Die sechs Gewinnerprojekte der ersten Runde des bundesweiten Förderprogramms „Denkmalerhalt und Kulturtouristische Nutzung Historischer Bauten“ des Vereins „Schlösser und Gärten in Deutschland e. V.“ stehen fest. Eine Fachjury wählte diese aus den insgesamt 25 eingereichten Bewerbungen aus. „Die Wahl fiel uns nicht leicht. In jedem einzelnen Projektantrag, den wir erhielten, steckte außerordentlich viel Herzblut“, betont Jens Spanjer, erster Vorsitzender von „Schlösser und Gärten in Deutschland e. V.“
Zur Umsetzung des Programms erhielt der gemeinnützige Verein eine Spende von Airbnb über 1,5 Millionen Euro. Mit Fördersummen zwischen 25.000 Euro und 50.000 Euro haben die Gewinner:innen der ersten Förderrunde die Möglichkeit, denkmalbedingte Maßnahmen an Ihrem Objekt durchzuführen. Ziel ist es neue Nutzungskonzepte für Denkmäler umzusetzen zu können wie z.B. Übernachtungsmöglichkeit in einmaliger Umgebung für moderne Kulturtouristen. Eines der ersten Gutshäuser, das sich über eine Unterstützung aus dem Programm freuen kann, ist das Gutshaus Scharpzow in Mecklenburg-Vorpommern.
Natürliches Co-Living-Konzept mit Kultur
Der romantische Gutspark Scharpzow liegt inmitten der Mecklenburgischen Seenplatte. Durch die Förderung von „Schlösser und Gärten Deutschland e. V.“ in Höhe von 25.000 Euro können im Ostflügel der Gutsanlage historische Details rekonstruiert werden. Dazu gehört die Reproduktion, der so nur noch selten zu sehenden bauzeitlichen Papiertapeten. Neben dem reinen Erhalt und der Unterhaltung des Denkmals soll Scharpzow vor allem wieder ein Ort werden, der inspirierende Zusammenkünfte und eine neue Salonkultur auf dem Land ermöglicht – eine Reminiszenz an vergangene Tage, als der Gutshof ein Treffpunkt für Denker und Poeten war. Besucher:innen können sich in Scharpzow auf ein natürliches Co-Living – also gemeinschaftliches Wohnen auf Zeit – und dem Erhalt der bauzeitlichen Raumaufteilung mit dynamischen Nutzungsmöglichkeiten freuen. In den ursprünglichen Zimmern der Frau soll für Übernachtungsgäste die „Mäzenaten- Suite“, bestehend aus Schlaf- und Musikzimmer, entstehen. Der benachbarte Saal wird dann sowohl als Wohnzimmer für Gäste als auch als Salon mit wechselnden Ausstellungen zeitgenössischer Kunst genutzt. Im Esszimmer können sich Gäste auf Fine-Dining-Abende freuen, während im Musikzimmer auch meditativ entspannt werden kann.
Nachhaltige Sanierung
Der bewilligte Bauantrag sieht eine Begegnungsstätte für Künstler:innen mit privater Zimmervermietung bis zu zwölf Betten vor. Neben der geplanten Suite im Erdgeschoss entstehen im Obergeschoss des Hauses eine Bibliothek, ein Yoga-Raum und zwei Künstler:innen-Wohnateliers für temporäre Residencen. Die Sanierung des Gutshauses erfolgt ausschließlich mit ökologischen Baumaterialien. Die Gasheizung wird durch eine Photovoltaik-Anlage auf dem Pferdestall in Kombination mit einer Erdwärmepumpe und Flächenheizungen ersetzt. Biologisch abbaubare Reinigungs- und Pflegeprodukte, zusätzliche Komposttoiletten im Park, gemeinsame Mahlzeiten mit saisonalen Bioprodukten sowie die Abholung vom Bahnhof und leihbare Fahrräder sind ebenfalls Teil des Konzepts.
Natur und Luxus im Einklang
Mit den neuen Übernachtungsmöglichkeiten wird das bisherige Übernachtungsangebot ganzjährig ausgeweitet und auch das Gutshaus selbst erlebbar. In den Sommermonaten betreiben die Besitzer:innen über die Plattform Airbnb Glamping mit vier luxuriösen Zeltsuiten im 3,5 Hektar großen Gutspark. Dieser liegt inmitten von altem Baumbestand und besticht durch Lichtungen, einem Teich und einem Gartenpavillon. Die romantischen Glockenzelte aus Baumwolle – mit Außensauna und Dusche am Teich – laden zum Erholen inmitten der Natur ein. Das neue Konzept besticht zudem mit einem flexiblen Preismodell für Übernachtungen und dem Prinzip „Urlaub gegen Mitarbeit“. Somit können Gäste aller Einkommensklassen das Gutshaus erleben und parallel zu dessen Erhalt und Weiterentwicklung beitragen.
Schon immer Ort der Begegnung
Scharpzow wurde Mitte des 19. Jahrhunderts durch die Begegnung der Dichter Hoffmann von Fallersleben und Fritz Reuter bekannt. Die Gutsanlage ist geprägt von Menschen ihrer Zeit, die hier ein- und ausgingen. 1896 erfolgte die Neugestaltung der Gutsanlage mit Wirtschaftsgebäuden, einem ausgedehnten englischen Landschaftspark und einem Geflügelhaus. Federführend bei der Umgestaltung war der Hofbaumeister Georg Daniel, der unter anderem das Staatstheater in Schwerin sowie Schloss und Kirche Ivenack zu verantworten hatte. Für Scharpzow entwarf er auf hohem Sockelgeschoss einen eingeschossigen, L-förmigen Ziegelbau mit ausgebautem Dachgeschoss und hochgezogenem Mittelrisalit. Der Bau gliedert sich im Erdgeschoss in die Westhälfte mit den Zimmern des Herrn und dem Wirtschaftsteil. Die Osthälfte beherbergt die Zimmer der Frau, den Saal und das Esszimmer.
Seit über zehn Jahren begleitet der Norddeutsche Rundfunk (NDR) eine Gruppe von Gutshausrettern in Mecklenburg-Vorpommern. Mehr über die Sanierung Gutshauses Scharpzow sehen Sie hier:
Schlösser und Gärten in Deutschland e. V.
Der Verein – die bisher einzige bundesweite Vereinigung staatlicher und nichtstaatlicher Besuchermonumente – versteht sich als Zusammenschluss der großen, prägenden Schlösser, Burgen, Klöster und Gärten in Deutschland. Inzwischen gehören ihm die staatlichen, kommunalen und privaten Betreiber und Besitzer von rund 365 Monumenten mit ca. 18 Millionen jährlichen Gästen an, sowie einige Organisationen wie die Deutsche Burgenvereinigung, die Aktionsgemeinschaft privates Denkmaleigentum, die Deutsche Stiftung Denkmalschutz, die Deutsche Gesellschaft für Gartenkunst und Landschaftskultur oder die Deutsche Burgenstraße.