30.03.2017

Projekte

Holländische Spannmethode im Original

 

Ein niederländisches Kreuzigungsbild aus dem 17. Jahrhundert im Besitz des Hürten-Museums im Romanischen Haus (Bad Münstereifel) war stark beschädigt. Gloria Gräfin Hoensbroech restaurierte das Altarblatt. Die Kölner Restauratorin hat viel vom Zustand der Originalaufspannung erhalten und dokumentieren können, wie sie unserer Berliner Korrespondentin Uta Baier verriet. Jetzt ist das wertvolle Blatt wieder ins Museum zurückgekehrt.

Das Kreuzigungsbild aus dem 17. Jahrhundert war stark beschädigt. Gloria Gräfin Hoensbroech restaurierte das Altarblatt. Jetzt ist das Kleinod wieder ins Hürten-Museum im Romanischen Haus zurückgekehrt
Technologisch interessant: Die holländische Spannmethode im Original
Die Kölner Restauratorin Gloria Gräfin Hoensbroech hat viel vom Zustand der Originalaufspannung erhalten und dokumentieren können

Sie haben den Auftrag bekommen, das niederländische Altarbild aus dem Romanischen Haus im Hürten-Museum in Bad Münstereifel zu restaurieren, weil Sie schon häufiger niederländische Gemälde restauriert haben. Warum haben Sie sich auf niederländische Gemälde des 17. Jahrhunderts spezialisiert?

Gloria Gräfin Hoensbroech: Ich habe mich darauf eigentlich nicht spezialisiert. Das passiert einfach, wenn man, wie ich, in Köln und Umgebung lebt und arbeitet. Niederländische Gemälde sind hier im Grenzgebiet einfach stark vertreten.

Was war das Besondere, das Herausfordernde bei der Restaurierung des Kreuzigungsgemäldes aus dem Romanischem Haus?

Gräfin Hoensbroech: Die Herausforderung war relativ normal. Ich musste eine Randanstückung machen, die Leinwand ab- und wieder neu aufspannen. Das war kein radikaler, aber doch ein tiefer Eingriff, da ich die originale Aufspannungssituation lösen musste, neues Material eingebracht und die Leinwand neu aufgespannt habe. Bei einer alten Leinwand ist es zwar nicht ungewöhnlich, dass die Fäden porös sind und die Aufspannung sich lockert oder auch stellenweise nicht mehr vorhanden ist. Solange das nur in geringem Maße der Fall ist und die Leinwand sowie die Spannkanten das zulassen, wäre ein partielles Nachspannen das Mittel der Wahl gewesen. Hier waren jedoch etwa die Hälfte aller Nagelungen an der Oberkante obsolet geworden. Da der Spannrand sehr knapp bemessen war, war ein partielles Nachspannen nicht möglich. Daher greifen die Veränderungen stark in den Originalzustand ein. Das Beeindruckende war, dass ich sehr viel Originalsubstanz fand. Diese Technologien kannte ich bisher nur aus den Lehrbüchern.

Was fanden Sie genau?

Gräfin Hoensbroech: Ich fand die Erstaufspannung auf dem originalen Spannrahmen. Das war technologisch unglaublich interessant, weil ich hier die holländische Spannmethode im Original sehen konnte.

Fanden Sie besondere Schäden?

Gräfin Hoensbroech: Nein, für ein 300 Jahre altes Bild ist eine korrodierte Leinwand am Rand normal. Auch der kleine Riss am Oberschenkel des gekreuzigten Jesus, den ich geschlossen habe, war für ein so altes Bild nichts Besonderes. Es wurde in den vergangenen Jahrhunderten schließlich mehrmals transportiert, denn es kam aus dem Kollegiatsstift Münstereifel, das säkularisiert wurde, war in Privatbesitz, wurde mehrfach vererbt und verkauft und kam erst in den 1960er Jahren ins Museum.

Das Gemälde wird auf 1700 datiert, Sie waren seit 300 Jahren die erste Restauratorin, die daran arbeitete?

Gräfin Hoensbroech: Ja. Es gab zwar einen neueren Firniss, der allerdings im Zierrahmen aufgetragen wurde. Dabei wurde geringfügig retuschiert. Dieser Rahmen stammt aus dem 19. Jahrhundert und wurde wohl für den säkularisationsbedingten Verkauf angefertigt. Mehr wurde nicht verändert. Daher war meine Begeisterung angesichts des nahezu unberührten Originalzustands auch so groß.

Eine komplette Neuaufspannung stand aber nicht zur Debatte?

Gräfin Hoensbroech: Es stand zur Debatte, den Spannrahmen keilbar zu machen, weil das Gemälde so bauchig war. Da ich es aber sowieso abspannen und nach der Randanstückung neu aufspannen musste, hatte ich die Gelegenheit, es über mehrere Wochen zu beobachten. Da sich die Spannung nicht veränderte, habe ich entschieden, den Originalzusammenhang zu erhalten. Das war mir doch sehr wichtig.

Sie haben die Restaurierung dokumentiert. Werden Sie die Ergebnisse publizieren?

Gräfin Hoensbroech: Ich denke, wenn ich einmal Praktikanten habe, werde ich diese Erfahrungen an sie weitergeben. Mit dem Museum ist bisher noch nichts geplant. Aber die Restaurierung des Altars ist ja auch noch nicht abgeschlossen. Der Altaraufsatz muss noch von einem Holzrestaurator bearbeitet werden.

Was raten Sie für die weitere Ausstellung des frisch restaurierten Gemäldes?

Gräfin Hoensbroech: Ein gleichbleibendes Klima wäre sehr wichtig, denn es existieren Schimmelsporen, die nie hundertprozentig vernichtet werden können. Deshalb rate ich, ein besonderes Augenmerk auf das Klima zu richten, das keinesfalls schimmelbegünstigend sein darf.

Das Gemälde kann bisher keinem Künstler namentlich zugeordnet werden. Sie haben auch keine Signatur gefunden?

Gräfin Hoensbroech: Ich habe ehrlich gesagt, selten die Hoffnung bei einem niederländischen Gemälde aus dieser Zeit, eine Signatur zu finden. Es gab einfach zu viele Werkstätten damals.

 

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