Das Kolosseum in Rom zählt zu den sieben Weltwundern der Neuzeit. Ab 2023 soll eine neue Bodenkonstruktion das Zentrum des Amphitheaters für Besucher:innen begehbar machen
Zentraler Boden im Kolosseum in Rom fehlt
Eines der berühmtesten Wahrzeichen Italiens und eine der beliebtesten Touristenattraktionen der Welt ist das Kolosseum in Rom. Jährlich kommen Millionen von Besucher:innen, um das Amphitheater, das zur Unterhaltung der Massen mit Gladiatorenspielen und Tierjagden diente, zu bewundern.
Seit dem 19. Jahrhundert fehlt allerdings die zentrale Bodenkonstruktion des Kolosseums fast vollständig. Eine Entscheidung von Archäolog:innen, die Besucher:innen die unterirdischen Tunnel und Korridore zeigen wollten. Diese Entscheidung soll sich nun nach einem Beschluss der italienischen Regierung ändern. Seit 2014 spielt das italienische Kulturministerium mit dem Gedanken, wieder einen Boden einzubauen, um dem Kolosseum seine Arena zurückzugeben. Sieben Jahre später, nach einer öffentlichen Ausschreibung, haben sie das Projekt an die Firma Ingegneria aus Mailand vergeben.
„Ein weiterer Schritt zur Rekonstruktion der Arena, ein ehrgeiziges Projekt, das zur Erhaltung und zum Schutz der archäologischen Strukturen beitragen wird, indem es das ursprüngliche Bild des Kolosseums wiederherstellt und ihm auch seinen Charakter als komplexe Bühnenmaschine zurückgibt“, kommentiert Italiens Kulturminister Dario Franceschini das Ergebnis des Ausschreibungsverfahrens.
Neue Arena für das Kolosseum
Die neue Arena des Amphitheaters soll leicht, reversibel und nachhaltig sein. So ist es im „Design Guideline Document“ (DIP) vorgesehen, das die Architekt:innen, Archäolog:innen, Restaurator:innen und Statiker:innen des Archäologischen Parks des Kolosseums gemeinsam erarbeiteten. Innovative Bautechniken, die Verwendung geeigneter Materialien und verfeinerte Analysemethoden sollen Sicherheit, Funktionalität und Wirtschaftlichkeit der Konstruktion gewährleisten, die neben der Wiederherstellung des ursprünglichen Erscheinungsbildes des Denkmals und seiner Funktion als komplexe szenische Maschine auch eine Verstärkung des Schutzes und der Erhaltung ermöglicht – insbesondere zum Schutz der unterirdischen Strukturen.
„In der Antike gab es in der Arena eine Holzfläche mit Sand“, erläuterte Alfonsina Russo, die Direktorin des Archäologischen Parks des Kolosseums. Die Untergeschosse der Arena seien unter Kaiser Domitian von 81 bis 96 nach Christi Geburt in Mauerwerk gestaltet worden. „Und darauf stützte sich die Holzfläche der Arena.“ Eine solche Konstruktion soll nun nachgebaut werden.
Begehbarer Hightech-Boden
Die neue Bodenkonstruktion im Zentrum der Arena soll aus beweglichen Karbonleisten bestehen, die mit Accoya-Holz verkleidet werden. Die moderne und nachhaltige Holzart wird durch ein spezielles Verfahren gewonnen, das die Widerstandsfähigkeit und Haltbarkeit des Holzes erhöht. Einige Teile des 3.000 Quadratmeter großen Innenraums erhalten mobile Paneelen, die durch Rotation und Translation Flexibilität garantieren und bei Bedarf Licht in die unterirdische Ebene gelangen lassen.
Zur Konservierung der unterirdischen Räume werden 24 mechanische Belüftungseinheiten eingebaut, die die Temperatur und Feuchtigkeit kontrollieren sowie in nur 30 Minuten einen vollständigen Luftaustausch ermöglichen sollen. Darüber hinaus soll die begehbare Fläche der Arena die unterirdische Ebene vor Regen schützen. Derzeit kommt es häufig zu Überschwemmungen, die den Besuch dieser Bereiche unmöglich machen und deren Zustand beeinträchtigen. Für die Zukunft ist geplant, das Regenwasser zu sammeln und für die öffentlichen Toiletten zu nutzen. Die Ingenieur:innen verzichten auf Verankerungen im Boden, um die erhaltenen Mauerreste nicht zu beschädigen.
Renovierung des Kolosseums bis 2023 geplant
Die neue Arenakonstruktion soll bis 2023 fertiggestellt sein. Die Fördersumme des Projekts beträgt 18,5 Millionen Euro. Laut Italiens Kulturminister Franceschini ist die Renovierung des Kolosseums ein wichtiger Teil der geplanten „Renaissance“ der italienischen Kulturdenkmäler nach der Pandemie. Vor der Corona-Pandemie war das Kolosseum mit über 7,5 Millionen verkauften Eintrittskarten das meistbesuchte Bauwerk Italiens. Im vergangenen Jahr gab es aufgrund der Pandemie Einnahmeeinbußen von knapp 50 Millionen Euro – ein Minus von rund 85 Prozent.
Im Video sehen Sie die geplante Renovierung des Siegerprojekts der öffentlichen Ausschreibung: