Große Formate sind für den Essener Diplom-Restaurator Lars Herzog-Wodtke kein Problem, denn Tapeten und Plakate sind seine Spezialität. Doch eine großformatige Kohlezeichnung hatte er bis zu seinem Auftrag aus dem Kulturhistorischen Museum in Magdeburg noch nie in seiner Werkstatt. Der zwei Meter mal zwei Meter zwanzig große Karton von Friedrich Overbeck (1789–1869) stand seit mindestens 50 Jahren unbeachtet im Depot. Vor einiger Zeit wurde er von Karin Kanter, Kuratorin für Grafik und Handzeichnungen, „wiederentdeckt“.
Der Karton mit der zarten Kohlezeichnung wurde 1910 im Kunstantiquariat Franz Meyer in Dresden für das damalige Magdeburger „Kaiser Friedrich Museum“ gekauft. Ein Großteil der umfassenden Gemäldesammlung des 1906 gegründeten Museums verbrannte kurz nach Kriegsende 1945 in deren Auslagerungsstätte in einem nahe gelegenen Salzbergwerk. Overbecks Karton allerdings lagerte – wie andere großformatige Kartons auch – nicht im Salzstock und überlebte deshalb den Krieg. Michael Thimann, dessen Overbeck-Monografie gerade erschienen ist, identifiziert den Karton erstmals als nicht umgesetzte Studie (1853) zum Altarbild der „Himmelfahrt Mariens“ für einen Altar im Kölner Dom.
Restaurator Herzog-Wodtke hat die großformatige Kohlezeichnung nun gereinigt, die weißen Übermalungen feucht abgenommen. Auch die Wasserflecken und braunen Verfärbungen wurden reduziert. „Vor allem an den Klebestellen der Papierblätter fanden sich dunkle Verfärbungen, die das Bild in ein Karoraster einteilten. Ein solches Linienraster wirkt besonders bei einer runden Komposition sehr störend“, sagt Herzog-Wodtke. Die Restaurierung der delikaten Kohlezeichnung rettete nicht nur ein Kunstwerk vor Verfall und Vergessen. Restaurator Herzog-Wodtke hat auch die kunsthistorischen Forschungen bereichern können. Denn während der Restaurierung war deutlich zu erkennen, dass Friedrich Overbeck sein Motiv von einer kleineren Zeichnung mit einem Raster auf den großen Karton übertragen hat.