06.10.2016

Projekte

Goldleder: Fachtagung in Maastricht

 

Goldleder bestimmte in einem internationalen Symposium im Frühling 2016 den Schwerpunkt. Experten trafen sich im Stichting Restauratie Atelier Limburg (SRAL), um über die Technische Kunstgeschichte des Materials, die Materialdynamik, Herausforderungen bei der Konservierung und Diagnostik zu sprechen. Unterstützt wurde die Fachtagung von der Netherlands Organisation for Scientific Research (NWO) auf Initiative des Netherlands Institute for Conservation, Art and Science (NICAS).

Als „Goldenes Zeitalter“ des Goldleders in den Nord- und Südniederlanden gilt das 17. und 18 Jahrhundert. Obwohl dieses Material einst ähnlich berühmt war wie die Delfter Keramik, ist unglücklicherweise viel davon verloren gegangen. Gründe dafür sind Renovierungen, Materialzersetzungen und fehlendes Wissen über konservatorische Behandlungsmöglichkeiten. Die aktuelle Generation von Technischen Kunstwissenschaftlern, Restauratoren und Wissenschaftlern arbeitet gemeinsam daran, diese Objekte und ihre kulturelle Bedeutung für zukünftige Generationen zu erhalten.

In einem Goldleder-Symposium im Frühling 2016 kamen Restauratoren und Wissenschaftler in Maastricht zusammen, um über die Zukunft des gefährdeten Kulturguts und seine künftigen Konservierungs- und Restaurierungsmethoden zu sprechen.

Ausschnitt des Goldleders auf der Innenseite eines Toraschreins der Portugiesischen Synagoge in Amsterdam, geschmückt mit Blumenmuster (1675, Südniederlande). Foto: RCE 2002
Entfernung eines Elastans der Wandbehänge in Sint Pietershof durch SRAL, Maastricht, vor der Installation eines neuen flexiblen Befestigungssystems. Foto: Elizabet Nijhof Asser
Dr. Roger M. Groves, Experte für Diagnoseverfahren von Verbundwerkstoffen und Leiter des Goldlederartefaktprojekts, eröffnete das Goldleder-Symposium in Maastricht. Foto: Martine Posthuma de Boer
Diskussion zur Technischen Kunstgeschichte von Goldleder, geleitet von Dr. Margriet van Eikema-Hommes. Foto: Martine Posthuma de Boer
Fachkundige Expertise von niederländischen Goldledertapeten im Rahmen des Symposiums. Foto: Martine Posthuma de Boer

Konservierungsmethoden für Goldleder

Die Diskussion zum Thema „Technische Kunstgeschichte“ kam zu dem Schluss, dass Analysen nach modernsten Methoden in einem größeren europäischen Kontext an originalbelassenen Objekten durchgeführt werden müssen: am Originalort, gut dokumentiert und mit wenigen konservatorischen Eingriffen. Die so gewonnenen Daten sollen mit archivierten Studien der wichtigsten Herstellungszentren (Mecheln, Venedig, Cordoba) abgeglichen werden, indem Inventurlisten, Transport von Kunsthandwerksgegenständen und die Verbindung zwischen den Werkstätten untersucht werden. Eine Datenbank für Untersuchungsdaten und Quellenrecherche ist dringend notwendig.

Im Bereich „Materialdynamik“ wurde für bedenklich befunden, dass der Alterungsprozess von Goldleder weder gut untersucht noch verstanden wird. In einigen Fällen altern Lederpaneele in einem Raum mit höchst unterschiedlicher Geschwindigkeit.

Herausforderungen

Säuberung und der Umgang mit den Effekten vorheriger konservatorischer Bemühungen waren Schwerpunkte beim Thema „Herausforderungen bei der Konservierung“. Es gibt umfassende Literatur zum Säubern im Allgemeinen, doch sind diese Methoden unter Umständen für Goldleder ungeeignet. Die zweite große Schwierigkeit ist der Umgang mit früheren Behandlungen. Fütterungen, der Auftrag neuen Firnis’ oder Behandlungen mit Öl oder Wachs können die Objekte permanent verändert und dazu führen, dass Goldleder sich dunkel verfärbt. Nicht zuletzt bleibt die schwindende Flexibilität alten Leders ein Problem, für das es bisher keine befriedigende Lösung gibt.

Die Fachtagung beschäftigte sich auch mit dem Thema „Diagnostik”. Die neueste technische Ausstattung erlaubt es, einige kunsthistorische und konservatorische Themengebiete genauer zu untersuchen. Zum Beispiel kann anhand von Peptidmassenfingerprints (PMF) bestimmt werden, welches Tier zur Lederherstellung genutzt wurde (Rind, Ziege, Schaf). Besonders wichtig befanden die Experten, die verwendeten Materialien, Kleber, Schutzschichten und Blattmetallverbindungen zu identifizieren, um Erkenntnisse zu Materialherkunft und -handel zu gewinnen. Detailliertere Informationen zur Stratigraphie von Goldleder können nun dank Optischer Kohärenztomographie gewonnen werden (OCT) – eine Technik, die ursprünglich für medizinische Anwendungen entwickelt wurde – und Spektralverteilungen können mit hyperspektraler Bildverarbeitung abgebildet werden.

Die Zukunft des Goldleders 

Viele Goldlederobjekte befinden sich in einem bedenklichen Zustand oder sind bereits verloren. Bedingt durch die kleine Expertengemeinschaft für Goldleder ist es umso wichtiger, national und international zusammenzuarbeiten, um Wissen und Erfahrung zu sammeln. Im Idealfall entstünde so eine digitale Plattform zu Produktionstechniken, Effekten erfolgreicher und weniger erfolgreicher Konservierungsbemühungen, für Datenbanken zu Materialien und Mustern und Zugang zu Diagnoseequipment und bereitwilligen Experten, welche diese Aktivitäten unterstützen. Es ist wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Goldleder ein bedrohter Teil unseres Kulturerbes ist.

In der RESTAURO 7/2016 lesen Sie mehr zum Thema Ledererhaltung. Ab 10. Oktober 2016 hier erhältlich. 

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