21.06.2018

Projekte

Inspiriert von asiatischer Importware

Ein kleines Fragment eines bemalten und bedruckten Seidenstoffes wird während der flächigen Unterklebung mit Seidencrepeline positioniert. Foto: Abegg-Stiftung / Christoph von Viràg

Ein kleines Fragment eines bemalten und bedruckten Seidenstoffes wird während der flächigen Unterklebung mit Seidencrepeline positioniert. Foto: Abegg-Stiftung / Christoph von Viràg

Wer sich für kostbare Stoffe begeistert, der sollte in die Abbegg-Stiftung nach Bern fahren. Dort ist noch bis zum 11. November die Ausstellung „Der Hang zur Exotik. Europäische Seiden des 18. Jahrhunderts“ zu sehen

Ein kleines Fragment eines bemalten und bedruckten Seidenstoffes wird während der flächigen Unterklebung mit Seidencrepeline positioniert. Foto: Abegg-Stiftung / Christoph von Viràg

Das Interesse an allem Asiatischen war groß

Die in den Berner Voralpen gelegene Abegg-Stiftung hat sich der Bewahrung und Erforschung historischer Textilien verschrieben und verfolgt die anspruchsvolle Sammlungsstrategie, sehr gut erhaltene Textilien zu erwerben. Die aktuelle Ausstellung „Der Hang zur Exotik. Europäische Seiden des 18. Jahrhunderts widmet sich einem bisher kaum erforschten Gebiet, nämlich den exzentrischen Kreationen europäischer Textildesigner des 18. Jahrhunderts, die sich von den Mustern asiatischer Importwaren inspirieren ließen. Vor allem Seidenmanufakturen in Lyon, Venedig und in den Niederlanden witterten hier ein gutes Geschäft. Einerseits war das Interesse an allem Asiatischen groß, andererseits waren diese fernen Länder den Europäern in Kultur, Denkweise und Religion äußerst fremd, sodass es zu dem merkwürdigen Phänomen kam, dass europäische Manufakturen asiatisch anmutende Stoffmuster kreierten.

Die in der Sonderausstellung gezeigten Stoffe sind etwa 300 Jahre alt. Warum haben sie sich derart gut erhalten? „Weil sie von Sammlern unter optimalen Bedingungen aufbewahrt wurden“, erläutert Corinna Kienzler, die leitende Textilrestauratorin dieser Ausstellung. Sammler wertvoller Textilien des 19. und frühen 20. Jahrhunderts bevorzugten eine platzsparende Aufbewahrung ihrer Schätze. Einerseits sorgten sie durch schonende Aufbewahrung für die Erhaltung dieser einzigartigen Zeugnisse, andererseits bevorzugten sie für ihre Sammlungen keine kompletten Kleider, sondern flache Decken, die aus den Stoffbahnen ehemaliger Kleider mustergerecht zusammengesetzt waren. So entstanden vermehrt „gepatchworkte“ Stoffe eines Dekors, die den Interessen der Sammler entgegenkamen. Für Corinna Kienzler sind diese Stoffe aber auch wunderbar geeignet, um die Studierenden für feinste Spuren zu sensibilisieren, welche wertvolle Hinweise auf das ursprüngliche Erscheinungsbild der Textilien bieten können. Denn sie waren ursprünglich größtenteils zu Damen- und Herrengewändern verarbeitet. Bei der eingehenden Beschäftigung mit diesen Stoffen lernen die Studierenden, wie man anhand der Länge der Stoffbahnen und der Beschaffenheit der Nähte Erkenntnisse über die ursprüngliche Verwendung gewinnt. Die Studentinnen der Textilrestaurierung sind von Anfang an dabei und sammeln so praktische Erfahrungen in den Bereichen Konservierung und Präsentation dieser Stoffe, die in ihrer heutigen Form eine Fläche bis zu 2,60 mal 2,30 Meter umfassen können. Auch die Interaktion mit dem hausinternen Tischler, welcher für die Präsentation der intakt erhaltenen Gewänder Figurinen aus Holz und Ethafoam als Einzelanfertigung herstellt, ist wichtig, muss doch die Frage geklärt werden, welche Körperhaltung für die Entstehungszeit üblich war. Diese enge Einbindung in die Sonderausstellungen ist ein fester Bestandteil der Ausbildung in der Abegg-Stiftung.

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