13.02.2024

Porträts

Günter Brus – Letzter Vertreter des Wiener Aktionismus verstorben

Günter Brus - photo: gettyimages brandstaetter images Kontributor

Mit Günter Brus (geb. 1938) ist am 10. Februar in Graz der letzte noch lebende Vertreter des Wiener Aktionismus verstorben. Er wurde 85 Jahre alt. Die Künstler des Wiener Aktionismus schockierten mit ihrer Kunst das Publikum und übten Kritik an Staat und Gesellschaft.

Bis an die Schmerzgrenze – Günter Brus

Er war einer der renommiertesten Künstler Österreichs und betätigte sich neben der Malerei auch als Schriftsteller. Eine Sprecherin des bald eröffnenden Wiener Aktionismus-Museums gab am Samstag den Tod des Künstlers bekannt. Er war unter den vier Vertretern der Kunstrichtung, die in den 1960er Jahren für Furore sorgte, der Einzige, der seine Aktionen am eigenen Körper durchführte. Er ging dabei an seine persönliche Schmerzgrenze und wurde sogar verhaftet. Einer Haftstrafe konnte er nur durch eine Flucht nach Berlin entgehen. Der 1938, also im Jahr des „Anschlusses“ Österreichs geborene Künstler trat 1965 in einem weißen Anzug gekleidet und mit einer schwarzen Linie bemalt auf. Bei diesem legendären „Wiener Spaziergang“, der ihn über den Wiener Heldenplatz führte, wurde er festgenommen und aufgrund der „Störung der öffentlichen Ordnung“ zu einer Geldstrafe verurteilt.

Flucht vor der Justiz

Durch die Aktion „Kunst und Revolution“ 1968 an der Wiener Universität wurde er bekannt: Mit einer Rasierklinge schnitt er sich den Oberschenkel auf, beschmierte sich mit seinem Kot, währenddessen onanierte er und sang die Österreichische Nationalhymne. Diese Aktion ging als „Uni-Ferkelei“ in die Geschichtsbücher ein. Die Staatsmacht reagierte und verurteilte ihn zu sechs Monaten Haft wegen „Herabwürdigung österreichischer Symbole und Verletzung der Sittlichkeit und Schamhaftigkeit“. Brus floh daraufhin mit seiner Familie nach Berlin und resümierte dies als „einen Befreiungsschlag“. In Berlin setzte er seine radikale Protestform am politischen Reaktionismus fort. Fast ein Jahrzehnt blieb er seinem Heimatland fern und entwickelte seine Kunst weg von der Selbstverletzung. In München präsentierte er 1970 die „Zerreißprobe“, die seine letzte Kunstaktion werden sollte.

Rückkehr nach Österreich

Ab 1970 wurde der Wiener Aktionist auch literarisch tätig. Er begann mit dem Verfassen des Romans „Irrwisch“, den er auch zeichnerisch ausgestaltete. Daraus entwickelte der Künstler neue Ausdrucksformen, indem er Literatur und bildende Kunst miteinander kombinierte. Die daraus entstehenden Arbeiten nannte er „Bild-Dichtungen“. Der Roman wurde mit den dazugehörenden Zeichnungen zwei Jahre nach der Entstehung auf der „Documenta 5“ in Kassel ausgestellt.

Im Jahr 1979 kehrte Günter Brus gemeinsam mit Ehefrau Ana, die einen großen Einfluss auf sein künstlerisches Werk hatte und der gemeinsamen Tochter Diana nach Österreich zurück. Der damalige Bundespräsident Dr. Rudolf Kirchschläger hatte die Haftstrafe in eine Geldstrafe umgewandelt. Dem Künstler wurden zahlreiche späte Würdigungen zuteil, so wurde ihm 1996 beispielsweise für sein Lebenswerk der Großen Österreichischen Staatspreis für Bildende Kunst verliehen.

Museale Würden

Mit dem Sammlungsankauf für die Neue Galerie Graz legte der damalige Kulturreferent der Steiermark den Grundstein für ein Brus-Museum. Das „Bruseum“ eröffnete 2011 und widmet sich seitdem der Erforschung, Bewahrung und Vermittlung des Œuvre bedeutenden österreichischen Künstlers. Auch das im März eröffnende Wiener Aktionismus-Museum in Wien plant nach eigenen Angaben das Werk des Künstlers zu würdigen. Das Kunsthaus Bregenz widmet ihm eine Sonderausstellung, die am 16. Februar eröffnet wird und bis zum 20. Mai gezeigt wird.

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