Das Klavier war verstummt, Schlägel verfehlten ihre Schlagobjekte, manche Teile drohten zu zerbrechen. Das einst eindrucksvolle Rattern, Dröhnen Scheppern, Quietschen, Hämmern war fast zu einem Flüstern geworden. Die Beschreibung des Zustands von Jean Tinguelys Kunstwerk „Méta-Harmonie II“ von 2017 aus dem Baseler Museum Tinguely klingt nicht nur dramatisch. Der Zustand der riesigen, mechanischen „Ton- Mischmaschine“ war dramatisch. Und traurig für alle Liebhaber der lauten, schrägen, wild bewegten, kalkuliert-unkalkulierbaren Kunst Jean Tinguelys. Denn nach 38 Jahren Ausstellung, was bei kinetischer Kunst immer auch Dauerbetrieb bedeutet, waren viele Teile nicht nur abgenutzt und dringend restaurierungsbedürftig, sondern teilweise auch zerstört.
Deshalb verstummte das Werk vor über einem Jahr gänzlich, wurde auseinandergebaut, abtransportiert und in den Werkstätten des Schaulagers erforscht und restauriert. Zum Team um die beiden Schaulager-Restauratoren Marcus Broecker und Carole Maître gehörten auch Musikwissenschaftler, Instrumentenbauer und ehemalige Assistenten des Künstlers wie Paul Imhof und Jean-Marc Gaillard, der als Restaurator am Tinguely-Museum arbeitet.
Das Schaulager, das die Sammlung der Emanuel Hoffmann-Stiftung betreut, versteht seine Restaurierung auch als beispielhaftes Forschungsprojekt, denn es wurden nicht nur Teile repariert, Instrumente entsprechend historischer Tonaufnahmen neu ge- stimmt und Bestandteile ersetzt, sondern es wurde auch Neues entwickelt. So entstand eine neue Technik, um Abnutzungs- stellen an Metallelementen abzupuffern. Diese Stellen wurden mit einem reversiblen Kunststoff aufgefüllt. Sein Einsatz wurde von der Eidgenössischen Materialprüfungs- und Forschungsanstalt (Empa) begleitet und geprüft. Nachdem das Team eine technologische Bestandsaufnahme angefertigt hat, existiert nun erstmals ein Konstruktionsplan des 1979 entstandenen, 1980 von der Emanuel Hoffmann-Stiftung angekauften und als Dauerleihgabe dem Kunstmuseum Basel zur Verfügung gestellten Werks, das seit 1996 im Tinguely-Museum in Basel zu sehen, zu hören und zu erleben ist. Unter der Überschrift „Jetzt läuft sie wieder!“ informiert das Schaulager auf seiner Internetseite über das Projekt – und zwar angemessen in Ton, Bild und Wort. Mit einem Video stellt sie Schönheit, Witz und Genialität der Maschinenkonstruktion vor, weist auf ihre Fragilität hin und würdigt die vielfältige Arbeit der Restauratoren.