11.01.2023

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Wachsmodelle: Ein Konzept zur Konservierung und Restaurierung

Wachsmodelle: Zwischenzustand während der Reinigung eines Wachsmodells. Foto: Universität Jena
Wachsmodelle: Zwischenzustand während der Reinigung eines Wachsmodells. Foto: Universität Jena

Wachsmodelle haben in der heutigen Zeit an Bedeutung verloren. Längst sind virtuelle Modelle in die Hörsäle eingezogen. Doch heute sind sie Zeugnisse einer zentralen Entwicklungsphase der Biologie. Der Wachsmodellbestand der zoologischen Lehrsammlung der Universität Jena wurde deshalb im Rahmen einer Masterarbeit an der FH Erfurt im Studienschwerpunkt Kunsthandwerk katalogisiert und anhand einer exemplarischen Modellreihe ein Konzept zur Konservierung und Restaurierung der Sammlungen entwickelt


Wachsmodelle: Zeugnisse einer zentralen Entwicklungsphase der Biologie

Früher waren sie aus dem Vorlesungsalltag nicht wegzudenken: Die wächsernen Kunstwerke aus dem Hause Ziegler in Freiburg. Ganz gleich, wo auf der Welt man in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Biologie studierte, die Modelle zur Entwicklung des Hühnerembryos oder die achtteilige Serie zu Wirbeltiergehirnen, aus dem weichen Naturmaterial gegossen und handbemalt, waren treue Gefährten. In kaum einer anderen Darstellungsform sind Naturwissen, Kunst und handwerkliches Geschick, aber auch Anschaulichkeit, Ästhetik und Materialgespür so herausragend kombiniert wie in den Modellen Zieglers. Längst haben virtuelle Modelle Einzug in die Hörsäle gehalten und die Wachsmodelle an Bedeutung verloren.

Heute sind sie Zeugnisse einer zentralen Entwicklungsphase der Biologie und der damit verbundenen Medien- und Bildungsgeschichte. Der Wachsmodellbestand der zoologischen Lehrsammlung der Universität Jena wurde deshalb im Rahmen einer Masterarbeit an der FH Erfurt im Studienschwerpunkt Kunsthandwerk katalogisiert und anhand einer exemplarischen Modellreihe ein Konzept zur Konservierung und Restaurierung der Sammlungen entwickelt. Dabei handelt es sich um die Modelle zur Entwicklung der Ventrikel, Kerne und Bahnen des menschlichen Gehirns, an der sich alle Schadbilder in der Sammlung nachweisen lassen und die auch im Material den meisten Modellen in der Sammlung ähneln.

Die Modellkörper der ca. 35 Zentimeter hohen und 25 Zentimeter breiten Objekte sind aus eingefärbtem Paraffin gefertigt und mit einem Überzug aus Nitro-Kombilack versehen. Partiell sind sie mit ölhaltigen Farben bemalt und beschriftet. Alle Modelle der Reihe besitzen ein Metallgestell, welches in gedrechselten Holzsockeln endet. Auf den Holzsockeln sind die Nummerierungen der Modelle und jeweils ein Firmenaufkleber angebracht: „Original Ziegler Modell Marcus Sommer Sonneberg Thüringen – Abt. Atelier für wissenschaftl. Plastik Dr. h. c. Friedrich Ziegler, Freiburg i. Br. gegr. 1852“. Anhand des Firmenaufklebers der Firma Somso ist eine Datierung der Beispielmodelle auf den Zeitraum von 1936 bis etwa 1940 möglich, da sie das Atelier Ziegler 1936 übernahmen, die Wachsmodelle weiter herstellten und einige Stücke bis heute vertreiben.

Eigens angefertigte Röntgenaufnahmen zeigen, dass die Modellkörper im Hohlgussverfahren hergestellt wurden. Die am Sockel von außen sichtbaren Metallgestelle durchziehen den gesamten Modellkörper und werden von eingebrachten Dübeln und Drähten begleitet. Die Zustandsdokumentation ergab, dass Kerben, Risse und Kratzer neben einer Vielzahl von Brüchen im Wachsgefüge einen Großteil der Beschädigungen ausmachen – vermutlich als Ergebnis der früher intensiven Nutzung in der Lehre. Sicherlich gut gemeinte Reparaturversuche in der Vergangenheit haben zusätzliche Schadbilder generiert: Fehlende Fragmente und Brüche wurden mit „Klebewachs“ aus dem Bastelladen angeklebt oder durch Anschmelzen des Wachses an den Bruchkanten wieder befestigt. Dies führte zu großen Beschädigungen des Materials bis hin zu Materialverlust und beeinträchtigt das visuelle Erscheinungsbild. Weiterhin sind auf den Modellen immense Verschmutzungen festzustellen. Aufliegender Staub ist durch erhöhte Temperaturen vor allem während der Sommermonate in das Wachsgefüge eingedrungen und verbleibt dort irreversibel.

Schwerpunkte der Konservierungsmaßnahmen: die Reinigung der Wachsmodelle und die Verklebung abgebrochener Fragmente

 

Nach der Erfassung des Bestands, des Zustands und einer restaurierungsethischen Einordnung der Objekte wurden die Reinigung der Modelle und die Verklebung abgebrochener Fragmente als Schwerpunkte der Konservierungsmaßnahmen festgelegt. Die Reinigung erfolgte zunächst trocken mit einem weichen Pinsel. Um eine bessere Benetzbarkeit auf der Wachsoberfläche mit wässrigen Mitteln zu erzielen, wurde ein niedrigviskoses Gel aus Methylcellulose und abgekochtem Leitungswasser hergestellt. Weiterhin fand ein Kompressensystem aus Japanpapier und Folie Verwendung, um zu verhindern, dass das Gel von senkrechten Flächen vorzeitig abtropfte. Abgenommen wurde das Gel mit einem feuchten „Blitz-Fix“-Schwamm. Die Klebung wurde nach umfassenden Konzentrations- und Belastungstests mit 90%igem Polyethylenglykol (PEG) 2000 in destilliertem Wasser durchgeführt. Zumeist wird dieses Polymer bei der Konservierung von archäologischen Nassfunden verwendet. Ausschlaggebend ist die Wasserlöslichkeit, die den Bestand der Modelle nicht schädigt und Reversibilität gewährleistet. Das PEG lässt sich mit Pigmenten einfärben, weshalb sogar Kittungen und Retuschen mit niedrigviskosen PEG-Lösungen durchgeführt werden konnten.

 

Das Studium der Konservierung und Restaurierung an der FH Erfurt

 

Erfahren Sie mehr über den Studiengang der Konservierung und Restaurierung an der FH Erfurt im Video:

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