11.08.2022

Die Villa Empain in Brüssel

Die Villa Empain in Brüssel entwarf der belgische Architekt Michel Polak im Auftrag von Louis Empain. Foto: RESTAURO
Die Villa Empain in Brüssel entwarf der belgische Architekt Michel Polak im Auftrag von Louis Empain. Foto: RESTAURO

Sie steht für puren Luxus: Die Villa Empain in Brüssel, die der belgische Architekt Michael Polak 1930/35 entwarf. Nach langer Verwahrlosung wurde das heute denkmalgeschützte Gebäude umfangreich instandgesetzt und restauriert. Die Fondation Boghossian erhielt dafür den Europa-Nostra-Preis

1929, im Alter von gerade einmal 22 Jahren, startete Baron Louis Empain sein Projekt der Villa Empain in der Avenue des Nations in Brüssel, der heutigen Avenue Franklin Roosevelt. Louis war der zweitgeborene Sohn des Geschäftsmannes Baron Édouard Empain (1852–1930), der heute vor allem in Frankreich noch durch die Errichtung der Pariser Metro (mit den jugendstiligen Eingangsbauten von Hector Guimard) bekannt ist: Doch Édouard Empain war nicht nur Gründer der „Compagnie générale des
Railways à Voie étroite“, die Bahnlinien in Belgien, Frankreich und den Niederlanden aufkaufte, sondern baute auch weitere im Kaukasus, im Osmanischen Reich und in China. 1904 wurde Édouard Empain Mehrheitsaktionär der „Ateliers de Construction électrique du Charleroi (ACEG)“ und übernahm die Straßenbahngesellschaft von Kairo. Neben Beteiligungen an Industriebetrieben, Banken und Holdings gehörten auch mehrere Marmorsteinbrüche zu seinem Imperium. Sein gewaltiges Vermögen stammte allerdings aus der Ausbeutung der belgischen Kolonie Kongo. Eine persönliche Protektion durch König Leopold II. hatte es ihm möglich gemacht, ein Rohstoffimperium im sogenannten Kongo-Freistaat in Zentralafrika zu errichten. 1929 starb Édouard Empain. 

Die Villa Empain in Brüssel entwarf der belgische Architekt Michel Polak im Auftrag von Louis Empain. Foto: RESTAURO
Die Villa Empain in Brüssel wurde umfangreich instandgesetzt und restauriert. Fotos: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von 
Jean Boghossian (Brüssel, 2012) / Familienarchiv Empain / RESTAURO
Die Villa Empain in Brüssel entwarf der belgische Architekt Michel Polak im Auftrag von Louis Empain. Heute ist das Gebäude denkmalgeschützt. Fotos: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von 
Jean Boghossian (Brüssel, 2012) / Familienarchiv Empain; RESTAURO

Sein Sohn Louis liebte Architektur, war ein Förderer der Künste und hatte ein Faible für das Bauhaus aber auch für den Jugendstil. In seiner Villa finden sich daher verschiedene Strömungen: Einige Ornamente sind dem Jugendsti verpflichtet, die luxuriösen Materialien dem Art Déco, während die klaren, geometrischen Linien für die Moderne sprechen. Mit dem Entwurf beauftragte Louis Empain Michel Polak (1885–1948), der sich damals in Brüssel einen Namen mit der Errichtung von großen und luxuriösen Wohnkomplexen (Résidence Palace, 1922/28) gemacht hatte. Von dem belgischen Architekten stammen viele Projekte in der belgischen Hauptstadt, darunter die Hotels Atlanta (1928), Terminus-Albert I (1929) und Plaza (1930), das Warenhaus Anspach (1935) und die Zentrale der Compagnie d’Entreprises électriques Électrorubel (1933).

Hochwertige Materialien in der Villa Empain

 

Die hochwertigen Materialien in der 2500 Quadratmeter großen Villa Empain stehen für puren Luxus: Die Fassaden sind mit polierten Baveno-Granit verkleidet und die Kantenschutzleisten aus Messing mit Blattgold belegt. Im Inneren finden sich Escalette- und Bois-Jourdan-Marmor, marmoriertes Palu-Holz aus Indien, Manilkara aus Venezuela, Täfelungen aus poliertem Bubinga-Wurzelholz, Walnuss und Walnuss-Wurzelholz, Palisander und Eiche. Hinzu kamen aufwändige Glasmosaike, die hinterleuchtete Glasdecke „Die Milchstraße“ des französischen Glasmalesr und Designers Max Ingrand und seiner Frau Paule, sowie prächtiges Schmiedeeisen, dekoriertes Buntglas. Das Schwimmbecken, das den Wohnbereich der Villa verlängert, war damals nicht nur ein ästhetisches Highlight, sondern auch topmodern. Es besaß eine Zentrifuge, die das Wasser durch eine Filtervorrichtung und eine per Thermostat gesteuerte Heizanlage pumpte. Ein speziell auf die Umlaufpumpe abgestimmtes Ventil ermöglichte es, das Becken mit einem tragbaren Vakuumschlauch zu säubern.

 

Außenansicht der Villa Empain von der Avenue des Nations aus (heutige Avenue Franklin Roosevelt), 1935. Foto: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von Jean Boghossian (Brüssel, 2012) / Familienarchiv Empain
Außenansicht der Villa Empain von der Avenue des Nations aus (heutige Avenue Franklin Roosevelt), 1935. Foto: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von Jean Boghossian (Brüssel, 2012) / Familienarchiv Empain
Villa Empain, Schnitt von 1932, mit Schwimmbecken, Nebengebäuden für das Dienstpersonal und Garage (Maßstab 1:333)
Fotos: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von 
Jean Boghossian (Brüssel, 2012) / Familienarchiv Empain; RESTAURO
Villa Empain, Schnitt von 1932, mit Schwimmbecken, Nebengebäuden für das Dienstpersonal und Garage (Maßstab 1:333). Fotos: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von 
Jean Boghossian (Brüssel, 2012) / Familienarchiv Empain; RESTAURO

Nach seiner Fertigstellung erregte das heute denkmalgeschützte Gebäude Anfang der 1930er Jahres großes Aufsehen. Gewohnt haben soll Louis Empain allerdings nur ein Jahr in seiner Villa, da er ab 1934 nach Kanada zog. So vermachte Louis Empain die Villa 1937 dem belgischen Staat mit der Auflage, dass es nur als Museum genutzt werden dürfe. Der Zweite Weltkrieg setzte diesen Aktivitäten allerdings ein Ende.

Blick in den Salon und in das Ankleidezimmer der Villa Empain
Blick in den Salon und in das Ankleidezimmer der Villa Empain
Blick in den Salon und in das Ankleidezimmer der Villa Empain. Fotos: RESTAURO
Ausstellungsansicht der Schau „Portrait of a Lady“ (bis 4. September 2022). Foto: RESTAURO
Ausstellungsansicht der Schau „Portrait of a Lady“ (bis 4. September 2022). Foto: RESTAURO2011 erhielt die Stiftung dafür den Europa-Nostra-Preis. Seit 2007 steht die Villa unter Denkmalschutz, ist Sitz der international tätigen Fondation Boghossian und wird für Ausstellungen genutzt. Noch bis zum 4. September 2022 ist dort die Schau Portrait of a lady zu sehen. Die Ausstellung „Portrait of a Lady“, die noch bis zum 4. September 2022 in der Villa Empain zu sehen ist. Die Schau bietet anhand fünfundachtzig ausgewählten Kunstwerken einen Beitrag zur Feminisierung von Kunst.
Restaurierung des Mosaikbodens der Pergola. Foto: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von 
Jean Boghossian (Brüssel, 2012)
Restaurierung des Mosaikbodens der Pergola. Foto: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von 
Jean Boghossian (Brüssel, 2012)
Instandsetzung des Schwimmbeckens. Foto: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von 
Jean Boghossian (Brüssel, 2012)
Instandsetzung des Schwimmbeckens. Foto: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von 
Jean Boghossian (Brüssel, 2012)

Nach verschiedenen Nutzungen – so hatte zwischenzeitlich die sowjetische Botschaft dort aus unerklärlichen Gründen ihren Sitz –  verkaufte Louis Empain 1973 die Villa an den armenischen Tabakproduzenten Tcherkezian, der in den USA lebte. Dieser wiederum vermietete das Anwesen an den Luxemburger Fernsehsender RTL, der sich in Brüssel niedergelassen hatte (1980 bis 1993). Anschließend verfiel die Villa immer mehr. 2001 wurde sie auf die Liste der schützenswerten Brüsseler Bauten gesetzt, 2006 kaufte sie die Fondation Boghossian, die sie unter der Regie des Architekten Francis Metzger mit Aufwand restaurierte.

Instandsetzung des Schwimmbeckens
Instandsetzung des Schwimmbeckens. Foto: Ausstellungskatalog „The Villa Empain & the Boghossian Foundation“, herausgegeben von 
Jean Boghossian (Brüssel, 2012) / Familienarchiv Empain
Schwimmbecken mit Pergola bzw. Blick auf die Villa Empain. Fotos: RESTAURO
Schwimmbecken mit Pergola bzw. Blick auf die Villa Empain. Fotos: RESTAURO
Schwimmbecken mit Pergola bzw. Blick auf die Villa Empain. Fotos: RESTAURO
Schwimmbecken mit Pergola bzw. Blick auf die Villa Empain. Fotos: RESTAURO

Seit 2007 steht die Villa unter Denkmalschutz, ist Sitz der international tätigen Fondation Boghossian und wird für Ausstellungen genutzt. Noch bis zum 4. September 2022 ist dort die Schau Portrait of a lady zu sehen. Die Ausstellung „Portrait of a Lady“, die noch bis zum 4. September 2022 in der Villa Empain zu sehen ist. Die Schau bietet anhand fünfundachtzig ausgewählten Kunstwerken einen Beitrag zur Feminisierung von Kunst.

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