Der Sprechblasenwald in der Ausstellung «Bijou oder Bausünde?» im Schweizer Heimatschutzzentrum in Zürich zeigt Meinungen und Debatten über den Umgang mit Baukultur. Foto Noah Santer/Schweizer Heimatschutz
Der Sprechblasenwald in der Ausstellung «Bijou oder Bausünde?» im Schweizer Heimatschutzzentrum in Zürich zeigt Meinungen und Debatten über den Umgang mit Baukultur. Foto Noah Santer/Schweizer Heimatschutz

Schön oder hässlich – Bijou oder Bausünde – abreissen oder schützen? Seit der Eröffnung der gleichnamigen Ausstellung im vergangenen September in der Zürcher Villa Patumbah haben sich über 3000 Besucherinnen und Besucher im Schweizer Heimatschutzzentrum mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Das neue Rahmenprogramm zur zweisprachigen Ausstellung (dt/fr) lädt ein, sich über Fragen der Baukultur auszutauschen und zu netzwerken. Die Schau zeigt, wie Baukultur in der Gesellschaft verhandelt wird und wie sich Menschen für Häuser, Siedlungen und Freiräume engagieren

Baukultur ist Verhandlungssache: Was wird abgerissen und muss oder kann Neuem weichen? Wer entscheidet über Qualität und Schutzwürdigkeit? Der Diskurs über die Baukultur wird weitestgehend von Fachpersonen bestimmt – die Perspektive und Sichtweise der Bevölkerung, ihre Partizipation und ihr Engagement werden jedoch immer wichtiger. Denn um eine «hohe Baukultur» zu erreichen, wie es die «Erklärung von Davos» der europäischen Kulturminister:innen aus dem Jahr 2018 fordert, braucht es eine Beteiligung der Zivilgesellschaft sowie eine informierte und mündige Öffentlichkeit. Auf lustvolle Weise regt die Ausstellung im Heimatschutzzentrum dazu an, sich mit der gebauten Umwelt und verschiedenen Haltungen aktiv auseinanderzusetzen.


Feierrreigen im Schweizer Heimatschutzzentrum am 2. September 2023

Das neue Rahmenprogramm bietet unter anderem Führungen durch das Bauteillager der Kantonalen Denkmalpflege, Touren zu «Beton-Beauties» in der Stadt Zürich und Einblick in die Berufspraxis eines Architekten, der seit 30 Jahren auf «Weiterbauen und Wiederverwerten» setzt. Im Rahmen der «Langen Nacht der Zürcher Museen» am 2. September 2023 feiert das Schweizer Heimatschutzzentrum sein 10-jähriges Jubiläum mit einem Programm rund um Bijous und Bausünden seinen 10. Geburtstag und gibt exklusive Einblicke in baukulturelles Erbe.

Details zum Rahmenprogramm und zur Ausstellung finden Sie auf der Website des  Heimatschutzzentrums. Infos und Anmeldung hier.


2023: 10-jähriges Bestehen des Schweizer Heimatschutzzentrums

Der Schweizer Heimatschutz engagiert sich seit 1905 gemeinsam mit seinen 25 kantonalen Sektionen für mehr Baukultur. Dabei wird er getragen von rund 27’000 Mitgliedern. Der Schweizer Heimatschutz setzt sich für das gebaute Erbe sowie wertvolle städtische und ländliche Räume ein und stösst Diskussionen zur nachhaltigen Entwicklung der gestalteten Umwelt an. Ein besonderer Fokus liegt aktuell auf den drei Bereichen «Umwelt und Nachhaltigkeit», «Zivilgesellschaftliches Engagement» und «Baukulturvermittlung».

Der Verein betreibt das Heimatschutzzentrum und sitzt seit 2013 in der Villa Patumbah. Im Erd- und Gartengeschoss zeigt das Heimatschutzzentrum hier Ausstellungen und bietet Führungen, Theatertouren und Workshops rund um das Thema Baukultur an. Damit schärft es den Blick für die gebaute Umwelt in all ihren Facetten: Baukultur, Lebensräume, Kulturlandschaft, Siedlungsentwicklung.

Die Idee eines Bildungszentrums des Schweizer Heimatschutzes geht zurück auf das Jahr 1999. Der Erlös der Schoggitaleraktion 2005 zum 100-Jahr-Jubiläum des Schweizer Heimatschutzes verhalf dem Projekt zum Durchbruch. Nach einer landesweiten Suche nach einem geeigneten Baudenkmal konnte der Mietvertrag mit der Stiftung Patumbah eingegangen und das Zentrum 2013 eröffnet werden. Leiterin des Heimatschutzzentrums ist Judith Schubiger.

Der Betrieb des Heimatschutzzentrums wird vom Schweizer Heimatschutz getragen. Weiter leisten das Bundesamt für Kultur sowie Kanton und Stadt Zürich Beiträge an den Betrieb. Ein zusätzliches Finanzierungsstandbein bildet der Club «Freunde der Villa Patumbah». Für die Sonderausstellungen sowie für projektbezogene Bildungs- und Vermittlungstätigkeiten sind wir auf Mittel von Dritten angewiesen.

Einen Blick in die Villa Patumbah und den Beginn der Restaurierungsarbeiten Jahr 2011 sehen Sie hier im Video:

 

 


Die Villa Patumbah

Der Kaufmann Carl Fürchtegott Grob liess die Villa Patumbah im Jahr 1885 von den bekannten Zürcher Architekten Alfred Chiodera und Theophil Tschudy erbauen. Der prachtvolle Bau im Stil des Historismus ist Zeuge der kolonialen Verflechtungen der Schweiz: Grob lebte von 1869 bis 1879 auf Sumatra, das damals zu Niederländisch-Indien gehörte und erlangte mit dem Betrieb von Tabakplantagen grossen Reichtum. Zahlreiche Schweizer wie Carl F. Grob profitierten von den bestehenden kolonialen Strukturen und von Tausenden von Arbeitern, die unter prekären Bedingungen auf den Plantagen angestellt waren. Beim Bau der Villa kombinierten die Architekten Stilelemente der Renaissance, des Rokoko und der asiatischen Kunst zu einem opulenten Gesamtkunstwerk. Die Villa Patumbah reihte sich in die neu entstehenden Villen der Gemeinde Riesbach ein und gehörte zu den teuersten Privatbauten Zürichs. Nachdem Carl F. Grob 1893 bereits verstorben war, schenkten Grobs Witwe Anna Dorothea Grob-Zundel und die zwei Töchter die Villa 1911 dem Diakoniewerk Neumünster, welches darin für viele Jahrzehnte ein Altersheim betrieb. Als in den 1970er-Jahren Abrisspläne bekannt wurden, übernahm die Stadt Zürich das Haus. Seit 2006 ist die Stiftung Patumbah Eigentümerin der Villa. Sie liess das Baudenkmal in Zusammenarbeit mit der kantonalen Denkmalpflege und dem Architekturbüro Pfister, Schiess, Tropeano sorgfältig renovieren. Der Schweizer Heimatschutz mietet die Villa seit 2013 und belebt sie mit dem Heimatschutzzentrum und seiner Geschäftsstelle.

 

www.heimatschutzzentrum.ch

Infos und Anmeldung: heimatschutzzentrum.ch

Die Ausstellung «Bijou oder Bausünde? Über unseren Umgang mit Baukultur» ist noch bis Ende März 2024 zu sehen.

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