10.05.2014

Museum

Dix und Beckmann – Mythos Welt

Erstmalig zeigt die Kunsthalle der Hypo–Kulturstiftung in München noch bis zum 10. August 2014 eine umfangreiche Gegenüberstellung zweier zentraler Figuren der deutschen Gegenwartskunst, wie es zuletzt in einem solchen Umfang in der Ausstellung »Entartete Kunst« in München im Jahr 1937 der Fall war: Otto Dix (1891–1933) und Max Beckmann (1884–1950) stehen sich hier gegenüber, obwohl sie sich nach dem jetzigen Stand der Forschungen nie persönlich begegnet sind.

Die Ausstellung startete am 22.11.2013 in der Kunsthalle Mannheim und hat in München ihren zweiten und letzten Ausstellungsort erreicht. Rund 180 Gemälde, Zeichnungen und Grafiken beschreiben das Gesamtwerk und die zeitlichen Hintergründe der Weimarer Republik (1919–1933). Frau Dr. Ulrike Lorenz, Leiterin der Kunsthalle Mannheim, erstellte gemeinsam mit der Kuratorin Beatrice von Bormann ein Ausstellungskonzept im Rahmen von insgesamt zwölf Themenräumen, welche in einzelnen Etappen das Werk der Künstler wiedergeben. Dadurch wandelt der Betrachter durch verschiedene Themenfelder sowie die Biografien der Künstler und kann sich durch genaues Betrachten so die Gesamtwerke der Künstler erschließen.

»Beckmann gilt als zentrale Figur der deutschen Nachkriegskunst und Dix als ebenso wichtiger Vertreter der jüngeren Generation«, so Frau Dr. Lorenz, Leiterin der Kunsthalle Mannheim. Trotz zahlreicher Unterschiede in den Werken der Künstler, zeigt sich oft eine Art Parallelität in ihren Oeuvres. Vor allem die Parallelität in den Werken scheint erstaunlich, geht man bis heute davon aus, dass sich beide Künstler, trotz gleichem Umfeld und ähnlichen Bekannten, nie persönlich kennen gelernt haben. Max Beckmann, der gefeierte Sezessionsmaler und »Gesellschaftslöwe« steht hier dem »Underdog« Otto Dix gegenüber. Trotz ihren unterschiedlichen künstlerischen Vorgehensweisen war vor allem der Erste Weltkrieg ein traumatisches Erlebnis für beide. Diese zwei unterschiedlichen Positionen und Wahrnehmungen des Ersten Weltkrieges werden eindrucksvoll durch eine Gegenüberstellung aussagekräftiger Werke beider Künstler vermittelt.

Max Beckmann, der stetig auf der Suche nach dem Unsichtbaren hinter dem Sichtbaren war, wurde zu Beginn des Ersten Weltkrieges Sanitätssoldat an der Front. Nach circa acht Monaten erlitt er einen psychischen und physischen Zusammenbruch, so dass eine weitere Kriegsteilnahme nicht mehr möglich war. Otto Dix dagegen, Aufzeiger der erschütternden Wirklichkeit und ihrer Schattenseiten in der Gesellschaft, war von Beginn des Krieges bis zu den letzten Tagen als MG Schütze an vorderster Front. Beide Künstler verarbeiteten Ihre traumatischen Erlebnisse ähnlich: in zahlreichen grafischen Blättern. Erstmalig sind auch über 10 grafische Arbeiten zu diesem Thema von Max Beckmann zusammengetragen worden, die die Gräuel des Krieges schonungslos wiedergeben.

Auch weitere Themen, wie ihre Porträts von sich und bedeutenden Persönlichkeiten ihrer Zeit, wie beispielsweise dem Schauspieler Heinrich George sowie Nacht- und Bordellszenen werden in der Ausstellung weitgehend gezeigt und besprochen.

Einen großen Teil nimmt dabei das Themenfeld »Trieb und Traum« ein. Unter dem Hauptthema trifft der Betrachter auf die, für die Künstler oft als typisch angesehenen, Werke von Akten, Bordellszenen, Maskeraden und Seemannsfantasien. Sowohl Beckmann, als auch Dix zeigen in diesem Genre ihre ähnlichen Interessen, auch wenn ihre Vorgehensweisen und Stilistika unterschiedlicher nicht sein könnten. Sie entlarven das Leben als Maskerade und machen die in den Werken agierenden Figuren zu lächerlichen, jedoch gleichzeitig gefährlichen und bemitleidenswerten Protagonisten.

Der letzte Teil der Ausstellung untersucht die Künstler als Vertreter einer deutschen Kunst. Es werden Fragen aufgeworfen, was als deutsche Kunst angesehen wird und wie Beckmann und Dix hier einzuordnen sind. Vor allem spätere Werke der beiden Persönlichkeiten zeigen ein vermehrtes Interesse an Landschaftsmalereien und religiösen Themen, welche an gotische und teilweise auch romantische Malerei erinnern. Dabei waren es in der Stilgeschichte oft eben die gotische und die romantische Malerei, welche als typisch deutsche Kunststilrichtungen angesehen wurden.

Dem Betrachter stellt die Frage, warum die beiden Künstler nach ihrer Klassifikation als »entartet« durch die Nazis, ab den 1930er und 1940er Jahren ihre Interessens-Objekte so stark änderten.

Vor allem Landschaften, welche in ihrer Genauigkeit teilweise an Künstler wie Albrecht Altdorfer erinnern, finden sich vermehrt im Werk des Otto Dix. Der Künstler, welcher auch während dem Zweiten Weltkrieg in Deutschland blieb und sich in eine innere Emigration flüchtete, versuchte sich mit den harmlosen Landschaften aus dem Schussfeld der Nazis fern zu halten. Auch Beckmann interessierte sich zunehmend für Landschaften, blieb allerdings nicht in Deutschland, sondern emigrierte zunächst nach Amsterdam und später in die USA.

Die religiösen Themen wurden mit fortschreitenden Alter vom Beckmann und Dix bedeutender Teil ihrer Oeuvre. Hierin ist eine Sinnsuche zu erkennen, welche in Deutschland und auch Europa nach den zwei Weltkriegen vorherrschend war.

Die Ausstellung gibt eindrucksvoll das Konvolut der bedeutenden Gegenwartskünstler wieder und ermöglicht durch die Gegenüberstellung der selben Themenfelder, dass der Betrachter die Künstler verstehen lernt und sich in ihre Zeit einfühlt.

In Hinblick auf die Bedeutung des Ersten Weltkrieges für die Kunstentwicklung handelt es sich daher um eine wertvolle Ergänzung zu zahlreichen anderen Ausstellungen, die wir in der RESTAURO 05.2014 vorstellen werden.

Fotos: Museen

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