allein die Modernisierungs- und Instandsetzungsmaßnahmen. Eine intensive Phase voller Komplikationen, explodierender Kosten und öffentlicher Debatten. Zur Wiedereröffnung am 7. Dezember 2017 zeigte sich jedoch, wie gut sich die Ansprüche eines modernen Opernbetriebs mit dem Respekt vor dem historischen Baubestand in Einklang bringen lassen. Nicht zuletzt dank einer engen Zusammenarbeit zwischen den Bauverantwortlichen, der Staatsoper und der Denkmalpflege.
Lange schien ein Konsens so aussichtsreich wie die Quadratur eines Kreises. Zu unterschiedlich waren die Interessen: Zum einen war da der berechtigte Wunsch nach Modernisierung. Technisch und vor allem akustisch konnte das traditionsreiche Opernhaus Unter den Linden im internationalen Vergleich nicht mehr mithalten. Generalintendant Daniel Barenboim wurde nicht müde, diesen Mangel zu monieren und zudem die Verlängerung der Nachhallzeit von 1,2 auf 1,6 Sekunden zu fordern. Demgegenüber stand das Anliegen des Denkmalschutzes, die historische Substanz weitgehend zu erhalten bzw. zu rekonstruieren.
Richard Paulick baute die zerstörte Staatsoper 1952–55 im Sinne von Knobelsdorff wieder auf
Doch welche historische Substanz? Immerhin blickt die Staatsoper Unter den Linden auf eine lange Geschichte mit zahlreichen Umbauten – bedingt durch Brände, Kriege und veränderte Anforderungen – zurück. König Friedrich II. hatte das Opernhaus 1740 bei seinem Freund, dem Architekten Georg Wenzeslaus von Knobelsdorff, in Auftrag gegeben. Dieser versah das einst neopalladianische Langhaus mit verspielten Rokoko-Dekorationen im Innenraum – in einer Bauzeit von nur zwei Jahren. Nach dem Krieg baute Richard Paulick die zerstörte Staatsoper 1952–55 im Sinne von Knobelsdorff wieder auf. An Paulicks Gestaltungskonzept des Ensembles aus Staatsoper, Intendanz und Probenzentrum orientierte sich dann das Architekturbüro HG Merz, das 2009 die Leitung der Sanierung des maroden Gebäudes übernahm.