In der Frankfurter Paulskirche tagten 1848 die Delegierten der ersten deutschen Nationalversammlung, auf deren Entwürfen das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschlands fußt. Der bewegten Baugeschichte des Denkmals von 1786 bis heute widmet sich aktuell eine Ausstellung des Deutschen Architekturmuseums (DAM, bis 16. Februar 2020). Präsentiert werden historische und aktuelle Fotos sowie Entwurfszeichnungen. Im Fokus stehen die Umbauten der 1960er- und 1980er-Jahre samt den begleitenden Rufen nach Rekonstruktion eines Vorkriegszustandes. Ein gemeinsames Projekt des DAM mit der Wüstenrot Stiftung. RESTAURO sprach mit den Kuratoren Maximilian Liesner und Philipp Sturm

RESTAURO: Herr Liesner, Herr Sturm, was war der Anlass für die Ausstellung?
Maximilian Liesner, Philipp Sturm: Seit bekannt ist, dass die Paulskirche technisch saniert werden muss, rufen bestimmte Akteure nach Rekonstruktion eines Vorkriegszustands. Vielen erscheint das Foyer der Paulskirche zu düster, und manche kritisieren „die fahle Frömmigkeit“ der Architekten um Rudolf Schwarz. Das Deutsche Architekturmuseum versteht sich in der anstehenden Debatte als klarer Verfechter des modernen Wiederaufbaus von 1948. Unsere Arbeit ist, aufzuklären, warum das Raumprogramm so nüchtern gehalten ist und welche Bedeutung der Bau für den demokratischen Neuanfang der Bundesrepublik hat.

RESTAURO: Ist die Paulskirche selbst auch Ausstellungsort?
Maximilian Liesner, Philipp Sturm: Die Paulskirche ist nur zehn Gehminuten vom DAM entfernt. Im DAM zeigen wir historische Abbildungen des Vorkriegs- und des Wiederaufbaus, viele originale Zeichnungen der Architekten sowie eine Bestandsaufnahme der heutigen Paulskirche inklusive Einblicke in das ansonsten verschlossene, ominöse „Präsidentenzimmer“. Zudem dokumentieren wir die Diskussionen über den angemessenen Umgang mit der Nachkriegslösung, die die Kirche seit jeher begleiten.

RESTAURO: Welche Botschaft ist Ihnen dabei besonders wichtig?
Maximilian Liesner, Philipp Sturm: Die Paulskirche ist Symbol der inzwischen 70 Jahre währenden bundesdeutschen Demokratie und Debattenkultur und muss dies auch bleiben. Das schließt Rekonstruktionen einer Empore oder eines Steildachs aus. Die nüchterne Eleganz der Räume und die Sprechstelle, an der alljährlich der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels vergeben wird, dürfen nicht angetastet werden. Wir laden die Besucher ein, ihre eigenen Gedanken an eine Ausstellungswand zu bringen.

Das Interview führte Sabine Schneider.

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