Die Fundumstände
Die Grabanlage der Li Chui (711–736) gehört zu einer ausgedehnten Nekropole, die zwischen 2001 und 2003 bei Bauarbeiten für neue Wohngebäude der Ligong Universität in der südöstlichen Vorstadt von Xi`an (Provinz Shaanxi) freigelegt wurde und insgesamt 186 Gräber – darunter 140 Gräber aus der Tang-Zeit – zutage förderte. Kurz nach der Bestattung der Li Chui muss Wasser in die Kammer eingedrungen sein, denn der Körper der Bestatteten – vom Kopf getrennt – und Teile des Grabinventares befanden sich nicht mehr an ihrem ursprünglichen Ort. Vor allem die leichten Gegenstände aus Lack waren durch Wasser und mitgeschwemmten Löß angehoben und nach oben gespült worden. Neben der Toten selbst und den erwähnten Lackarbeiten waren zahlreiche Keramikfigürchen, Gefäße aus Bronze, Silber, Weichporzellan und Keramik, zwei Spiegel aus Zinnbronze sowie ein Spiegel aus Silber, verschiedene Eisenobjekte, Münzen und diverse Kleinobjekte aus Jade, Perlmutt und Blei beigegeben worden. Es ist der Umsichtigkeit des Grabungsleiters Ma Zhijun vom Archäologischen Institut in Xi`an zu verdanken, dass sowohl der Körper als auch der Schädel samt Trachtbestandteilen in situ geborgen wurden. Diese Vorgehensweise bildete die Voraussetzung dafür, den Kopfschmuck und die Tracht der Li Chui wissenschaftlich fundiert rekonstruieren zu können.
Den ausführlichen Beitrag von Annegret Gerick zur Dokumentation, restauratorischen Untersuchung und Bearbeitung sowie zur Trageweise chinesischer Kopfbeschmückungen können Sie in der Restauro 8/2014 nachlesen. Susanne Greiff, Leiterin des Chinaprojektes des Römisch-Germanischen Zentralmuseum, gibt hier einen Überblick zu dem deutsch-chinesischen Forschungsprojekt.
Keinen Platz im Heft fand die ausführliche Beschreibung der Blockbergung, die bei diesem Projekt eine wichtige Voraussetzung für die wissenschaftlich fundierte Aufarbeitung und Wissensgenerierung war. Online nun diese Zusatzinformation:
Blockbergung
Eine wichtige Voraussetzung für die erfolgreiche Restaurierung archäologischer Objekte ist die angemessene Art der Bergung. Bei der Blockbergung oder „in-situ-Bergung“ werden komplizierte Fundzusammenhänge oder empfindliche Funde in ihrem originalen Fundverbund mitsamt dem umgebenden Erdreich entnommen. Blockbergungen erlauben so einen zügigen Fortgang von Grabungen, die nicht selten unter enormen zeitlichen Begrenzungen stattfinden. In der Restaurierungswerkstatt können wichtige Fundinformationen während des Freilegens durch Einmessen, zeichnerische, fotografische und schriftliche Dokumentation erfasst werden. Die Vorgehensweise bei einer Blockbergung zusammengefasst:
– Oberflächiges Freilegen des Befundes, Abstechen der Erde um den geplanten Fundblock herum, Abdecken des abgestochenen Bereichs mit Plastikfolie, Ummantelung mit Gipsbinden oder anderen stabilisierenden Materialien von oben und entlang der Seiten
– Nach dem Abbinden des Gipses den Erdblock vom Untergrund durch Einschieben einer stabil-elastischen Platte lösen (kein Metall, da dieses beim Röntgen des Blockes stört)
– Drehen des Blockes, Abdecken mit Plastikfolie sowie Auftragen der Ummantelung
– Wichtig ist im Anschluss an die Bergung eine gleichmäßig kühle Lagerung in gemäßigter Feuchte, damit es weder zu unkontrollierter Austrocknung und somit zur Bildung das Objekt gefährdender Risse kommt, noch sollte eine Schimmelbildung gefördert werden.