26.07.2016

Projekte

Mehr Publikum – mehr Handlungsbedarf

Ikeda Koson (1803–1868)

 

Seit acht Jahren plant der Restaurator Toralf Gabsch die neue Ausstellung des Museums für Asiatische Kunst im zukünftigen Humboldt-Forum. Der Umzug des Museums ins neu gebaute Berliner Schloss ist für den Koordinator eine große Herausforderung mit vielen neuen Problemen. RESTAURO sprach mit Toralf Gabsch über Transporte auf Rollwagen, Fassadenöffnungen und andere logistische Meisterleistungen.

 

Restauro: Die Ausstellungssäle im Asiatischen Museum in Berlin-Dahlem sind geschlossen und leer geräumt. Einige wurden zu Restaurierungswerkstätten. Ist es nicht paradiesisch für Sie, alle Stücke der Sammlung restauratorisch begutachten zu können?

Toralf Gabsch: Das, was wir jetzt mit dem Zwischenumzug im Rahmen der Baufreimachung Museum für Asiatische Kunst erleben, bietet natürlich die Möglichkeit, die Gesamtbestände konservatorisch, aber auch dokumentarisch in ihrer Gesamtheit zu prüfen. Das passiert in einem normalen Museumsbetrieb in der Regel alle 40 bis 50 Jahre.

Was sind die größten Herausforderungen bei diesem Umzug?

Es ist eine riesige Verantwortung, mit einem ganzen Museum umzuziehen. Allein der Umzug der beiden buddhistischen Kulthöhlen mit ihren Wandgemälden aus dem fünften und sechsten Jahrhundert nach Christus entspricht vergleichsweise einem Umzug von zwei Einfamilienhäusern. Außerdem ist vieles noch nicht abschließend geklärt. Zum Beispiel der genaue Ablauf der Einbringung muss im nächsten und übernächsten Jahr präzisiert werden. Schließlich können die LKWs voller Kunstwerke vor dem Humboldt-Forum nicht Schlange stehen.

Zu den Sammlungen des Museums für Asiatische Kunst gehören viele Wandbilder. Sie waren die letzten Sammlungsstücke, die Ende Mai ausgebaut wurden. Wie werden sie transportiert?

Für die Kuppel der „Höhle der ringtragenden Tauben“ werden wir die Fassade des Dahlemer Museums öffnen müssen, um sie auf einen Schwerlasttransporter laden zu können. Die Wandgemälde werden verpackt und gut gepolstert auf speziellen Transportwagen gelagert und dann auf diesen Rollwagen später auch in extra klimatisierten Lastwagen transportiert.

Nicht in Kisten?

Nein, wir wollen sie so wenig wie möglich bewegen. Und wenn sie auf den Wagen liegen, sollen sie auch auf den Wagen transportiert werden. Die LKWs müssen dafür hergerichtet werden. Allerdings werden die Rollwagen nur für größere Gemälde zum Einsatz kommen. Kleinere Gemälde werden separat in Klimakisten verpackt und dann ins Schloss gebracht. Es gibt also beide Varianten.

Es werden im Humboldt-Forum viel mehr Objekte gezeigt als bisher. Welche Probleme bringt das aus Sicht des Restaurators?

Zum einen ist es natürlich schön, dass ein großer Teil der Objekte, die seit 30 Jahren in den Studiensammlungen nur einem begrenzten Publikum zur Verfügung standen, nun einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Andererseits bedeutet mehr Besucherverkehr auch mehr konservatorische Risiken. Hier müssen wir sicherstellen, dass Kunstwerke aus empfindlichen Materialien regelmäßig ausgetauscht werden. Außerdem muss es entsprechende Ruhephasen geben. Aufgrund der Verdreifachung der Ausstellungsfläche werden aber viel mehr Objekte von konservatorischen Wechseln betroffen sein, was im Betrieb der Flächen zu mehr und umfangreicheren Daueraufgaben führt.

Wo sehen Sie Chancen und wo Probleme, wenn so viele Objekte mehr ausgestellt werden?

Wie schon gesagt: Mehr Publikum, mehr Handlungsbedarf für Restauratoren. Da auch ein großer Teil der Bestände langfristig am alten Standort in Dahlem verbleibt, müssen Objektwechsel häufig mit Transporten von Objekten zum und vom Schloss verknüpft werden. Das mit allen konservatorisch-logistischen Maßnahmen einher, die an die jeweilige Objektgruppe angepasst sein muss. Der Ausstellungsbetrieb wird aufgrund der Wege von und zu den Depotstandorten komplizierter. Für die Besucher ist es natürlich spannend, regelmäßige Wechsel vorzufinden, neue Themen zu entdecken und auch Teil des Museumskosmos zu werden.

Sie werden im Humboldt-Forum zwei buddhistische Kulthöhlen aus Kizil ausstellen. Arbeiten Sie bei der Neu-Präsentation mit einheimischen Wissenschaftlern zusammen?

Wir arbeiten seit nunmehr 10 Jahren intensiv an der Erforschung und Restaurierung der “Höhle der 16 Schwertträger” aus dem sechsten Jahrhundert nach Christus. Darüber hinaus gibt es ja bereits die „Höhle der ringtragenden Tauben“ in unserer Dauerausstellung. Beide stammen von der nördlichen Seidenstraße. Dank der internationalen Kooperation, ausgelöst durch das KUR-Projekt ab 2008, entstanden enge konservatorische und naturwissenschaftliche Kooperationen mit China und Russland. Diese werden langfristig den Sammlungen sehr zu Gute kommen.

Wie ist die Situation im Museum für Asiatische Kunst wie viele Restauratoren sind fest angestellt?

Das Museum für Asiatische Kunst hat vier Restauratorenstellen für etwa 30.000 Kunstwerke mit allen Materialgruppen. Darunter die größte in einem europäischen Museum befindliche archäologische Wandgemäldesammlung.

Sie werden während der Restaurierungsphase mit ca. 50 freien Restauratorenkollegen zusammenarbeiten. Welche Aufträge haben Sie zu vergeben?

Ohne die Mitarbeit von freiberuflichen Kollegen ist eine solche Herausforderung nicht zu stemmen. Es sind fast alle Materialgruppen betroffen. Schwerpunkte bilden allerdings Papier-, Textil-, Metall- und Wandgemälderestaurierung. Es gibt Restaurierungen an Miniaturmalereien, archäologischen Handschriften, indo-asiatischen Stoffmalereien, Khmer-Bronzen und natürlich an den buddhistischen Wandgemälden von der nördlichen Seidenstraße. In den vergangenen Monaten galt der Schwerpunkt der Vergaben der Baufreimachung der indischen Ausstellungsflächen und der Einrichtung eines Zwischendepots. Im Moment liegt der Fokus auf der Vorbereitung von Leistungsverzeichnissen für die Papierrestaurierung.

Was werden die häufigsten restauratorischen Arbeiten sein?

Das ist nicht so einfach zu definieren. Beispielsweise ist ein Objekt, das wir restaurieren müssen, ein 30 Meter langes Manuskript aus dem thailändischen Königshaus des 18. Jahrhunderts. Dieses in Temperatechnik auf Papier ausgeführte Kunstwerk wird eines der langwierigsten Restaurierungsprojekte auf dem Weg in das Humboldt Forum werden. Von der Anzahl und der Fläche her bilden die buddhistischen Wandgemälde das komplexeste Gebiet. Hier steht die Herstellung der Transport- und Hängefähigkeit der Objekte für die neue Dauerausstellung im Humboldt-Forum im Vordergrund.

Welche Stücke sind besonders restaurierungsbedürftig?

Wir unterscheiden zwischen Konservierung und Restaurierung. Etwa 70 Prozent der Sammlung besteht aus farbig gefassten Objekten. Die Maltechnik und das Verständnis dafür ist ein wichtiger Kernpunkt. Hier sind vielfach Konservierungsmaßnahmen notwendig. Wir haben aber auch Kriegsschäden an zahlreichen Objekten zu verzeichnen. Diese Objektgruppe mit Brand- und Deformationsschäden bedarf einer kontinuierlichen restauratorischen Vorbereitung. Hierzu haben wir in diesem Jahr auch eine aktuelle Masterarbeit mit der HTW-Berlin im Fachbereich Metallrestaurierung als Forschungsgrundlage abgeschlossen.

Mehr zum Umzug des Museums für Asiatische Kunst ins Humboldt-Forum lesen Sie im Beitrag „Umzug der Seidenstraße – Eine Herausforderung“.

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