19.08.2021

Kunststück

Majestätisch, schutzbietend und herausfordernd

Die Burg von Coca in Spanien vereint Mudéjarstil und Gotik. Foto: Frédéric Chaubin / Taschen
Gotik. Foto: Frédéric Chaubin / Taschen

Frédéric Chaubin hat sich für seinen jüngst erschienenen Bildband „Stone Age“ auf eine Zeitreise zu Burgen des Mittelalters begeben. Herausgekommen ist ein Einblick in die spannende Zeit der Hochphase des Burgenbaus

Die Burg von Coca in Spanien vereint Mudéjarstil und Gotik. Foto: Frédéric Chaubin / Taschen
Die Burg von Coca in Spanien vereint Mudéjarstil und Gotik. Foto: Frédéric Chaubin / Taschen

Fünf Jahre war der französische Journalist und Autor Frédéric Chaubin in ganz Europa unterwegs und hat über 200 mittelalterliche Burgen für seinen Bildband „Stone Age“ einer Linhof-Fachkamera fotografiert: Wir begeben uns auf eine Zeitreise von rund 400 Jahren – vom Mittelalter bis ins 15. Jahrhundert. Chaubin schafft es, jedes Bauwerk seine eigene Geschichte erzählen zu lassen, gleichzeitig wirken die Bilder geheimnisvoll und verzaubernd, was auch die Kraft und Bedeutung der Burgen damals wie heute unterstreicht.

Der im XL-Format gedruckte, dreisprachige Bildband ist in fünf große Kapitel eingeteilt. Im ersten Abschnitt „Stein-Zeit“ geht Chaubin auf frühe Burgenbauten ein, die mit ihrer massiven Bauweise noch heute als Monumente der Vergangenheit zählen und primär den Zweck der Verteidigung und Verschanzung hatten. Hier setzt er deren Rustikalität, die inneliegende Rohheit und die unbearbeiteten Materialien in den Fokus.

Das zweite Kapitel „Vertikale Wachsamkeit“ geht einen Schritt weiter und zeigt Fotografien von sogenannten „Höhenburgen“, Burgen, die vornehmlich auf Hügeln erbaut worden sind und eine Wach- und Verteidigungsfunktion hatten. Chaubin schafft es, hier insbesondere bei denjenigen Burgen, die sich auf Felsen befinden, die Monumentalität und gleichzeitig auch die Schönheit der Bauten und die damals wie heute architektonische Meisterleistung des Baus auf seinen Bildern wiederzugeben.

Der dritte Abschnitt zeigt unter dem Titel „Instabile Grenzen“ diejenigen Burgen, die im Hochmittelalter entstanden sind, zu einer Zeit ohne geographische Stabilität und politische Unstetigkeiten. Daher kann man in Gebieten Burgen mit verschiedenen geographischen Ursprüngen finden – mit überlagerten Typologien oder auch durch Änderungen der jeweiligen Bewohner:innen, denn sobald ein Gegner eine Burg einnahm, baute er diese seinen eigenen Vorlieben entsprechend um. In diesem Abschnitt finden sich Burgen, die durch besondere Bauelemente die so typische Silhouette bilden. Durch die geschickte Anordnung der Bilder lässt sich hier eine kleine Entwicklung der Typologie erkennen.

Das vierte Kapitel steht unter dem Thema „Krieg und Frieden“ und umfasst die Zeit des Spätmittelalters, eine Zeit der Umbrüche und Neuanfänge an der Schwelle zur Renaissance, was sich auch in der vergleichsweise feineren Architektur der Burgen widerspiegelt. Aufgrund der Verfestigung der europäischen Grenzen bleibt von der ursprünglichen Bauaufgabe der Burg, Schutz und Verteidigung vor Angreifern, nicht mehr viel übrig, und der Schwerpunkt verlagert sich auf die Repräsentation. Dabei fällt jedoch auf, dass bei Burgen in Regionen, die weiterhin von unruhigen Verhältnissen geprägt sind, die Verteidigungsfunktion vorhanden bleibt.

Chaubin hebt in seinen Fotografien von Burgen wie etwa Coca in Spanien diese Unterschiede gut hervor. Der letzte Abschnitt („Von Ruinen zur Erneuerung“) zeigt Ruinen, die nichts an ihrer früheren Imposanz verloren haben und für das Ende der Hochzeit der Burgen und gleichzeitig auch für deren Revival in späteren Jahrhunderten stehen, wie man es etwa in Motiven der Malerei im 18. Jh. und später sehen kann, welche die Burgruine romantisiert und als Ort für Träume poetisiert.

Fazit: Die Burg als Gebäudetyp verändert sich also über die Jahrhunderte hinweg und bleibt jedoch stets ein Symbol für die Repräsentation von Macht und Standfestigkeit. Auf der anderen Seite ist die Burg ein Medium für Träume und Fantasien. Dies hat Chaubin mit „Stone Age“ beeindruckend festgehalten: ein Einblick in die spannende Zeit der Hochphase des Burgenbaus.

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