23.11.2016

Museum

Deutschlands Industriedenkmale

Hessen. Heute wird die Flusstunnel-Anlage vorwiegend von Wassersportlern genutzt. Foto: RESTAURO

 

Ganz neu erschienen ist das Buch „Denkmale der Industrie und Technik in Deutschland”. Auf 432 Seiten sammeln sich Denkmale aus Produktion und Reparatur, Handel und Kommunikation, Versorgung, Infrastruktur, der Wissenschaft und Forschung. Ein Blickfang für jeden Kultur- und Geschichtsinteressierten, nettes Beiwerk für die Fachexperten.

Eine alte Fabrikhalle schmückt das Cover dieses opulenten Bildbands. Kaum eine Lücke lassen die stählernen Geräte und massiven Maschinen zwischen sich, Triebriemen hängen von der Decke, Glühlampen tauchen die Halle in diffuses Licht. Das Motiv bildet ziemlich treffend das Thema der nachfolgenden 432 Seiten ab: Denkmale der Industrie und Technik in Deutschland. So lautet auch der Titel des Werks. Auf einer dieser Seiten findet sich das Coverbild wieder, die Schraubenfabrik Zehner in Saalfeld/Thüringen, ein im Jahr 1910 gegründeter, eindrucksvoll erhaltener Betrieb. Er ist einer von 180 deutschen Industriedenkmalen im vorliegenden Bildband.

 

Herausgeber ist die Vereinigung der Landesdenkmalpfleger der Bundesrepublik Deutschland, ein Verbund, der seit 1951 existiert und 1984 die Arbeitsgruppe Industriedenkmale gründete. Seitdem engagieren sich die Mitglieder dafür, den kulturellen Wert der Industrie zu bewahren und zu vermitteln, ihrer Architektur und Funktion sowie ihrer Geschichte Bedeutung zu verleihen – indem sie unter anderem einen Bildband wie diesen veröffentlichen. 90 Prozent der Publikation besteht aus anschaulichen Beispielen herausragender deutscher Industriedenkmale, wie etwa der Moselbrücke in Trier oder der Hamburger Speicherstadt. Die restlichen zehn Prozent sind den einleitenden Worten und dem Register zuzuteilen. Jedem dieser Denkmale der Industrie ist eine Doppelseite gewidmet, wobei der Textanteil in Länge und Inhalt überschaubar bleibt – was angenehm für den kulturell interessierten Leser, zu oberflächlich jedoch für das Fachpublikum ist. Restauratoren finden lediglich im jeweils letzten Textabschnitt der Beschreibungen das eigentlich Interessante: Hier geht es konkret um die Erhaltungsmaßnahmen – wenn denn welche durchgeführt wurden. Oft ist die Rede von Sanierung, weniger jedoch von Restaurierung. Der Rest des Textes fokussiert vielmehr die Historie und Funktion des Denkmals sowie seine lokale Bedeutung.

 

Gegliedert ist der Titel in die Kapitel „Denkmale der Produktion und Reparatur“, „Denkmale des Verkehrs, des Handels und der Kommunikation“, „Denkmale der Versorgung und Infrastruktur“ und „Denkmale der Wissenschaft und Forschung“. Der Leser stößt hie und da auf Bekanntes, gerade die präsentierten Verkehrsdenkmale kennt man von Reisen, wie zum Beispiel die denkmalgeschützten Bodenseeschiffe, der Hauptbahnhof in Frankfurt, der Flughafen Berlin-Tempelhof oder der alte Elbtunnel in Hamburg. Doch beeindruckend sind vor allem jene technischen Meilensteine fernab der bekannten Städte. Sie sind vermeintlich unscheinbar gelegen in den ländlichen Regionen, repräsentieren jedoch im selben Maße die deutsche Industriegeschichte und rufen einen Hauch Nostalgie angesichts ihrer historischen Originalität hervor. Sie sind Zeugnisse wirtschaftlicher und technischer Errungenschaften und Indikatoren für die führende Rolle, die Deutschland in und seit der industriellen Revolution eingenommen hat. Eine bildgewaltige Reise durch die Industriegeschichte ist es, die das Buch gewährt. Es hat nicht den Anspruch, Nachschlagwerk für Fachexperten für den Erhalt von Industriedenkmalen zu sein. Und gleichwohl das Werk publikumsorientiert ist, bietet es eine Fülle an optischen wie konzeptionell mühsam ausgearbeiteten Inhalten.

Vereinigung der Landesdenkmalpfleger (Hrsg.): Denkmale der Industrie und Technik in Deutschland. 1. Auflage, 432 Seiten, 1.500 Abbildungen, 23,5 x 29,7 cm, Fadenheftung, gebunden, Hendrik Bäßler Verlag Berlin 2016, 39,90 €, ISBN 978-3-945880-09-8

Technisches Kulturgut ist auch das Titelthema der RESTAURO 08/2016 (erscheint am 9. Dezember 2016). Lesen Sie hier unter anderem über die Restaurierung einer alten Hamburger Straßenbahn, das von der TH Köln initiierte Oldtimer-Forschungsobjekt, ein knallroter Motorwagen Typ A Nummer 124, und ein Interview mit dem Leiter der Restaurierungswerkstätten des Deutschen Museums in München.

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