Die Diskussion zum Thema „Technische Kunstgeschichte“ kam zu dem Schluss, dass Analysen nach modernsten Methoden in einem größeren europäischen Kontext an originalbelassenen Objekten durchgeführt werden müssen: am Originalort, gut dokumentiert und mit wenigen konservatorischen Eingriffen. Die so gewonnenen Daten sollen mit archivierten Studien der wichtigsten Herstellungszentren (Mecheln, Venedig, Cordoba) abgeglichen werden, indem Inventurlisten, Transport von Kunsthandwerksgegenständen und die Verbindung zwischen den Werkstätten untersucht werden. Eine Datenbank für Untersuchungsdaten und Quellenrecherche ist dringend notwendig.
Im Bereich „Materialdynamik“ wurde für bedenklich befunden, dass der Alterungsprozess von Goldleder weder gut untersucht noch verstanden wird. In einigen Fällen altern Lederpaneele in einem Raum mit höchst unterschiedlicher Geschwindigkeit.
Herausforderungen
Säuberung und der Umgang mit den Effekten vorheriger konservatorischer Bemühungen waren Schwerpunkte beim Thema „Herausforderungen bei der Konservierung“. Es gibt umfassende Literatur zum Säubern im Allgemeinen, doch sind diese Methoden unter Umständen für Goldleder ungeeignet. Die zweite große Schwierigkeit ist der Umgang mit früheren Behandlungen. Fütterungen, der Auftrag neuen Firnis’ oder Behandlungen mit Öl oder Wachs können die Objekte permanent verändert und dazu führen, dass Goldleder sich dunkel verfärbt. Nicht zuletzt bleibt die schwindende Flexibilität alten Leders ein Problem, für das es bisher keine befriedigende Lösung gibt.
Die Fachtagung beschäftigte sich auch mit dem Thema „Diagnostik”. Die neueste technische Ausstattung erlaubt es, einige kunsthistorische und konservatorische Themengebiete genauer zu untersuchen. Zum Beispiel kann anhand von Peptidmassenfingerprints (PMF) bestimmt werden, welches Tier zur Lederherstellung genutzt wurde (Rind, Ziege, Schaf). Besonders wichtig befanden die Experten, die verwendeten Materialien, Kleber, Schutzschichten und Blattmetallverbindungen zu identifizieren, um Erkenntnisse zu Materialherkunft und -handel zu gewinnen. Detailliertere Informationen zur Stratigraphie von Goldleder können nun dank Optischer Kohärenztomographie gewonnen werden (OCT) – eine Technik, die ursprünglich für medizinische Anwendungen entwickelt wurde – und Spektralverteilungen können mit hyperspektraler Bildverarbeitung abgebildet werden.
Die Zukunft des Goldleders
Viele Goldlederobjekte befinden sich in einem bedenklichen Zustand oder sind bereits verloren. Bedingt durch die kleine Expertengemeinschaft für Goldleder ist es umso wichtiger, national und international zusammenzuarbeiten, um Wissen und Erfahrung zu sammeln. Im Idealfall entstünde so eine digitale Plattform zu Produktionstechniken, Effekten erfolgreicher und weniger erfolgreicher Konservierungsbemühungen, für Datenbanken zu Materialien und Mustern und Zugang zu Diagnoseequipment und bereitwilligen Experten, welche diese Aktivitäten unterstützen. Es ist wichtig, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, dass Goldleder ein bedrohter Teil unseres Kulturerbes ist.
In der RESTAURO 7/2016 lesen Sie mehr zum Thema Ledererhaltung. Ab 10. Oktober 2016 hier erhältlich.