19.02.2024

Ausstellungen

Jan van Eyck – Komm ins Bild!

Jan van Eyck, Die Madonna in der Kirche, um 1437/40, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt
Jan van Eyck, Die Madonna in der Kirche, um 1437/40, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Die Ausstellung in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin „Zoom auf van Eyck“ feiert die Nahansicht und neue Erkenntnisse durch kunsttechnologische Untersuchungen im Œuvre des flämischen Künstlers Jan van Eyck. Die Berliner Gemäldegalerie bringt zusammen, was sonst getrennt gezeigt wird: Eine immersive Ausstellungsinstallation, alle Berliner Originalgemälde des niederländischen Malers Jan van Eyck (um 1390/1400-1441) und seines direkten Umfelds sowie eine ausführliche Dokumentation der Restaurierung. Die Aufzählung der drei Themen mag zunächst ein wenig trocken klingen, doch was in der Gemäldegalerie zu sehen ist, ist eine großartige Verbindung. Denn „Zoom auf van Eyck“ dekliniert die Annäherung an das Werk des Niederländers auf drei sehr verschiedene Weisen.


Jan van Eyck – „König unter den Malern“

Der wohl um 1390 in Maaseik geborene Maler gilt als einflussreichster flämischer Künstler des Spätmittelalters. Er war verantwortlich für einen Neuanfang in der europäischen Malerei und sein Œuvre kann als einer der Höhepunkte in der Kunstgeschichte angesehen werden. Aus seinem Werk sind nur wenige Gemälde bekannt, denen sich die Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin widmet und bei der sie auch mit einer Sensation aufwarten kann.

Jan van Eyck, Die Madonna in der Kirche, um 1437/40, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt
Jan van Eyck, Die Madonna in der Kirche, um 1437/40, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Herauslösung aus dem Sammlungszusammenhang

Den Anfang bilden die Originale, Werkstattarbeiten und frühen Kopien. Berlin besitzt drei Originalgemälde: das „Bildnis des Baudouin de Lannoy“, die „Madonna in der Kirche“ und das „Bildnis eines Mannes mit rotem Chaperon“, außerdem zwei Werkstattarbeiten („Kreuzigung Christi“ und ein Männerbildnis) sowie vier frühe Kopien nach Jan van Eyck. Somit kann die Gemäldegalerie auf einen äußerst reichen Bestand an Arbeit des Künstlers zurückgreifen. Der „Zoom“ ist im doppelten Sinn zu verstehen. Einerseits zeigt die Gemäldegalerie ihre van-Eyck-Schätze herausgelöst aus dem üblichen Sammlungszusammenhang und andererseits können die Besucher den Bildern näherkommen als sonst üblich. Denn Mitkuratorin und Restauratorin Sandra Stelzig hatte die Idee, den Besuchern Lupen zur Verfügung zu stellen, mit denen sie die Gemälde studieren können.

Jan van Eyck, Die Madonna in der Kirche, um 1437/40, Detail, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt
Jan van Eyck, Die Madonna in der Kirche, um 1437/40, Detail, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Christoph Schmidt

Jan van Eycks Werke auf vier Meter vergrößert

Der Mittelpunkt der Ausstellung ist aber zweifelsohne eine digitale Projektion, die in der Wandelhalle der Gemäldegalerie zu sehen ist. Die Projektion, die vom Königlichen Institut für Künstlerisches Erbe (KIK-IRPA) in Brüssel entwickelt wurde bietet den Betrachtenden einen Blick auf Pinselstriche, Augenfältchen, einzelne Härchen, Perlen, Schmuckdetails und Gewandfalten. Das Ganze ist vier Meter groß und technisch äußerst brillant gestaltet. In der Berliner Ausstellung haben die Betrachtenden so die Möglichkeit in die Detailaufnahmen der Gemälde hineinzuzoomen.

Das Zoom-Projekt entstand auf der Grundlage der Dokumentationsmethode, die für die Restaurierung des Genter Altars entwickelt wurde. Für die 300 Detailfotos reisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie Fotografinnen und Fotografen vom KIK-IRPA innerhalb mehrerer Jahre zu den 20 van-Eyck-Originalen und 13 Werkstattarbeiten, um sie mit immer der gleichen Ausrüstung, Beleuchtung und Aufnahmetechnik zu fotografieren. Das Ergebnis wurde erstmals 2020/21 im BOZAR in Brüssel gezeigt – allerdings ohne Originalgemälde.

Facing Van Eyck. The Miracle of Detail, Bozar Centre for Fine Arts Brussels, 2020, Foto: Philippe De Gobert
Facing Van Eyck. The Miracle of Detail, Bozar Centre for Fine Arts Brussels, 2020, Foto: Philippe De Gobert

In neuem Glanz

Erläuterungen der Restaurierungsabteilung. Denn in Vorbereitung des Bestandskatalogs zur niederländischen und französischen Malerei des 15. Jahrhunderts wurden seit 2015 alle Gemälde kunsttechnologisch untersucht und drei restauriert. Im Rahmen des Projekts zu dem Katalog arbeiteten Restauratorinnen und Restauratoren sowie Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker interdisziplinär mit einem Fotografen und Holzbiologen zusammen. Die Erklärung dieser Arbeiten und ihrer Ergebnisse, die nun in der Berliner Ausstellung zu sehen sind, stellen für Restauratorinnen und Restauratoren vielleicht nichts Besonderes dar. Aber für das Publikum bietet sich so eine weitere, faszinierende Möglichkeit, den Bildern näher zu kommen und die Arbeit der Restauratorinnen und Restauratoren besser zu verstehen. Denn auf großen Tafeln werden die Untersuchungsmethoden für die Gemälde erklärt und die Ergebnisse vorgestellt. Anhand der Vorher-Nachher-Bilder wird sehr deutlich, was die Firnisabnahmen vom „Bildnis des Baudouin de Lannoy“ und vom „Bildnis eines Mannes mit rotem Chaperon“ ästhetisch gebracht haben. Im Zuge der Restaurierung wurden auch Maßnahmen zur Sicherung der Gemäldeschichten vorgenommen. Zugleich konnten auch Übermalungen von den Werken abgenommen werden.

Jan van Eyck, Bildnis eines Mannes mit rotem Chaperon, um 1435/40, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders
Jan van Eyck, Bildnis eines Mannes mit rotem Chaperon, um 1435/40, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders
Jan van Eyck, Bildnis eines Mannes mit rotem Chaperon, Zwischenzustand bei Abnahme des alten Firnisses, um 1435/40, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders
Jan van Eyck, Bildnis eines Mannes mit rotem Chaperon, Zwischenzustand bei Abnahme des alten Firnisses, um 1435/40, © Staatliche Museen zu Berlin, Gemäldegalerie / Jörg P. Anders

Ein neuer van Eyck?

Wie entscheidend kunsttechnologische Untersuchungen für die Zu- oder Abschreibung eines Gemäldes sein können, erklärt Gemälderestauratorin Sandra Stelzig anhand der Untersuchung der „Kreuzigung Christi“, die als Gemälde aus der Werkstatt Jan van Eycks gilt. Zumindest bisher. Denn nach den Berliner Erkenntnissen ist das nicht mehr sicher. Ebenso wenig wie die Behauptung, das Gemälde sei ursprünglich auf Holz gemalt und später auf Leinwand übertragen worden. Denn die Röntgenaufnahme zeige „Spuren von typischen Leinwandrissen und Knicken eines gerollt aufbewahrten Leinwandbildes“, heißt es in der Ausstellung. Außerdem konnten mittels IR-Reflektografie Unterzeichnungen mit einem Metallstift und verschiedenen feinen Pinseln sichtbar gemacht werden. Das sei typisch für die Arbeitsweise van Eycks, schreibt Sandra Stelzig. Werden beide Erkenntnisse zusammengenommen, spricht viel dafür, dass durch die kunsttechnologische Untersuchung die Zuschreibung des Gemäldes „Kreuzigung“ geändert werden muss. So hätte man das einzige erhaltene Leinwandgemälde Jan van Eycks identifiziert.


Informationen zur Ausstellung

Die Sonderausstellung, die von Stephan Kemperdick (Kurator für deutsche, niederländische und französische Malerei vor 1600) und Sandra Stelzig (Restauratorin an der Gemäldegalerie) kuratiert wurde, kann noch bis zum 3. März 2024 in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin besucht werden. Auf seiner Website stellt das Museum zudem die Forschungsergebnisse zur Restaurierung von Jan van Eycks Porträt „Baudouin de Lannoy“ und seines „Bildnis eines Mannes mit rotem Chaperon“ vor.

Scroll to Top