Eine Arbeitsgruppe der Donau-Universität Krems entwickelt nach den Erdbeben in Accumoli (Latium) trotz Schneefällen und erneuter Beben in der Region im Januar 2017 eine erste Strategie zum Wiederaufbau. Foto: Florian Kerschbaumer / Donau-Universität Krems
Eine Arbeitsgruppe der Donau-Universität Krems entwickelt nach den Erdbeben in Accumoli (Latium) trotz Schneefällen und erneuter Beben in der Region im Januar 2017 eine erste Strategie zum Wiederaufbau. Foto: Florian Kerschbaumer / Donau-Universität Krems

Zur Erhaltung und Entwicklung historischer Stadträume erarbeitet das Department Bauen und Umwelt der Donau-Universität Krems unter der Leitung von Professor Christian Hanus grenzüberschreitend nachhaltige Nutzungskonzepte

Sie ist Österreichs jüngste öffentliche Uni­versität: die Donau­Universität Krems. Sehr erfolgreich setzt sie seit ihrer Gründung 1995 auf postgraduale Weiterbildung und zählt in diesem Bereich mittlerweile europaweit zu den führenden Einrichtungen. Forschung und Lehre fokussieren dabei auf aktuelle ge­sellschaftliche Herausforderungen. Das De­partment für Bauen und Umwelt verbindet Fachwissen aus Ökologie, Ökonomie und Kultur, um zukunftsfähige Architektur und Lebensräume zu entwickeln.

Professor Christian Hanus, Dekan der Fakultät für Bildung, Kunst und Architektur und Leiter des Departments für Bauen und Umwelt. Foto: Donau-Universität Krems
Professor Christian Hanus, Dekan der Fakultät für Bildung, Kunst und Architektur und Leiter des Departments für Bauen und Umwelt. Foto: Donau-Universität Krems
Blick auf den Campus der Donau-Universität Krems. Foto: Donau-Universität Krems
Blick auf den Campus der Donau-Universität Krems. Foto: Donau-Universität Krems

Christian Hanus baute den Master­studiengang „Sanierung und Revitalisierung“ und das „Zentrum für Baukulturelles Erbe“ auf

Professor Christian Hanus, Dekan der Fakultät für Bildung, Kunst und Architek­tur, leitet das Department seit 2013. Der auf Denkmalpflege, Erneuerbare Energien und Bauphysik spezialisierte Experte stellt histo­ rische Bausubstanz in einen Kontext: Er analysiert Denkmäler ökonomisch, bauphy­sikalisch und technisch, um sie sinnvoll zu nutzen. „Wir versuchen, Baudenkmäler als Selbstverständlichkeit zu sehen, sie in ihren Charakteristika zu verstehen, zu beschrei­ben, zu quantifizieren und entsprechend auf Basis dieser Erhebungen den Umgang mit ihnen zu finden“, führt Christian Hanus aus. Dazu etablierte er den Master­studiengang „Sanierung und Revitalisierung“ und baute das „Zentrum für Baukulturelles Erbe“ auf.

Arbeitsgruppe am Marktplatz der tschechi- schen Welterbestadt Telc. Foto: Donau-Universität Krems
Arbeitsgruppe am Marktplatz der tschechi- schen Welterbestadt Telc. Foto: Donau-Universität Krems
Der künstliche Himmel des Lichtlabors simuliert Tageslichtsituationen. Foto: Donau-Universität Krems
Der künstliche Himmel des Lichtlabors simuliert Tageslichtsituationen. Foto: Donau-Universität Krems

Für den Wiederaufbau erdbe­benzerstörter Städte im Appenin und in Zen­tralitalien

Sein Department beschäftigt sich außerdem mit der Erhaltung und Entwicklung von UNESCO-­Welterbestättten, dem Kulturgü­terschutz (nach Haager Konvention), den Lebenszykluskosten und der Immobilienbe­wertung von Denkmälern, der Bauklimatik von Altbauten und der Tageslichtplanung. „In einem interdisziplinären Kollegium aus den Bereichen der Architektur­ und Ingeni­eurwissenschaften, der Kunstgeschichte, Päd­agogik und Soziologie, Ökologie und Ökono­mie erarbeiten wir mit unseren Studierenden Konzepte zu realen Bauaufgaben in der tsche­ chischen Stadt Telc, deren historische Innen­ stadt seit 1992 zum UNESCO­Welterbe zählt“, erklärt Christian Hanus. „Dort führen wir mit den technischen Universitäten von Prag und Bratislava, der Masaryk Universität Brünn und dem Exzellenzzentrum Telc der Akademie der Wissenschaften der tschechi­schen Republik und dem Nationalen Tsche­chischen Denkmalinstitut seit 2017 Summer­ und Winterschools durch und haben erst jüngst mit der Unterzeichnung eines Memo­randums unsere Aktivitäten vertieft.“

Aktiv beteiligt sich die Universität auch seit knapp zehn Jahren am Wiederaufbau erdbe­benzerstörter Städte im Appenin und in Zen­tralitalien. Mittels Gesprächen mit den Bewohnern, Untersuchung der Schäden und Trümmer, al­ter Fotografien und Dokumente werden Grundlagen für den Wiederaufbau entwi­ckelt. „Wir wollen verstehen, welche Wertig­keit Gebäude im Stadtgefüge haben, ökono­misch, sozial, konfessionell und kulturell, da­ mit es auch funktioniert“, erläutert Professor Hanus. Denn nicht nur die Städte selbst sollen erdbebensicher wiederhergestellt werden, sondern auch das dortige Alltagsleben. Nach den schweren Erschütterungen 2016 in Accu­moli (Latium) wurde die Donau­Universität eingeladen, am Wiederaufbau mitzuarbeiten. Trotz heftiger Schneefälle und erneuter Be­ben in der Region entwickelte eine Arbeits­gruppe dann bereits Mitte Januar 2017 unter der Leitung von Christian Hanus und dem Architekten Professor Roberto Pirzio Biroli eine erste Strategie für den Wiederaufbau. „In Kooperation mit den dortigen Universitäten wollen wir dort die nächsten 15 Jahren eine Scola für die Rekonstruktion und Revitalisie­rung einrichten.“


„Nach weniger als 30 Jahren ist das denkmalge­rechte Gebäude im Vergleich zum Neubau ökonomisch vorteilhafter“

Zu den weiteren Schwerpunkten des De­partments zählt die energetische und um­ weltsensitive Gebäudeoptimierung sowie die Lebenszykluskosten­-Berechnung von Bau­ werken. An Letzterer forscht das Zentrum für Immobilien­ und Facility Management unter der Leitung von Professor Helmut Floegl bereits seit vielen Jahren, erzählt Christian Hanus: „Im Rahmen einer Master­arbeit prüften wir an einem Beispiel unser Lebenszyklusmodell und stellten fest, dass nach weniger als 30 Jahren das denkmalge­rechte Gebäude im Vergleich zum Neubau ökonomisch vorteilhafter ist. Beim Altbau muss beispielsweise die Haustechnik weniger aufwendig ausgelegt werden. Zwar ist der Energieverbrauch über die Dauer höher, doch müssen geringere Leistungsspitzen ab­ gedeckt werden und die Kühllasten fallen weg.“ Ein starkes Argument für den Erhalt alter Bauten.


Wiederentdeckung von altem Wissen über verschiedene Mate­rialien und Arbeitstechniken

Das alte Wissen über verschiedene Mate­rialien und Arbeitstechniken wiederzuentde­cken und darauf aufzubauen, um es für die heutige Zeit und für unsere Zwecke sinnvoll zu nutzen, ist Inhalt des Masterlehrgangs „Konzeptuelle Denkmalpflege“. Diesen führt die Kremser Universität in Zusammenarbeit mit der „Bauhütte Müstair“, der Koordinie­rungsstelle für Forschung und Dokumentati­on im Kloster Müstair, durch. Architekten und Künstler aber auch Handwerker und Bauherren mit ausgepräg­tem Interesse für Formgebung und Bearbei­tungstechniken im Bereich traditioneller Bau­ und Ausstattungsmaterialien nehmen an diesem dreijährigen Lehrgang teil. Bei der Fülle des Angebots dürfte die Auswahl des passenden Studiengangs schwer­ fallen.

Der Beitrag erschien in der Print-Ausgabe der RESTAURO: Die Spezial-Ausgabe ÖSTERREICH im Kulturerbejahr 2018. Das Heft können Sie bei uns im Shop erwerben.

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