Jonas Roters ist Diplom-Restaurator für die Untersuchung, Konservierung und Restaurierung von Wandmalerei und
Architekturfarbigkeit und Dozent für Konservierung und Restaurierung von Architektur und Ausstattung an
der Hochschule der Künste Bern HKB. Ein Interview
Jonas Roters und das Buzludzha-Monument
Jonas Roters zu interviewen heißt, von Anfang an über Grundsätzliches zu sprechen. „Wenn wir als Konservator:innenschaft praktisch arbeiten wollen, dann müssen wir die Aufgabe übernehmen, ein Verständnis darüber zu vermitteln, wie wertvoll authentische Spuren sind und dass insbesondere an Reibungspunkten fundierte Fragen aufkommen. Es geht nicht um Wiederherstellung, es geht um Möglichkeiten, Erkenntnisse aus unverfälschten Quellen heraus zu gewinnen.“
Eine solche Quelle ist für Jonas Roters, Dozent für Konservierung und Restaurierung von Architektur und Ausstattung an der Hochschule der Künste Bern HKB, das Buzludzha-Monument. Es ist eines der größten Verherrlichungsbauwerke des Sozialismus in Bulgarien – mit riesigen Mosaiken und mit einem großen roten Stern auf dem zugehörigen Turm. Nach 1990 stark zerstört, bemüht sich seit einigen Jahren eine bulgarische Projektgruppe um seine Sicherung. 2019 und 2020 gab es eine erste, von der Getty Foundation finanzierte internationale Kooperation, an der Jonas Roters und seine Student:innen beteiligt waren.
Was wollen wir vergessen? Was wollen wir bewahren?
Für ihn vereint die Beschäftigung mit diesem Monument alle Fragen, die ihn in seinem Beruf als Konservator/Restaurator beschäftigen. „Wenn man sich in diesem Spannungsfeld der Konservierung annähert, ist es genau die Frage: Was wollen wir vergessen? Was wollen wir bewahren? Das ist verbunden mit dem Kennen und Erkennen des Werkes, das ich bewahren will.“ Fragen nach Vergangenheit und Zukunft bestimmten bereits die Wahl seines Studienortes. In Westdeutschland geboren, zog Jonas Roters zum Studium der Konservierung und Restaurierung von Wandmalerei und Architekturfarbigkeit nach Dresden und blieb 15 Jahre – auch um die jüngste deutsche Geschichte zu verstehen.
„Technische Fragen sind Fragen der Ressourcen“
In Bulgarien verstand Jonas Roters schnell, warum das Betonmonument zur Ruine wurde. „Ich als Konservator/Restaurator war geschockt vom desolaten Zustand und mir wurde klar, dass nicht nur die Naturgewalten diesen Zustand herbeigeführt haben, sondern menschliches Gefühl, Ängste, Nöte, Wut, verlorene Hoffnung.“ Ja, er gehe an jedes seiner Restaurierungsprojekte mit großer Emotionalität, sagt Jonas Roters schlicht. Man glaubt es ihm sofort. „Technische Fragen sind Fragen der Ressourcen, denn ob etwas konservierbar ist, ist nur eine Frage des gesellschaftlichen Wollens“, sagt Jonas Roters. Diese Entscheidung ist in Bulgarien noch nicht endgültig gefallen. Eine Tendenz lässt sich erkennen: private Spender aus Bulgarien finanzierten das Notdach für einen großen Teil der Mosaiken.
Trotz seiner Begeisterung für das bulgarische Projekt, will er die Existenz der 70.000 Tonnen Beton in der Natur in keiner Weise glorifizieren. „Was ich verteidige ist, seine Existenz nicht auszulöschen, damit zu leben, daran zu wachsen und Lehren daraus zu ziehen.“ Würde am Ende für die Zerstörung entschieden, wäre das für ihn akzeptabel. „Ich bin persönlich engagiert, aber ich bin nicht persönlich verhaftet“, sagt Jonas Roters. Wichtig sei ihm, dass eine solche Entscheidung nicht diskurslos passiere und mit allen Konsequenzen bewusst getroffen werde. All das sei in Bulgarien erreicht worden, auch wenn das erste internationale Projekt vor Ort beendet ist. Jonas Roters hat weiterhin mit den Akteuren zu tun und in seiner Lehre in der Schweiz sind die bulgarischen Fragen die Fragen, die ihn auch sonst interessieren. Denn: „Viel Beton gibt es nicht nur in Bulgarien und Fragen der Erhaltung von Bauten der Moderne werden auch in der Schweiz diskutiert.“