26.08.2016

Museum

Sanierung von Stadtmauern: Das Beispiel Goslar

Christine H. Bauer (Hg.): „Sanierung historischer Stadtmauern.” Fraunhofer IRB Verlag

Sanierungsarbeiten in Goslar

 

„Sanierung historischer Stadtmauern“ – ein Tagungsband informiert, gibt Handlungsanweisungen und glänzt mit vielen praktischen Beispielen.

Anamnese. Diagnose. Therapie. Zumindest sprachlich sind Medizin und Sanierung nah beieinander. Bei beiden hat sich der Dreischritt bewährt, in beiden Disziplinen ist er Grundlage des Handelns, auch wenn die konkrete Ausführung dann doch einige Unterschiede aufweist – nicht nur, wenn es um Mauern oder im besonderen Fall um Stadtmauern geht.

Diesem Thema widmete sich 2015 ein Fachkolloquium in Goslar. Die Zusammenfassung der Vorträge ist jetzt als lesenswerter Band mit zahlreichen Abbildungen erschienen. Den Rahmen bilden die Sanierungsarbeiten in Goslar, über die Christine H. Bauer, Mitarbeiterin beim Fachdienst Weltkulturordnung, Bauerbe, Denkmalschutz der Stadt Goslar und Herausgeberin des hier besprochenen Bands, schreibt: „Der Bestand der Stadtbefestigung stellt eine große Herausforderung hinsichtlich seiner Erhaltung und Pflege dar. Seit mehr als 140 Jahren bemühen sich die Stadt und ihre Bürger, die noch vorhandenen Relikte der Befestigungsanlagen zu bewahren. (…) Im Zuge dieser Maßnahmen werden zugleich bauhistorische und materialkundliche Untersuchungen durchgeführt, um weitere Erkenntnisse über die historische Bauweise der Stadtmauern zu erlangen.“

Tipps und Handlungsanleitungen

Goslar als Beispiel unter vielen, als Anschauungsobjekt und als Grundlage für weitere Forschungen – so offen stellt sich der Tagungsband dar und gibt damit Handlungsanleitungen auf unterschiedlichsten Ebenen. Etwa bei der Sanierungsplanung, für die der beratende Ingenieur Andreas Bewer viele Tipps hat. Etwa: „Bauen ist immer ein zivilisatorischer Prozess.“ Und: „Begründete Entscheidungen unter Beachtung der Erfolgsziele und der Erfolgskriterien im Prozess der Entscheidungsverdichtung sind herbeizuführen.“ Das klingt nach Allgemeinplätzen, doch angesichts der vielen Beispiele misslungener Stadtmauer-Sanierungen in diesem Band ist hier sicher nicht der Ort, über solche Sätze zu witzeln.

Denn Negativbeispiele gibt es ziemlich viele: Da wurde bei der „statischen Ertüchtigung“ einer Schlossmauer offenbar sulfatbeständiger Mörtel verwendet. „Nach kurzer Zeit stellten sich im gesamten Mauerwerk Risse ein“, denn der Mörtel reagierte sehr wohl mit dem sulfathaltigen Mauerwerk und bildete wasserhaltige Sulfate, die als Treibmittel wirkten, wie der Sachverständige Lothar Goretzki im Kapitel „Material- und Schadensanalyse am historischen Mauerwerk“ schreibt. Nachdem eine Turmmauer mit einer weißen Putzschlämme versehen worden war, stellten die Bauherren fest, dass sie vergessen hatten, ausreichende Tropfkanten herzustellen. Die weiße Farbe wurde schnell wieder „abgewaschen“.

Der Goslarer Tagungsband verspricht keine Hilfe in allen Fällen, umreißt aber anhand vieler verschiedener Fallbeschreibungen Problemfelder und Lösungsmöglichkeiten. Außerdem versammelt er mehrere Beiträge, die konkrete wissenschaftliche Ergebnisse beschreiben und neue Untersuchungsgeräte vorstellen, zum Beispiel ein Bauradar und die 3-D-Fotogrammetrie.

Auch wenn sich einige allgemeine Statements doppeln, ist der Band doch voller grundlegender und tiefgehender Informationen, die nicht nur Projektplanern helfen, sondern auch Fachleuten interessante Informationen liefern.

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