10.11.2022

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Baubezogene Kunst in der DDR

Restaurierungsarbeiten: Festigung von Fliesen durch Injektionen. Foto: Gustav van Treeck GmbH
Restaurierungsarbeiten: Festigung von Fliesen durch Injektionen. Foto: Gustav van Treeck GmbH

Zum kulturellen Erbe in Deutschland zählt auch das der DDR. Die Wüstenrot Stiftung hat deshalb das Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“ ins Leben gerufen

In offiziellem Auftrag entstandene Kunstwerke der DDR, die sich im öffentlichen Raum befinden, wurden seitens der Denkmalspflege nach der Wiedervereinigung lange Zeit stiefmütterlich behandelt bzw. vielerorts als nicht erhaltenswert eingestuft. Inzwischen sind  jedoch auch diese propagandistisch konnotierten Werke als Teil des kulturellen Erbes in Deutschland anerkannt. In den vergangenen 30 Jahren wurden allerdings etliche dieser Arbeiten zerstört bzw. überformt, und auch heute noch leiden viele Werke unter Verfall, Abriss und oftmals auch noch unter fehlender Wertschätzung – obwohl ihre künstlerische, historische und auch soziologische Bedeutung nur noch selten in Frage steht. Dazu kommt der Wunsch vieler Menschen, „ihre“ Kunst im öffentlichen Raum als identitätsstiftendes Element zu behalten und zu erhalten bzw. zurückzubekommen.

Josep Renau, Wandmosaiken in Halle-Neustadt (1968 – 1974), April 2022. Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Josep Renau, Wandmosaiken in Halle-Neustadt (1968 – 1974), April 2022. Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR“, Detail, Luftansicht von April 2022, Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR“, Detail, Luftansicht von April 2022, Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
„Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR“, Detail mit Karl-Marx-Kopf, April 2022, Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
„Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR“, Detail mit Karl-Marx-Kopf, April 2022, Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
„Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR“, Detail mit Sicherheitsüberklebung, April 2022, Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
„Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR“, Detail mit Sicherheitsüberklebung, April 2022, Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot Stiftung / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
„Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR“, Detail mit Sicherheitsüberklebung, April 2022, Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
„Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR“, Detail mit Sicherheitsüberklebung, April 2022, Foto: Thomas Wolf © Wüstenrot / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“

Das Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“ der Wüstenrot Stiftung

 

Die Wüstenrot Stiftung hat deshalb das Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“ ins Leben gerufen. Das Wandbild „Wendepunkt“ von Arno Mohr in Berlin und das Mosaik „Die Beziehung des Menschen zu Natur und Technik“ von Josep Renau in Erfurt wurden bereits durch die Wüstenrot Stiftung erforscht und erhalten. 2019 hat die Stiftung ein Flächenkunstwerk von Karl-Heinz Adler und Friedrich Kracht am Rathaus in Plauen und 2021 das Mosaik „Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR “ von Josep Renau in Halle an der Saale in ihr Programm aufgenommen. Wandbilder des spanischen Künstlers Josep Renau (1907–1982) gehören zu den herausragenden Werken baubezogener Kunst in der DDR und sind in Deutschland nur in Halle (Saale) und Erfurt erhalten.

Restaurierungsarbeiten: Festigung von Fliesen durch Injektionen, Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Restaurierungsarbeiten: Festigung von Fliesen durch Injektionen. Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Restaurierungsarbeiten: Herausschneiden einer hohlliegenden Fliese, Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Restaurierungsarbeiten: Herausschneiden einer hohlliegenden Fliese, Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Detail Zustand: Schäden und Haftungsverluste im Mörtelbett, 
Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Detail Zustand: Schäden und Haftungsverluste im Mörtelbett, 
Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Detail Zustand: Geschädigte und zerstörte Fliesen im oberen Teil, Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Detail Zustand: Geschädigte und zerstörte Fliesen im oberen Teil, Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Restaurierungsarbeiten: Teilfläche mit ltd. Restaurator Mirko Finzsch, Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“
Restaurierungsarbeiten: Teilfläche mit ltd. Restaurator Mirko Finzsch, Foto: Gustav van Treeck GmbH / Programm „Baubezogene Kunst in der DDR“

Nachdem der Spanier Renau 1937 den Pavillon der Spanischen Republik auf der Weltausstellung in Paris organisiert und bei Pablo Picasso hierfür das Bild Guernica bestellt hatte, ging er1939 nach Mexiko, wo er mit der Kunstrichtung des Muralismo, der Erschaffung politischer Wandgemälde, vertraut wurde. Im Jahr 1958 siedelte er auf Einladung der Regierung in die DDR über. Er erhielt eine stetige finanzielle Zuwendung als Verfolgter des Naziregimes, wurde jedoch nicht mit vielen Aufträgen bedacht. Die Auftraggeber beklagten häufig die mangelnde Tiefe seiner Aussagen, die im Kontrast zur handwerklichen Qualität seiner Arbeiten stand. Als eine der wenigen Auftragsarbeiten gestaltete Renau 1979–1983 das gigantische Wandmosaik „Beziehung des Menschen zu Natur und Technik“ an der Fassade des Kulturzentrums in Erfurt.

Seit 2008 unter Denkmalschutz: Josep Renaus Mosaik „Beziehung des Menschen zu Natur und Technik“

 

Dieses wurde 2008 unter Denkmalschutz gestellt, musste im Folgejahr aber demontiert werden, da das zugehörige Gebäude abgebrochen wurde. Der sorgfältige Abbau und die Einlagerung waren möglich, weil sich Bürger für den Erhalt des Werkes eingesetzt hatten. Nachdem das Mosaik inzwischen in Containern gelagert war, finanzierte die Wüstenrot Stiftung eine Sanierung und neue Montage vor Ort an dem entstandenen Neubau am Moskauer Platz, die letzte Platte erhielt Ende Oktober 2019 ihren Platz an der Fassade. Das Wandbild ist 30 Meter breit und besteht aus mehreren 7 Meter hohen Betonplatten mit insgesamt 68.000 Glasmosaikplatten. In der Planstadt Halle-Neustadt gab es für jeden Wohnkomplex eine politisch-ideologische Konzeption, die durch Kunst vermittelt werden sollte. 1968 beauftragte der Beirat für bildende Kunst und Baukunst hierzu Josep Renau. Dieser entwarf ein komplexes Wandbildpanorama als dessen Teil auch die beiden Werke „Die vom Menschen beherrschten Kräfte von Natur und Technik“ und „Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR“ entstanden. Die 1974 fertiggestellten Fliesenbilder bilden zugleich das erste Großprojekt Renaus in der DDR und seine erste Außenwandbildgestaltung. Das linke Wandbild wurde 2005 im Auftrag der Stadt Halle instandgesetzt. Das Mosaik „Einheit der Arbeiterklasse und Gründung der DDR “ zeigt heute hingegen deutliche Schäden. In einem gemeinsamen Kooperationsprojekt der Stadt Halle (Saale) und der Wüstenrot Stiftung wird das Mosaik nun aufwändig restauriert. Die Arbeiten sollen bis Jahresende abgeschlossen sein.

Nach vierjähriger Planungs- und Restaurierungszeit kehrt das Großmosaik „Die Beziehung des Menschen zu Natur und Technik“ (1980–1984) des spanischen Künstlers Josep Renau (1907–1982) wieder an den Moskauer Platz in Erfurt zurück. Sehen Sie mehr im Video:

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