24.03.2016

Museum

„Altes Eisen – neue Farbe“

gusseiserne Geländeranlage mit der “Rostschutz-Mennige

 

Auf der Konferenz im Bauarchiv Thierhaupten trafen sich Tradition und Moderne

Das Tagungsthema „Altes Eisen – neue Farbe“ am 19. Februar 2016 bringt es auch im erweiterten Untertitel „Anstrichsysteme für historische Schmiedearbeiten“ auf den Punkt: Wie passen historisches Schmiedeeisen und neue Farbbeschichtung zusammen, wenn ein farbgestaltender Wiederholschutz nach der Abnahme durchrosteter Altanstriche notwendig wird? 

 

Am deutlichsten war die Antwort in der Zusammenfassung von Dipl.-Rest. Jens Wagner aus den Restaurierungswerkstätten des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (BLfD) zu hören: die Impulse und Vorträge sollen helfen, die „allgemein anthrazitgrauen Verlegenheitslösungen“ durch gezielte Farbrekonstruktion nach Befund mit normativen Beschichtungssystemen zu ersetzen.

In diese Richtung zielte auch der erste Beitrag über das kleine 1 x 1 des Korrosionsschutzes nach DIN EN ISO 12944, „Korrosionsschutz von Stahlbauten durch Beschichtungssysteme“, um eine sichere Korrosionsschutzplanung durchführen zu können. Wie Prof. Bernhard Mai aus Erfurt anschaulich vorführte, sind bei der Auswahl der Beschichtungsart unter anderem örtliche Einflussfaktoren wie Klima, Feuchtedauer und Luftschadstoffe zu berücksichtigen, um eine angestrebte Schutzdauer von beispielsweise über 15 Jahren zu erreichen.

Er stellte die restauratorischen Maßnahmen am Gittertor des Lagereingangs zur Gedenkstätte Buchenwald mit der rot bemalten Inschrift „JEDEM DAS SEINE“ im weiß lackierten Gitterfeld (Farbschichtbefund der Erstausstattung) vor. Hier hatten besonders die Vortragsbilder plötzlich auch eine zeitversetzt emotionale Wirkung, die alle Zuhörer berührte.

 

Im weiteren Verlauf der Veranstaltung spielte insbesondere der Faktor Restrost eine große Rolle, da gänzlich metallisch neu aufgestrahlte Eisenoberflächen nicht immer angestrebt werden oder nicht realisierbar sind. Gilt doch auch in der Metallkonservierung der allgemeine Grundsatz, dass Herstellungs,- Gebrauchs- und Überlieferungsspuren erhalten und noch erkennbar bleiben sollen.

Zur Gesamtproblematik der Restrostbehandlung lieferte der Beitrag von Metallgestalter Ingo Fichtner hilfreiche Erkenntnisse – insbesondere im Hinblick auf die Anwendung von Roststopper und Rostversiegler in engen Zwischenräumen, wie etwa unter den Bünden von schmiedeeisernen Zaun- und Gitterstäben. Hier haben sich lufttrocknende, niedrigviskose Naturöle mit guter Kriechwirkung wie Owatrol bewährt. Zur Sicherheit soll durch Öffnen von ein bis zwei Bünden die tatsächliche Eindringtiefe und der Konservierungseffekt nachkontrolliert werden.

 

Dipl.-Rest. Mandy Reimann stellte die Ergebnisse eines ZIM-Kooperationsprojekts zum Thema „Entwicklung innovativer Korrosionsschutzsysteme unter Berücksichtigung spezieller Anforderungen der Denkmalpflege“ vor. In diesem, wie auch in anderen Vorträgen, stand die Restrostverträglichkeit auf handentrosteten Flächen und der Leistungsvergleich moderner Dickschichtsysteme zu bleimennigegrundierten Beschichtungen im Fokus. Nach den vorliegenden Ergebnissen sind die bleihaltigen Grundierungen ohne große Nachteile ersetzbar, jedoch finden solche fortschrittlichen Industrie-Systeme in der restauratorischen Praxis bislang auf feingegliederte bis filigran geschmiedete Eisengestaltungen kaum Anwendung. Dabei würden auch die zu erhaltenden Oberflächenmerkmale nicht mehr erkennbar bleiben.

Dagegen hoben weitere Vorträge die Anwendung klassischer Leinölfarben als Korrosionsschutzbeschichtung hervor. Im Falle des vortragenden Kirchenmalers Stefan Enzinger ging dies sogar mit eigener Herstellung der altbewährten Naturfarben einher. Die vorgeführten drei- und vierschichtigen Beschichtungssysteme überzeugten auch in der Applikation auf handentrosteten Oberflächen, da der erste Anstrich mit einer selbst hergestellten Bleiseifengrundierung erfolgt. Das Ergebnis zeigt eine authentische Harmonie der Stoffe im Kontext des historischen Anstrichträgers und des originalgerecht ausgeführten, dekorativen Rostschutzes.

 

Zusammenfassend haben sich Tradition und Moderne in den vorgestellten Materialien und Konservierungsmethoden gefunden. Dabei zeichnet sich der Entwicklungstrend ab, dass neben den historischen auch neu entwickelte Beschichtungsstoffe Anwendung in der Denkmalpflege finden. Vor allem deren Anwenderfreundlichkeit, lange Haltbarkeiten und sichere Standzeiten sind willkommen. Ebenso erhält die neue Stofflichkeit eine zunehmende Akzeptanz im Sinne der Weiterentwicklung der Denkmalschutzarbeiten mit zeitgenössischem Material.

Im Hinblick auf das große Interesse und die zahlreichen Anmeldungen wird das Bauarchiv des BLfD seiner Rolle als Bayerisches Fortbildungs- und Beratungszentrum für Denkmalpflege vollkommen gerecht – insbesondere, wenn die Veranstaltung aufgrund der starken Nachfrage im Jahr 2016 noch einmal wiederholt wird.

Am 14. Juni 2016, 16.30 bis 18.00 Uhr wird Dipl.-Chem. Wolfgang Conrad ein RESTAURO-Webinar zum Thema „Eisen unter Denkmalschutz“ abhalten. 

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