13.09.2023

Kulturerbe Nachhaltigkeit Porträts

Das Landesmuseum Bergbau in Südtirol vermittelt Montanwesen nachhaltig und zeitgemäß

Was ist Bergbaulandschaft? Wie verändert Bergbaulandschaft eine Naturlandschaft? Welche Bergbaulandschaften gibt es in Südtirol? Mit diesen Themen setzt sich das einstige Erzrevier Schneeberg im Passeiertal auseinander, eine der vier Standorte des Südtiroler Landesmuseums Bergbau. Foto: Landesmuseum Bergbau Südtirol
Was ist Bergbaulandschaft? Wie verändert Bergbaulandschaft eine Naturlandschaft? Welche Bergbaulandschaften gibt es in Südtirol? Mit diesen Themen setzt sich das einstige Erzrevier Schneeberg im Passeiertal auseinander, eine der vier Standorte des Südtiroler Landesmuseums Bergbau. Foto: Landesmuseum Bergbau Südtirol

Seit sechs Jahren ist Christian Terzer Direktor des Landesmuseums Bergbau in Südtirol, das historisch gewachsen auf vier Standorte in drei verschiedenen Tälern verteilt ist. Der promovierte Archäologe vermittelt hier Montanwesen nachhaltig und zeitgemäß: Auch unser heutiger Umgang mit endlichen Rohstoffen ist Thema

Das Südtiroler Landesmuseum Bergbau umfasst vier Standorte in drei verschiedenen Tälern des Landes. Sie liefern ein Gesamtbild des Bergbaus und des Montanwesens in Südtirol. „Die Dependancen liegen bis zu 190 km voneinander entfernt“, erzählt Museumsdirektor Dr. Christian Terzer. „Das allein ist ein erster Hinweis auf die Komplexität dieses Museums in der täglichen Museumsarbeit. Ich bin sehr viel unterwegs.“ Alle Standorte (Schneeberg in Passeier, Maiern im Ridnauntal, Steinhaus und Prettau im Ahrntal) entstanden Anfang/Mitte der 1990er Jahre unabhängig voneinander auf lokale Initiativen. Anfang der 2000er Jahre wurden sie zusammengeführt. „Ich versuche sie seit mittlerweile sechs Jahren auf inhaltlicher Ebene aufeinander abzustimmen. Eine Vision, die sich meines Erachtens nur umsetzen lässt, wenn jeder Standort seine eigene Identität erhält, seinen eigenen Charakter stärkt und die Unterschiede deutlich gemacht und herausgearbeitet werden.“ Jeder Standort wird daher unterschiedlich bespielt. Schneeberg in Passeier, ein einstiges Erzrevier, erzählt die Bergbaulandschaft: Was ist Bergbaulandschaft? Wie verändert Bergbaulandschaft eine Naturlandschaft? Und welche Bergbaulandschaften gibt es in Südtirol? Maiern in Ridnaun mit seinem einstigen Vorzeigebetrieb der industriellen Revolution um 1870 thematisiert die Bergbauindustrie. In Steinhaus, dem ehemaligen Verwaltungszentrum des Bergbaus im Ahrntal, kommen Bergleute (Bergwerksbesitzer, Verwalter, Bergarbeiter, Abnehmer, Zulieferer usw.) zur Sprache und Prettau mit seinen noch erhaltenen spätmittelalterlichen-frühneuzeitlichen Stollen erzählt den historischen Bergbau.

Foto: Bergbaumuseum Südtirol

Dass es allein schon eine logistische Herausforderung ist, in Schneeberg eine Dauerausstellung einzurichten und zu betreiben, berichtet Christian Terzer. Denn das ehemalige Erzrevier liegt im Hochgebirge auf über 3300 m und ist nur zu Fuß oder per Hubschrauber zu erreichen. „Das Museum führt dort zudem eine Schutzhütte bzw. hat diese an einen Pächter verpachtet“, führt Christian Terzer weiter aus. „Zu den museumseigenen Strukturen dort gehören außerdem ein Stausee, Druckrohrleitungen, das ehemalige E-Werk des Bergwerkbetriebs – es liefert bis heute den Strom für die Schutzhütte – , kilometerlange Schienenstränge, die durch die Hochgebirgslandschaft ziehen, und die einstigen Bergwerksstollen, von denen sechs Kilometer für Besucher:innen zugänglich sind.“ Um das über vier Quadratkilometer große Erzrevier am Schneeberg erlebbar zu machen, wurde jüngst ein Audio-Guide produziert. Wanderer und Bergsteiger können sich die App auf ihr Handy laden, um das Gebiet nicht nur zu durchwandern, sondern auch etwas über dessen Besonderheiten und Eigenheiten zu erfahren. „Einen Audio-Guide zu produzieren klingt erstmal nach Routine“, sagt Christian Terzer. „Im Falle von Schneeberg hieß das aber, dass die 21 Landmarks in Form von 200 kg schweren Betonwürfeln, mit denen die Hörstationen im Gelände zwischen 1900 und 3300 m Meereshöhe markiert sind, erstmal per Hubschrauber an ihren jeweiligen Standort verfrachtet werden mussten.“ In dem ehemaligen Industriebetrieb Maiern (Ridnaun) wurde das Erz vom Schneeberg aufbereitet. „Dort führen wir die Besucher:innen durch die Werkshallen“, erläutert Christian Terzer. „Der Standort Steinhaus ist dagegen ein klassisches Museum mit einer Dauerausstellung. In Prettau fahren die Besucher:innen mit der Grubenbahn in die einstigen Stollen des Kupferbergwerks. Hier betreiben wir außerdem noch einen Klimastollen für Menschen mit Atemwegsbeschwerden.“

Was sind die Herausforderung für das Landesmuseum Bergbau in Südtirol?

 

Die größte Herausforderung für das Landesmuseum Bergbau ist aktuell die sehr kostenintensive Instandhaltung der vielen historischen Gebäude, einstigen Bergwerksstollen und des historischen Maschinenparks, weiss Christian Terzer. „Vor allem den einstigen Untertagebau für Besucher:innen unter Einhaltung der heute geltenden Sicherheitsbestimmungen zugänglich zu machen, verschlingt Unsummen an finanziellen Mitteln. Für die Industrieanlage mit ihrem Maschinenpark, der in Maiern im Einsatz stand und die wir funktionstüchtig erhalten möchten, um sie während der Führungen in Gang zu setzen, gibt es keine Ersatzteile mehr. Vieles müssen wir eigens anfertigen lassen. Aber unser Museum lebt nun mal von diesem hautnahen Erleben, von der Einfahrt in das Grubengebäude, vom Gang durch die Abbaustollen, vom beeindruckenden Lärm der Maschinen. Das ist unsere Stärke. Bei all dem bleiben wir authentisch, das Südtiroler Landesmuseum Bergbau ist kein Disneyland.“

Dr. Christian Terzer, Direktor des SüdtirolerLandesmuseums Bergbau. Foto: Landesmuseum Bergbau, Südtirol
Dr. Christian Terzer, Direktor des SüdtirolerLandesmuseums Bergbau. Foto: Landesmuseum Bergbau, Südtirol

Christian Terzer bezieht alle Aspekte des Bergbaus – auch die negativen Seiten – mit ein: die massiven Eingriffe und Zerstörung von Naturlandschaft, die Umweltverschmutzung durch den Einsatz von Chemikalien und die Bedrohung von Ökosystemen. In der Vergangenheit stand der Mythos des Knappen und der harten Arbeit untertage im Fokus der Vermittlung, berichtet Christian Terzer. „Diesen Schwerpunkt haben wir inhaltlich um das Thema Arbeitsmigration erweitert, da viele Bergarbeiter hierzulande vom mittelalterlichen Beginn an bis zur Schließung der Bergwerke in den 1970er und 1980er Jahren aus anderen Teilen Italiens und Europas dorthin gezogen sind.“ Bezüge zur Gegenwart sind Direktor Christian Terzer außerordentlich wichtig, um seine Besucher-:innen aus ihren Lebenswelten abzuholen. 

Nachhaltigkeit ist ein naheliegendes Grundprinzip des Landesmuseums Bergbau

 

Da Bergbau mit der Gewinnung von endlichen Rohstoffen zu tun hat, möchte Christian Terzer mittelfristig das Thema Rohstoffe und der Umgang damit in der Vergangenheit, der Gegenwart und der Zukunft in den Mittelpunkt der Erzählung stellen. „Auch unser heutiger Umgang mit endlichen Rohstoffen soll thematisiert werden, vor allem was deren Nutzung im Alpenraum als hochsensibles Ökosystem betrifft.“ Nachhaltigkeit ist ein naheliegendes Grundprinzip des Landesmuseums Bergbau, betont der Direktor. 2020 rief Christian Terzer daher eine eigene Arbeitsgruppe dazu ins Leben. 2021 startete er ein Projekt mit eigenem Label. Es ist den von den Vereinten Nationen definierten 17 Zielen zur Nachhaltigkeit verpflichtet. „Für mich ist Nachhaltigkeit einer der Kernwerte des Landesmuseums Bergbau. Daher gehört die Minimierung unseres ökologischen Fußabdrucks zu den prioritären Zielsetzungen. Auch Zugänglichkeit und die Förderung von nachhaltiger Vermittlung werden immer mehr in den Vordergrund unserer Museumsarbeit rücken.“ 

Mehr das über vier Quadratkilometer große Erzrevier am Schneeberg erfahren Sie hier im Video:

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