12.07.2023

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„National Trust“ auf Bayrisch

restaurieren und sinnvoll nutzen. Foto: Kulturerbe Bayern
restaurieren und sinnvoll nutzen. Foto: Kulturerbe Bayern

Bayerns Kulturschätze sind in Gefahr. Der junge Verein „Kulturerbe Bayern“ will gefährdetes Kulturgut schützen und nach englischem Vorbild Denkmäler aufkaufen, sanieren und betreiben. RESTAURO sprach mit den Initiatoren

Leerstand in Ortskernen, Zersiedelung der Landschaft, Verfall und Abbruch von orts- und stadtbildprägenden Gebäuden: Das gebaute und gewachsene Erbe in Bayern ist an vielen Orten in Gefahr. Damit dieses kulturelle Gedächtnis nicht verloren geht, hat sich jetzt die neue Initiative „Kulturerbe Bayern“ zum 100. Jahrestag der Gründung des Freistaates Bayern in München gebildet. Sie will das gefährdete Kulturgut schützen. 

 


Wo wird Kulturerbe Bayern“ aktiv?

„Viele historische Gebäude fallen dem Strukturwandel zum Opfer“, erklärt der Vorsitzende und promovierte  Historiker Johannes Haslauer, stellvertretender Leiter des Staatsarchivs Bamberg. Klöster würden aufgelassen, jahrhundertealte Gebäude seien vom Abriss bedroht, weil sich eine Sanierung nicht rentiere, führt der Historiker weiter aus: „In Bayern gibt es unzählige verfallende Schätze und Schmuckstücke.“ Wo staatliche Fördermaßnahmen nicht greifen oder sich keine privaten Investoren finden lassen, wird „Kulturerbe Bayern“ aktiv.


Vorbild „National Trust“

Das Vorbild dafür kommt aus England: Dort gibt es seit über 120 Jahren den „National Trust“, eine Art Volksbewegung, die heute vier Millionen Mitglieder hat. Mehr als 100 Millionen Euro steckte dieser 2017 in den Erhalt von Hunderten historischer Bauwerke und Naturdenkmäler. Über 500 Schlösser, Kirchen und historische Pubs besitzt die englische Denkmal-Treuhandschaft, deren Präsident übrigens Prinz Charles ist. Auch „Kulturerbe Bayern“ will mithilfe einer noch einzurichtenden Stiftung die Denkmäler selbst aufkaufen, sanieren und betreiben. Der „National Trust“ macht vor, dass das möglich ist, mit Spenden – und vor allem dem Engagement von vielen freiwilligen Helfern, die sich hier auch mit ihren eigenen Fähigkeiten einbringen können. „Es ist ein Auftrag an alle Bürger in unserem Land“, betont Johannes Haslauer, der ebenfalls ehrenamtlich für das Projekt arbeitet. „Wo der einzelne Eigentümer keine Perspektive sehen mag, kann die Gemeinschaft ihre Stärke unter Beweis stellen“, ist der Historiker überzeugt. „,Kulturerbe Bayern’ kann der Multiplikator sein, der in viel größerem Maße Schutz für gefährdete Bauten bieten kann, als das Einzelpersonen vermögen“, betont auch Unternehmer Andreas Hänel, der sich schon seit Langem privat für den Erhalt alter Häuser engagiert und den Verein berät. 

Das Gebäude „Judengasse 10“ in Rothenburg ob der Tauber ist das erste bedeutende Objekt, das „Kulturerbe Bayern“ unter seine Fittiche nahm. Das 1409 erbaute Haus gilt als Paradebeispiel eines spätmittelalterlichen Wohnhauses mit einzigartiger historischer Ausstattung. Bisher wurde es von dem lokalen Verein Alt-Rothenburg betreut, der künftig mit „Kulturerbe Bayern“ eng zusammenarbeiten wird. Die im April 2018 unterzeichnete Erklärung sieht den Kauf und die denkmalgerechte Instandsetzung vor. Eine Mischnutzung aus öffentlichen Räumen und Wohnen ist geplant. Gesucht werden auch Sponsoren und Partner in der Industrie. Viele Gespräche laufen. Das Landesamt für Denkmalpflege steht den Aktivitäten positiv gegenüber. „Der Verein ist auf keinen Fall Konkurrenz“, erklärt Generalkonservator Mathias Pfeil. „Zusammenschlüsse, die sich um ihre Heimat kümmern, finde ich wirklich gut.“ Mathias Pfeil gibt aber auch zu bedenken: „Wir können mit der Denkmalpflege nur dann erfolgreich sein, wenn die Menschen die Bewahrung des Bestandes und den Schutz von Identitäten wollen.“ Der Verein „Kulturerbe Bayern“ hat sich einiges vorgenommen: Er will den Denkmalschutz zur Bürgerbewegung machen. 

 

Dank der Stiftung Kulturerbe Bayern können Gäste bald wieder in den Traditionsgasthof Streichen in Schleching einkehren. Er zählt zu einem der besonderen Orte, die für die Allgemeinheit wieder zugänglich gemacht werden sollen. Das kulturelle Erbe Bayerns zu bewahren, zählt zu den Hauptzielen der Stiftung, Dafür wurde sie mit dem „Bürgerpreis 2021“ des Bayerischen Landtags ausgezeichnet. Sehen Sie hier Kulturerbe-Bayern-Geschäftsführer Bernhard Averbeck Kellner im Video:

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