„Den Isenheimer Altar sah ich zweimal, ein gewaltiges Werk von unerhörter Kühnheit und Freiheit abseits aller Komposition oder Konstruktion und unerklärlich geheimnisvoll in seinen Zusammenhängen“, schrieb Otto Dix an seine Frau Martha am 9. September 1945. Dieser Brief ist mit mehr als 100 Werken des Malers im Museum Unterlinden zu sehen. Gemälde, Zeichnungen, Grafiken und Archivmaterial aus aller Welt, darunter Leihgaben aus großen öffentlichen Sammlungen wie dem Musée national d’art moderne in Paris, dem MoMA in New York und den Vatikanischen Museen.
Der Isenheimer Altar, von Matthias Grünewald im 16. Jahrhundert geschaffen, hat seit seiner Wiederentdeckung im späten 19. Jahrhundert viele Künstler wie Böcklin, Klee, Baselitz oder Picasso inspiriert. Dix habe sich allerdings während seines gesamten Schaffens auf den Isenheimer Altar bezogen, betont Kuratorin Frédérique Goerig-Hergott.
Restauriertes Highlight
Zu den Highlights der Ausstellung zählt auch das Triptychon „Madonna vor Stacheldraht“ aus der Kirche Maria Frieden in Berlin-Mariendorf, das nur selten ausgeliehen wird und von den Restauratoren des Museums restauriert wurde. Es ist das letzte von Dix gemalte Triptychon aus dem Jahr 1945. Die Arbeit war für die katholische Kapelle des Gefangenenlagers bestimmt, in das Dix kurz vor Ende des Zweiten Weltkriegs gekommen war. Es zeigt Maria mit Kind sowie die Heiligen Paulus und Petrus vor einer Schar Kriegsgefangener und einer vom Krieg zerstörten Häuserlandschaft. „Die wichtigste Maßnahme der Restaurierung war, die Haftung der Malschicht zu überprüfen und eventuell von Abplatzungen gefährdete Stellen zu lokalisieren. Weiterhin haben wir eine leichte Säuberung der Malschicht vorgenommen, was einen minimalen Eingriff in die Malsubstanz bedeutet“, erläutert Restauratorin Carole Juillet. Die hölzernen Tafeln seien in exzellenter Verfassung und mit Gesso grundiert, um ein Verziehen des Holzes zu vermeiden.
Bei der Untersuchung des Gemäldes konnte man drei verschiedene Übermalungen unterscheiden. Die älteste Übermalung ist im Bereich des Himmels und der Wolken in der mittleren Tafel zu finden. Die Übermalungen auf der Tafel mit dem Heiligen Peter im Bereich seines Mantels sowie im Bereich des Kleides der Maria könnten von Dix selbst stammen. Die Technik in Öl/Tempera gleicht der Technik des gesamten Triptychons. Juillet weiter: „Wir haben von dieser Leihgabe sehr profitieren können, denn es ist immer interessant, die Maltechnik eines Künstlers aus allernächster Nähe studieren zu dürfen und damit ein Mosaiksteinchen zur Otto-Dix-Forschung beitragen zu können.“
Interessierte können sich das restaurierte Gemälde mit seinen Übermalungen und seinem Bezug zu Grünewald in der Ausstellung „Otto Dix – Isenheimer Altar“ noch bis zum 30. Januar 2017 anschauen.