Eigentlich wollten wir mit Johanna Leissner über ihr europäisches Klimaprojekt „Climate for Culture“ sprechen. Daraus wurde eine Diskussion über die Außenwirkung von Restauratoren. Ein Interview.
„Restauratoren gelten als Verhinderer“
Wer hatte die Idee zu diesem Projekt?
Johanna Leissner: Die Idee kam von mir. Ich war lange Jahre in der Europäischen Kommission tätig und habe viele Antragsteller bezüglich des Themas „Kulturerbeforschung“ beraten. Im Rahmen des sechsten EU-Rahmenforschungsprogrammes wurde ein kleineres Projekt gefördert, das die Klimaauswirkungen im Außenbereich erforschte. Als das 7. Forschungsrahmenprogramm startete, gab es einen Aufruf für ein Großprojekt zu Auswirkungen des Klimawandels auf das kulturelle Erbe. Das Thema hatte mich schon immer begeistert und ich merkte, dass ich ebenfalls noch forschend tätig sein möchte.
Was gab aus Ihrer Sicht den Ausschlag für Ihr Projekt?
Es war die erstmalige Kombination von Klimamodellierung und Gebäudesimulation, mit der wir in die Zukunft schauen wollten. Das hatte noch nie jemand gemacht – auch nicht für den normalen Gebäudesektor. Wir haben sowohl das Außenraum-, das Innenraumklima und den zukünftigen Energiebedarf bis 2100 ins Blickfeld genommen als auch erstmalig die ökonomischen Auswirkungen, also eine Art „Stern-Report“, erfasst.
Ist die Kulturerbeforschung in Deutschland zu wenig anerkannt?
Ja, heute überholen uns andere Länder auf diesem Gebiet. Aber vor 20 Jahren war das anders. 1984 waren die sichtbaren Folgen des sauren Regens ein Anlass, seitens der Politik tätig zu werden. Bundeskanzler Helmut Kohl hat sich besonders für die Kulturerbeforschung eingesetzt und das Programm des BMFT „Glas und Stein“ initiiert. Hier wurden über 15 Jahre 450 Mio. DM ausgeschüttet. Dieses Programm war sozusagen die Blaupause für die EU, die ab 1986 erstmalig dafür Gelder zur Verfügung gestellt hat.
Brauchen wir eine neue Naturkatastrophe, damit öffentliche Gelder für Kulturerbeforschung zur Verfügung gestellt werden?
Eigentlich schon. So schlimm das ist. Denn heute dreht sich alles nur noch um Innovation. Und leider gelten Restauratoren diesbezüglich immer noch als Verhinderer. Aber immerhin gelang es, dass die Forschung zur Erhaltung unseres Kulturerbes in das EU-Programm „Horizon 2020“ aufgenommen wurde – hier hat uns der Verband der Restauratoren sehr viel unterstützt.
In der RESTAURO 7/2014 können Sie das gesamte Interview sowie detaillierte Informationen zu den verwendeten Simulationsprogrammen WUFI® Plus und HAMBase nachlesen.
–> Das Forschungsprojekt „Sammlungen erhalten: Die Temperierung als Mittel der Präventiven Konservierung“ untersucht Wechselwirkungen zwischen Klima, Raumhülle und Objekt und setzt sich mit den Temperieranlagen, die in den vergangenen 30 Jahren in zahlreichen Museen eingebaut wurden, auseinander.
Zur Auftaktveranstaltung vom 12. November 2012 erschien nun ein Tagungsband „Die Temperierung – Beiträge zum aktuellen Forschungsstand“ in der Reihe „Inhalte – Projekte – Dokumentationen“ des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege, € 13,90. Ende 2015 werden die Ergebnisse des Forschungsprojektes präsentiert.