Wie kamen Sie als Kölner Studentin an den Hamburger Bahnhof nach Berlin und zu diesem Projekt?
Elebe: Ich hatte ein Semesterpraktikum im Hamburger Bahnhof und habe die Arbeit von Mario Merz in der Werkstatt gesehen. Sie faszinierte mich, weil sie mir so fremd war. Ich kannte wenig von diesem Künstler. Aber vor allem faszinierten mich die Materialien: diese Blöcke aus Leinölkitt in Folie verpackt und die Leuchtziffern darauf.
Aber dann gingen Sie erst einmal zurück zum Studium.
Elebe: Ja. Ich habe in Hildesheim meinen Bachelor gemacht und wechselte dann nach Köln, weil mich moderne Materialien sehr interessierten. Für den Master musste ich mich dann gleich für ein Projekt entscheiden. Da war ich ganz glücklich, dass es diese Zusammenarbeit zwischen Museum und Hochschule gab.
Hat Ihnen das weitere Studium bei dem Projekt genutzt?
Elebe: Ja, unbedingt. Ich habe Kurse zur Kunststoffanalyse belegt, zusätzlich Vorlesungen zur zeitgenössischen Kunst gehört. Außerdem gab es einen ständigen Austausch mit Carolin Bohlmann, der Restauratorin vor Ort, und meiner Professorin Friederike Waentig an der Hochschule. Das Wissen und die Ratschläge der beiden haben mir immer sehr weitergeholfen.
Woher kommt Ihre Faszination für das Werk? Kannten Sie den Künstler?
Elebe: Nein, über den Künstler wusste ich bis zum Beginn des Projekts nicht viel. Ich kannte nur einen seiner Iglus. Aber in Vorbereitung der Restaurierung habe ich mich intensiv mit dem Werk beschäftigt und dann auch den ehemaligen Assistenten von Mario Merz in Italien besucht. Außerdem trieb mich die Neugier auf die verschiedenen Materialien. Neonröhren fand ich spannend, hatte mich aber noch nie damit beschäftigt.
Was sagte der Assistent des Künstlers über dieses Kunstwerk?
Elebe: Überraschenderweise kannte er die Anordnung mit den Blöcken und die Fixierung der Neonzahlen darauf gar nicht. Deshalb konnte er mir da auch nicht weiter helfen. Fakt ist, die Blöcke existieren und mussten dringend restauriert werden.
Was waren die Hauptschäden?
Elebe: Mario März hat zur Befestigung der Leuchtziffern handelsüblichen Leinölkitt in verschieden großen Blöcken verwendet. Diese Blöcke sind in Polyäthylenfolie eingeschweißt, das Leinöl ist ausgetreten, hat sich mit der Folie verbunden. So entstand eine klebrige Oberfläche, die Schmutz und Insekten anzog und festhielt. Außerdem waren einige der Neonröhrenzahlen beschädigt, Teile zerbrochen.
Sie haben die Folien nicht abgenommen oder die Blöcke erneuert.
Elebe: Nein. Da ich den Künstler nicht mehr fragen kann und er keine Anweisungen zur Restaurierung hinterlassen hat, wäre das aus meiner Sicht ein Eingriff in die Autonomie des Kunstwerks gewesen. Ich habe die Oberflächen der drei großen, stark verschmutzten Blöcke gereinigt und die zerbrochenen Teile der Zahlen erneuern lassen.
Gibt es eine aktuelle Ausstellung des Werkes?
Elebe: Im Moment ist nichts geplant. Nach einer Vorstellung des Restaurierungsprojekts hier im Museum kommt das Werk erst einmal wieder ins Depot.
Warum haben Sie sich für eine Spezialisierung auf zeitgenössische Kunst entschieden?
Elebe: Das Praxissemester im Hamburger Bahnhof hat dazu entscheidend beigetragen. Ich war sehr begeistert von dem, was ich hier als Aufgabe von Restauratoren gesehen habe. Außerdem komme ich aus einer Künstlerfamilie. Der Austausch über Kunst ist mir sehr vertraut. Und mir gefällt die Lebendigkeit, die zeitgenössische Kunst hat. Ich meine das ganz wörtlich – viele Künstler, deren Werke wir restaurieren, leben ja noch.
Wie geht es weiter nach dem Studium?
Elebe: Ich gebe jetzt erst mal meine Arbeit ab. In Zukunft würde ich schon gern in einem Museum arbeiten. Ausstellungen zu betreuen, würde mich sehr reizen.
Das Interview führte Uta Baier.