Eines der ersten geförderten Projekte des Stiftungsbündnisses „Kunst auf Lager“ stellt seine Ergebnisse vor
Einen „idealtypischen Verlauf“ bescheinigte Thomas Köhler, Direktor der Berlinischen Galerie, dem neusten Restaurierungsprojekt seines Hauses. Denn während der Vorbereitungen zur Ausstellung „Radikal Modern. Planen und bauen im Berlin der 1960er Jahre“ (bis Ende Oktober 2015) forschte Kuratorin Ursula Müller einigen, im Museumsbestand vorhandenen Abbildungen von idealtypischen Stadtgestaltungsideen für das Ost-Berliner Zentrum nach. Sie fand nicht nur ihren Urheber, den Architekten Dieter Urbach, sondern auch noch 18 weitere großformatige Collagen im Besitz des Architekten.
Viele von ihnen waren durch die jahrzehntelange private Lagerung und einen Wasserschaden stark geschädigt und so fragil, dass sich vor allem die aufgeklebten Fotos schon beim Auspacken aufzulösen drohten. Außerdem fand Museumsrestauratorin Maria Bortfeldt Schimmelspuren. Doch da Dieter Urbach dem Museum die Collagen schenkte, musste sich das Museum um ihre Erhaltung kümmern. Da kam die Gründung des Stiftungsbündnisses „Kunst auf Lager“ im Februar 2014 gerade richtig. Das Projekt der Berlinischen Galerie wurde eines der ersten geförderten Restaurierungsvorhaben des neuen Bündnisses.
Nach 420 Arbeitsstunden sind jetzt die Ergebnisse des umfangreichen Restaurierungsprozesses in einem separaten Raum der Dauerausstellung der Berlinischen Galerie zu sehen. Die großformatigen Collagen von Dieter Urbach aus den 1970er Jahren vermitteln nicht nur einen guten Eindruck von den Entwürfen der Architekten Josef Kaiser und Heinz Graffunder für die Gestaltung der zentralen Gebäude und Plätze der Hauptstadt der DDR, sondern auch von Urbachs hoch entwickelter Collagetechnik. Urbach, 1937 geboren, in Dresden zum Architekten ausgebildet und danach Mitarbeiter von Josef Kaiser, fertigte die Collagen als vielteilige Stadtansichten an, deren Wirkung durchaus mit dem Effekt heute üblicher 3D-Animationen verglichen werden kann.
Urbach verwendete Fotos, Bilder aus Zeitschriften, zeichnete, malte mit Deckweiss und klebte zahlreiche einzelne Papierstreifen, um die Fassadengestaltung darzustellen. Die Staffagefiguren schnitt er aus dem Modeheft „Sibylle“ und zwei Illustrierten aus – viel mehr Illustrierte gab es in der DDR nicht. Zusätzlich nutzte er eigene Fotografien. Zum Materialmix gehören auch die Hartfaserplatten, auf die er die Arbeiten klebte. Um Haltbarkeit ging es damals nicht – vielmehr um Veränderung, denn die Entwürfe für Gebäude und Fassaden wurden jeweils in mehreren Gestaltungsvarianten hergestellt, reproduziert und dann zur Entscheidung bei Honecker und Co. vorgelegt.
Insbesondere die Hartfaserplatten bereiteten der beauftragten Restauratorin Stefanie Pfeifer viel Arbeit. „Das Bildsilber war durch den Kontakt mit den Hartfaserplatten an einigen Stellen stark angegriffen“, sagt Maria Bortfeldt. Die Platten wurden komplett entfernt. Außerdem mussten mehr als 100 Einzelelemente wieder befestigt werden. Verfärbungen durch die damals verwendeten Klebstoffe wurden reduziert. Allein die Neu-Befestigung abgelöster Teile dauerte 90 Stunden. Einige geschädigte Stellen mussten komplett ergänzt werden, sodass die Collagen in ihrer Kunstfertigkeit und Perfektion nun wieder erkennbar sind.