16.12.2015

Museum

EVA Tagung 2015

Foto: Heike Schlasse

 

Eine Konferenz zur Qualität digitaler Medien und Techniken

Die EVA (Electronic Media and Visual Arts) Tagung fand Anfang November zum 22. Mal im Berliner Kunstgewerbemuseum statt. Auf internationaler Ebene mit Tagungsorten wie London, Florenz, Moskau und Jerusalem gibt es diese jährliche Zusammenkunft von Anwendern, Entwicklern und Vermittlern elektronischer Dokumentations- und Kommunikationstechniken bereits seit 26 Jahren. Auch wenn sich die Schwerpunkte von Jahr zu Jahr verändern, die EVA-Tagung mit ihrer seismographischen Erfassung der technischen Trends ist mittlerweile ein fester Bestandteil im Kulturbereich.

Standen in den letzten Jahren die Entwicklung der 3-D-Techniken oder die Digitalisierung von Klangwelten im Vordergrund, lag der Fokus der diesjährigen Tagung auf der Qualität digitaler Medien und Techniken. In Vorträgen und Workshops wurde ein breites Fragenspektrum rund um das Thema Visualisierung, Digitalisierung und Inszenierung erörtert. Wie einzigartig sind Kunstwerke, wenn sie perfekt nachgebildet oder hochauflösend gescannt werden können? Welche Möglichkeiten eröffnen sich für den Museumsalltag? Wie lebt es sich in einer „smart city“? Praxisnah wurden elektronische Dokumentations- und Visualisierungstechniken im Kulturbereich vorgestellt und diskutiert.

 

So präsentierte das Fraunhofer-Institut für Graphische Datenverarbeitung in Darmstadt die spektakuläre 3-D-Visualisierung des Pergamonaltars. In einer Rekordzeit von nur einer Woche wurde der komplette Altar in 47 Scan-Positionen mit 180 Millionen erzeugten Bildpunkten aufgenommen. Die Nachbearbeitung der Daten erforderte natürlich einen enormen personellen und technischen Einsatz, doch das Ergebnis ist eine technische Meisterleistung, die das Publikum begeistern wird. Werden hier Maßstäbe für künftige Vorhaben dieser Art gesetzt? Die Arbeiten sind noch nicht abgeschlossen und sollen zu Beginn des kommenden Jahres öffentlich vorgestellt werden.

Dass dreidimensionale digitale Techniken im kuratorischen und restauratorischen Bereich eine große Hilfe sein können, zeigte unter anderem Elisabeth Markevitch, die mit ihrer Software „IkonoSpace“ ein benutzerfreundliches Tool für die Gestaltung von Ausstellungsräumen kreiert hat. Joachim Weinhold schilderte als Mathematiker (3-D-Labor des Instituts für Mathematik an der TU Berlin) die spannende Rekonstruktion des Fußes einer Achilles-Skulptur im Teesalon des Berliner Stadtschlosses mittels 3-D-Druck.

 

Wird die digitale Technik das „analoge“ Museum ablösen? Diese Gefahr sieht Dr. Andreas Bienert von den Staatlichen Museen zu Berlin (SMB) nicht. Die Vielschichtigkeit von Wahrnehmungsmöglichkeiten und die neuen digitalen Repräsentanzen würden vielmehr das haptische museale Angebot ergänzen. Bienert ist seit vielen Jahren Initiator und Organisator der immer wieder hochkarätig besetzten Tagung und plädiert für eine offene und lernbereite Kommunikation zwischen technischen Experten und kulturellen Partnern. Nach seiner Einschätzung werden die EVA Veranstaltungen durch Interdisziplinarität und gegenseitigen Austausch legitimiert und begründet.

Mit annähernd 200 Besuchern in diesem Jahr zieht er ein positives Fazit aus der EVA Berlin 2015. Neben der Präsentation technischer Innovationen sei in letzter Zeit vor allem ein Interesse politischer und kulturpolitischer Einrichtungen zu Fragen von Kultur und Informatik festzustellen. Dies sei leider auch der beunruhigenden Wirklichkeit der großen Kulturgutzerstörungen im Nahen und Mittleren Osten geschuldet, so Bienert am Rande der hochspannenden Tagung.

Der umfangreiche Tagungsband steht zum kostenfreien Download auf der EVA Plattform zur Verfügung.
Ein Interview zur Bedeutung der Fachtagung im heutigen Wissenschaftsgeschehen finden Sie hier.

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